SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5277 18. Wahlperiode 2017-03-16 Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Abschiebestopp nach Afghanistan 1. Wie viele freiwillige Ausreisen aus Schleswig-Holstein nach Afghanistan gab es im Jahr 2016 und bislang im Jahr 2017? Antwort: Im Jahr 2016 reisten nach Afghanistan 188 Menschen freiwillig zurück. Davon wurden 124 Personen durch die IOM-Programme REAG und GARP gefördert. Im Jahr 2017, mit dem Stand vom 31.01.2017, kehrte eine Person mit Unterstützung der IOM nach Afghanistan zurück. 2. Lässt die Landesregierung freiwillige Ausreisen nach Afghanistan während des Abschiebestopps weiterhin zu? Antwort: Die Entscheidung zur freiwilligen Ausreise obliegt den Betroffenen selbst. Die Gründe für freiwillige Ausreisen sind häufig ganz persönlicher Natur und den Betroffenen ist dabei die Situation im Herkunftsland bewusst, so dass sie selbst abzuwägen haben, ob sie ins Herkunftsland zurückkehren. Drucksache 18/5277 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 3. Werden während des Abschiebestopps weiterhin Personen aus Afghanistan über die Möglichkeit und Durchführung einer freiwilligen Ausreise beraten? Antwort: Der Abschiebungsstopp bedeutet ausschließlich die Aussetzung von zwangsweisen Aufenthaltsbeendigungen und ist nicht gleichzusetzen mit einem Wegfall der Ausreisepflicht oder gar einem Aufenthaltstitel. In diesem Sinne wird auch weiterhin zur Möglichkeit und Durchführung der freiwilligen Ausreise beraten , um den Betroffenen alle Möglichkeiten aufzuzeigen. 4. Wie begründet die Landesregierung, dass der Abschiebestopp nach Afghanistan nicht für Straftäter und Gefährder gilt? Antwort: Bei Straftätern und Gefährdern überwiegt das öffentliche Interesse an einer Ausreise regelmäßig die persönlichen Bleibeinteressen der Pflichtigen. Auf Grund des zu vertretenden ausgeprägten Fehlverhaltens der Betroffenen und dem daraus resultierenden geplanten oder eingetretenen Schaden für das Gemeinwohl treten hier die individuellen Schutzinteressen und –rechte der Betroffenen hinter das Gemeinwohl zurück. 5. Welche konkreten Einschätzungen des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums zur Sicherheitslage in Afghanistan hält die Landesregierung aus welchen Gründen für falsch? Antwort: Die Landesregierung teilt die Einschätzungen des Auswärtigen Amtes, dass die Sicherheitslage in Afghanistan volatil ist. Kritisch beurteilt wird die Interpretation des Bundesinnenministers, es gäbe sichere Gebiete in Afghanistan, ohne dass diese benannt werden. Der UNHCR stellte in seinen Anmerkungen zur Sicherheitslage in Afghanistan im Dezember 2016 fest, dass auf dem gesamten Staatsgebiet Afghanistan ein “innerstaatlicher bewaffneter Konflikt“ im Sinne des Art 15 c der EU- Qualifikationsrichtlinie besteht. In konsequenter Anwendung unseres Asylrechts würde dies zumindest die Gewährung von subsidiärem Schutz im Asylverfahren bedeuten. Das Bundesinnenministerium bezieht sich allerdings auf die ausreichend kontrollierbaren urbanen Zentren, ohne diese konkret zu benennen . 6. Wie viele Personen werden nach Prognosen der Landesregierung vom Abschiebestopp betroffen sein? Antwort: Zum 31.01.2017 hielten sich laut Ausländerzentralregister 812 ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige in Schleswig-Holstein auf. 747 Personen werden hier jedoch aus verschiedenen Gründen geduldet. Damit wirkt der Abschiebungsstopp für 65 Personen unmittelbar. Weiterhin sind auf Grund der in Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5277 3 der Gemeinsamen Erklärung mit Afghanistan vereinbarten Nutzung von EU Laissez Passer weitere 181 Personen betroffen, die bisher auf Grund fehlender Reisedokumente geduldet wurden und nun faktisch zurückgeführt werden können. Hinzu kommen diejenigen, deren Ausreiseverpflichtung bis zum 13. Mai vollziehbar wird oder deren Duldungsgrund in diesem Zeitraum entfällt. Eine konkrete Prognose dieser Personengruppen ist nicht möglich. Folglich sind über 250 Personen mittelbar oder unmittelbar vom Abschiebungsstopp betroffen.