SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5369 18. Wahlperiode 03.04.17 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (Piraten) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Justiz, Kultur und Europa Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen in kostenfreien Rechtsprechungsdatenbanken Vorbemerkung des Fragestellers: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 104, 105) ist die Gerichtsverwaltung gehalten, die Auswahl veröffentlichter Entscheidungen durch die erkennenden Spruchkörper um diejenigen Entscheidungen zu ergänzen, an deren Veröffentlichung ersichtlich ein öffentliches Interesse besteht. Das sei in der Regel bei entsprechenden Anfragen aus der Öffentlichkeit zu bejahen. 1. a) Wie viele Entscheidungen der schleswig-holsteinischen Gerichte aus dem Jahr 2016 sind zwar in der kostenpflichtigen juris-Datenbank abrufbar, nicht aber über die kostenfrei zugängliche Rechtsprechungsdatenbank der Landesregierung (http://sh.juris.de)? Am 29. März 2017 waren in der kostenlosen Datenbank der Landesregierung 437 Gerichtsentscheidungen aus dem Kalenderjahr 2016 verzeichnet, in der kostenpflichtigen Datenbank der juris GmbH 676 Entscheidungen. Ob dabei sämtliche in der Datenbank der Landesregierung enthaltenen Entscheidungen auch in der Datenbank der juris GmbH enthalten waren, ließ sich in der für die Beantwortung einer kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht feststellen , da dafür Hunderte von Entscheidungen händisch abzugleichen gewesen wären. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die in der Datenbank der juris GmbH veröffentlichten Entscheidungen nicht allein auf Mitteilungen aus der schleswig-holsteinischen Justiz beruhen, sondern auch auf Einsen- Drucksache 18/5369 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 dungen von Verfahrensbeteiligten, Verfahrensbevollmächtigten und interessierten Dritten. b) Gibt es eine Richtlinie für Gerichtsverwaltungen, aus der Öffentlichkeit angefragte Gerichtsentscheidungen stets auch in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Landesregierung (http://sh.juris.de) zu veröf- fentlichen, oder ist eine solche Richtlinie geplant? In der Allgemeinen Verfügung des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa vom 20. August 2015 „Richtlinien für die Zusammenarbeit der Justiz in Schleswig -Holstein mit den Medien“, die auch in der kostenlosen Rechtsdatenbank der Landesregierung abrufbar ist, wird unter Nummer 7 Absatz 1 Folgendes bestimmt: „Die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen ist eine öffentliche Aufgabe . Die Gerichtsverwaltung trägt dafür Sorge, dass gerichtliche Entscheidungen , an deren Veröffentlichung die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann, veröffentlicht werden. Die Auswahl veröffentlichungswürdiger Entscheidungen trifft der mit der Materie befasste Spruchkörper; sie ist von der Gerichtsverwaltung um diejenigen Entscheidungen zu ergänzen, an deren Veröffentlichung ersichtlich ein öffentliches Interesse besteht. Die Veröffentlichung erfolgt in anonymisierter Form (vergleiche BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1997 – 6 C 3/96 –).“ Eine Änderung ist derzeit nicht geplant. c) Warum werden von kostenpflichtigen Datenbanken und Zeitschriften ange- fragte Entscheidungen nicht stets auch von Amts wegen in der kostenfrei zu- gängliche Rechtsprechungsdatenbank der Landesregierung (http://sh.juris.de) veröffentlicht? Die Vorgaben für die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen von Amts wegen sind in der Antwort zu Frage 1.b) wiedergegeben und entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ob konkrete Anfragen dazu führen, dass die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Prüfung im Einzelfall vorbehalten. 2. a) Zu wie vielen Entscheidungen im Jahr 2016 haben schleswig-holsteinische Gerichte eine Pressemitteilung versandt, ohne die Entscheidung selbst zu veröffentlichen? Im Kalenderjahr 2016 handelte es sich in der schleswig-holsteinischen Justiz um insgesamt zwölf Entscheidungen. b) Warum werden Entscheidungen, zu denen eine Pressemitteilung versandt wird, nicht stets auch von Amts wegen in der kostenfrei zugängliche Recht- sprechungsdatenbank der Landesregierung (http://sh.juris.de) veröffentlicht? Die Vorgaben für die Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen von Amts wegen sind in der Antwort zu Frage 1.b) wiedergegeben und entsprechen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Pressemitteilungen können auch in Fäl- Drucksache 18/5369 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 3 len angezeigt erscheinen, in denen die dort genannten Voraussetzungen zwar nicht hinsichtlich des Volltextes der Entscheidung erfüllt sind, aber die Öffentlichkeit gleichwohl ein Interesse an bestimmten Informationen hat, etwa zur Frage des Verfahrensfortgangs. So betrafen zwei der in der Antwort zu Frage 2.a) genannten Entscheidungen die Zulassung von Berufungen durch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht . Von der Veröffentlichung der Entscheidungen wurde jeweils abgesehen, da sie weder verfahrensbeendend waren noch einen über die Presseerklärung hinausgehenden Inhalt hatten. Zwei andere Pressemitteilungen betrafen bloße prozessuale Entscheidungen in landgerichtlichen Strafverfahren , nämlich eine Nichteröffnung und eine Aussetzung. 3. a) Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die nicht-kommerzielle Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen über das Internet nicht überwiegend im öffentlichen Interesse liege (so LG Flensburg, Beschluss vom 23. März 2016, Az. 5 T 152/14, https://openjur.de/u/880850.html)? Die Landesregierung teilt schon im Ausgangspunkt weder die Bewertung des Fragestellers, dass das Landgericht Flensburg in seiner zitierten Entscheidung die dort in Rede stehende Veröffentlichung als „nicht-kommerziell“ beurteilt habe, noch seine Einschätzung, dass das Gericht in seiner Entscheidung undifferenziert die Auffassung vertreten habe, eine nicht-kommerzielle Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen über das Internet liege in keinem Fall überwiegend im öffentlichen Interesse. b) Wie wird dies in der Praxis von den unterschiedlichen Gerichten gehandhabt ? Auf die Antwort zu Frage 3.a) wird verwiesen. 4. Nach Angaben von openJur e.V. soll für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Präsidialversammlung in den Jahren 2010/2011 eine Entscheidung über die kostenfreie Übersendung von Gerichtsentscheidungen getroffen haben. Wie lautet diese Entscheidung? Die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein haben auf ihrer Konferenz vom 29. Januar 2010 die Frage der kostenfreien Übersendung von Gerichtsentscheidungen anhand einer konkreten Anfrage von openJur e.V. diskutiert. Im Ergebnis sind sie übereingekommen, Entscheidungen an solche Vereine nicht kostenfrei zu verschicken .