SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/5408 18. Wahlperiode 2017-04-18 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten Datensammlung beim Polizeiautobahn- und Bezirksrevier (APBR) Scharbeutz Vorbemerkung: Ich bitte um Beantwortung der kleinen Anfrage nach Datenstand zum Eingang der kleinen Anfrage. 1. Trifft es nach Erkenntnissen der Landesregierung zu, dass im Polizeiautobahn - und Bezirksrevier (APBR) Scharbeutz personenbezogene Daten aus Verkehrskontrollen bzw. Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr sowohl im System @rtus als auch auf Datenträgern seit Jahren trotz abgelaufener Löschfristen aufbewahrt und bis in das Jahr 2006 zurück praktisch vollständig abrufbar sein sollen (bitte erläutern)? Antwort: Das Vorgangsbearbeitungssystem @rtus (VBS @rtus) beinhaltet automatisierte Löschfristen in der Vorgangsbearbeitung. Grundsätzlich sind keine Fristverstöße bei der Löschung personenbezogener oder personenbeziehbarer Daten erkennbar. Für den Bereich der so genannten Verkehrstätigkeiten beinhaltet @rtus keine automatisierten Löschfristen, da dieser Bereich lediglich für die Erfassung statistischer, nicht personenbezogener Daten vorgesehen ist. Drucksache 18/5408 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Mit Aufwachsen des VBS @rtus wurde Anfang 2000 auch der Wunsch nach statistischer Erfassung der Verkehrstätigkeiten innerhalb des VBS @rtus nach Vorbild des Verkehrstätigkeits-Buches umgesetzt. Verkehrstätigkeiten umfassen u.a. die Zählung von Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten, Kontrollberichten und VU S3, die ohne personenbezogene Daten erfasst werden. Die Eingabemöglichkeiten innerhalb von VBS @rtus sehen lediglich die Aufnahme von statistischen Daten vor. Es geht dabei um Datenfelder, die sich mit der Tätigkeit der aufnehmenden Dienststelle beschäftigen, u.a. ein Kennzeichenfeld zur Angabe des eingesetzten Streifenwagens oder (abstrakte) Angaben zu den getroffenen Maßnahmen (siehe die Abbildung unter Frage 2). Das Sachverhaltsfeld dient als Beschreibungsfeld des Sachverhalts. Auch hier ist keine strukturierte Erfassung von personenbezogenen Daten möglich. Eine Recherche bzw. Auswertung entsprechender Daten ist ebenfalls nicht möglich. Die Erfassung von Verkehrstätigkeiten dient nicht der Vorgangsbearbeitung, sondern insbesondere Controlling- und Lagedarstellungszwecken im Bereich der Verkehrssicherheitsarbeit. Bei der stichprobenartigen Prüfung wurde zu einem geringen Teil (in ca. 3 % der betrachteten Fälle) die Erfassung auch personenbezogener Daten festgestellt, die nicht für die Statistik erforderlich sind. Diese Daten sind freitextlich, also nicht strukturiert erfasst worden, wodurch diese zu Auswerte- oder Recherchezwecken nicht nutzbar sind. Die in einer Verkehrstätigkeit erfassten Informationen sind zudem lediglich für Mitarbeiter der „Erfasser-Dienststelle“ sichtbar, also weder dienststellenübergreifend noch gar landesweit einsehbar. Daten der Vorgangsbearbeitung auf externen Datenträgern sind Beweismittel in Straf- und Bußgeldverfahren und werden nach Fallausgang und Verjährungsfrist vernichtet. Bei der Prüfung der Datenbestände wurde eine CD aus dem Jahr 2008 aufgefunden, die noch nicht vernichtet worden war. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5408 3 2. Welche Datentypen umfasst diese Datensammlung gegebenenfalls (z.B. Fahrernamen , Kfz-Kennzeichen, Ort und Zeit der Kontrolle, Fotos)? Antwort: Im @rtus-Verkehrstätigkeitsvordruck können folgende Daten erfasst werden: Das o.a. Muster zeigt alle Erfassungsmöglichkeiten – das Feld Kennzeichen ist vorgesehen für die Erfassung des eingesetzten Dienstfahrzeugs. Auf Daten-CDs sind grundsätzlich Beweisfotos/-videos von Verkehrsunfällen bzw. -verstößen und Straftaten gespeichert (siehe Antwort zu Frage 1). 3. Wie viele Einträge umfasst diese Datensammlung gegebenenfalls und zu wie vielen Personen sind darin Daten gespeichert? Antwort: In wie vielen Fällen in den Verkehrstätigkeiten auch personenbezogene Daten erfasst wurden, ist in der Kürze der Zeit nicht abschließend ermittelbar. Hierzu müsste jede einzelne Verkehrstätigkeit ausgewertet werden. Bei der stichprobenartigen Prüfung wurden in ca. 3 % der betrachteten Fälle personenbezogene Daten festgestellt (siehe Antwort zu Frage 1). Drucksache 18/5408 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 4. Wie viele Einträge der Datensammlung überschreiten gegebenenfalls die Löschfrist? Antwort: Der Verkehrstätigkeitsnachweis ist ohne personenbezogene Daten zu führen, dient der Lagebilderstellung sowie statistischen Zwecken und unterliegt daher keiner Löschroutine (siehe Antworten zu Fragen 1 und 3). Die Daten-CD aus dem Jahr 2008, bei der die Vernichtungsfrist überschritten war, enthält insgesamt 1305 Bild-/Video-/sog. DAKO*1-Dateien. * 1 Firmenbezeichnung des Softwareherstellers für die Auswertung der digitalen Kontrollgeräte in Lkw. 5. Wer trägt die Verantwortung für die Einhaltung oder Nichteinhaltung der Löschfristen? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Wie beurteilt die Landesregierung den Sachverhalt, wie konnte es gegebenenfalls zur Überschreitung der Löschfristen kommen und was ist nach Bekanntwerden veranlasst worden? Antwort: Die Daten-CD aus dem Jahr 2008 wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen bei der turnusmäßigen Vernichtung übersehen. Sie ist dem Zugriff entzogen worden. 7. Werden in anderen Dienststellen Löschfristen für personenbezogene Daten aus Verkehrskontrollen bzw. Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr betreffend seit Jahren nicht eingehalten? Antwort: Eine stichprobenartige Abfrage bei verschiedenen Dienststellen hat ergeben, dass das Modul Verkehrstätigkeitsbuch unterschiedlich intensiv genutzt wird und nicht ausgeschlossen werden kann, dass in Einzelfällen auch Kennzeichen und Personendaten eingetragen werden (entsprechend der Antwort zu Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/5408 5 Frage 1). Eine Kompletterhebung bei allen Dienststellen war aufgrund des engen Zeitfensters nicht möglich. Die Erkenntnisse der ersten Überprüfung werden dazu führen, dass die Landespolizei die Notwendigkeit von bisher gespeicherten Datensätzen mit dem Blickwinkel der Datenvermeidung / Datensparsamkeit noch einmal betrachten und darauf hinweisen wird, dass die Erfassung von Personendaten für statistische Angaben nicht erforderlich und auch nicht zulässig ist.