SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/ 5448 18. Wahlperiode 01.06.2017 Kleine Anfrage dsr Abgeordneten Dr. Kai Dolgner (SPD) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Medizinische Ausschlusskriterien in der Geburtsklinik Eckernförde Vorbemerkung des Fragestellers: Seit dem 01.04.2017 wird die Geburtsstation der imland GmbH in Eckernförde als Hauptabteilung (Geburtsklinik, Level IV) geführt. Die Klinik hat die folgenden Ausschlusskriterien für Geburten festgelegt: Gestationsalter <36. SSW Alter der Mutter >40 J. und <18 J. Mehrlingsschwangerschaft Gestationsdiabetes (Insulinbehandelt und Diätetisch behandelt, bei Vorliegen eines weiteren Risikos) Gerinnungsstörungen Präeklampsie (Hypertonus + Proteinurie) / Eklampsie Uterus- /Cervixanomalien Fetale Wachstumsstörungen: Retardierung/ Makrosomie (Wachstum < 11. + > 95. Perzentile) Beckenendlage mit dem Ziel der vaginalen Entbindung 1. Sind die oben genannten Kriterien nach Auffassung der Landesregierung Ausschlusskriterien für eine Geburtsklinik Level IV, insbesondere Alter der Mutter und Zwillingsschwangerschaften? Antwort: Die Einteilung der Geburtskliniken in die Level 1 bis 3 erfolgt nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen gemäß § 137 Abs. 1 Drucksache 18/ 5448 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SGB V (QFR-RL). Diese Richtlinie gibt für die Versorgungsstufe 4 vor: Aufnahme von Schwangeren ab der 36 + 0 Schwangerschaftswoche ohne zu erwartende Komplikationen . Die Komplikationen ergeben sich aus der QFR-RL indirekt durch die Beschreibung des jeweiligen Versorgungsauftrages für die Stufen 1 bis 3. Dieses entspricht grundsätzlich den in der Vorbemerkung aufgezählten Ausschlusskriterien . Für die ärztliche Beratung der Schwangeren zur Auswahl einer geeigneten Geburtsklinik wie auch für die ärztliche Tätigkeit selbst ist die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung, die sog. Mutterschaftsrichtlinie, eine weitere wichtige Grundlage für die Erkennung und besondere Überwachung der Risikoschwangerschaften und Risikogeburten. 2. Aus welchen Vorschriften/Richtlinien etc. heraus sind diese Kriterien verbindlich? (Bitte darstellen, ob es sich jeweils um eine rechtliche, planerische oder qualitätssichernde Verbindlichkeit handelt). Antwort: Bei der QFR-RL und der Mutterschaftsrichtlinie handelt sich um qualitätssichernde Richtlinien, deren rechtliche Grundlage im SGB V verankert ist. 3. Welche Konsequenzen könnte ein Verstoß gegen diese Ausschlusskriterien haben (strafrechtliche, zivilrechtliche oder sonstige Konsequenzen) für a) den behandelnden Arzt, b) die Beleghebamme, c) die medizinische Leitung und d) die Geschäftsführung? Antwort: Verstöße gegen die Richtlinien können krankenhausentgeltrechtliche und/oder krankenhausplanerische Konsequenzen haben. Krankenhausentgeltrechtliche Konsequenzen können dazu führen, dass die Krankenkassen die Vergütung für die Leistungserbringung streitig stellen. Bei wiederholten bzw. anhaltenden Verstößen gegen die verbindlichen GBA- Richtlinien wäre die oberste Landesbehörde gezwungen, zu prüfen, ob dem Krankenhaus der Versorgungsauftrag für das Fachgebiet entzogen werden muss. Bei anhaltenden bzw. schweren Verstößen gegen die GBA-Richtlinien durch Beleghebammen und Belegärztinnen und –ärzte müssten die für das Berufsrecht zuständigen Einrichtungen (MSGWG und Ärztekammer) mögliche Sanktionen prüfen. Kommt es zu einem medizinischen Schadensfall, können diese Richtlinien von Gerichten zugrunde gelegt werden, um zu prüfen, ob das ärztliche und pflegerische Handeln dem geltenden medizinischen Standard entsprochen hat. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/ 5448 3 4. Was würde sich an den Antworten zu 1. bis 3. ändern, wenn wieder eine Kinderstation in Eckernförde eingerichtet werden würde? Antwort: Krankenhausplanerisch gibt es derzeit eine Kinderstation in Eckernförde. Die imland-Klinik hat bisher nicht die Herausnahme aus dem Krankenhausplan beantragt. Diese Kinderstation ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem perinatalen Schwerpunkt (Level 3 Zentrum). Daher würden bei dem Betrieb einer Kinderstation auch weiterhin die obigen Ausführungen zutreffen. 5. Was würde sich an den Antworten zu 1. bis 3. ändern, wenn die Geburtshilfe wieder als Belegstation geführt werden würde? Antwort: Für die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 ist es unerheblich, ob die Geburtshilfe hauptamtlich oder belegärztlich geführt wird. Allerdings muss die Klinik sicherstellen (z. B. durch entsprechende Regelungen, Belegarztvertrag), dass die Belegärztinnen und –ärzte sich an die GBA-Richtlinien halten. Eine Dienstanweisung der Klinik gegenüber den Belegärzten ist nicht möglich, da kein Dienstverhältnis zwischen Ärztin/Arzt und Klinik besteht.