SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/576 18. Wahlperiode 2013-03-18 Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume 400 Prozent-Anteil der erneuerbaren Energien Vorbemerkung des Antragstellers: Auf dem "Energiepolitischen Trilog" am 14. Februar 2013 in Quickborn hat Ministerpräsident Albig das Ziel der Landesregierung bekräftigt, den Anteil erneuerbarer Energien in Schleswig-Holstein auf 300 Prozent zu steigern, "perspektivisch auf 400 Prozent". Vorbemerkung der Landesregierung Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat keine sektoralen Ausbauziele für einzelne Erneuerbare Energien festgelegt. Im Koalitionsvertrag der regierungsbildenden Fraktionen wurde im Juni 2012 vereinbart, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigt wird und bis 2020 in Schleswig-Holstein erneuerbarer Strom in Höhe von 300 Prozent des Verbrauchs produziert werden sollen. Ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg ist die Umsetzung des im Landesentwicklungsplan 2010 festgelegten Zieles, „ca. 1,5 %“ der Landesfläche als Windeignungsgebiet festzulegen. Mit Beschluss der schleswig-holsteinischen Landesregierung vom 6. November 2012 erfolgte die Teilfortschreibung der Regionalpläne, mit der rd. 13.200 Hektar zusätzliche Fläche in Schleswig-Holstein für die Windenergienutzung ausgewiesen wurde. Die Übertragungsnetzbetreiber haben nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) den Auftrag, jährlich einen Netzentwicklungsplan (NEP) für den Ausbau der Übertragungsnetze zu erarbeiten. Die Grundlage für die Erarbeitung des NEP bildet der Drucksache 18/576 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 ebenfalls von den Übertragungsnetzbetreibern vorzulegende Szenariorahmen, der von der Bundesnetzagentur als zuständiger Regulierungsbehörde nach Durchführung eines Konsultationsverfahrens zu prüfen und zu genehmigen ist. Bei der erstmaligen Aufstellung des Szenariorahmens (2022) im Jahr 2011 wurde bei den Ländern die zu erwartende installierte Leistung der Energieerzeugung für 2022 differenziert nach den einzelnen Energieträgern im Bereich der Erneuerbaren Energien abgefragt (Szenario C 2022). Die Rückmeldung für Schleswig-Holstein erfolgte damals vor allem auf Grundlage der seinerzeit vorliegenden Studienergebnisse der GL Garrad Hassan Deutschland GmbH (ehemals Windtest). Die Studie beschreibt die Potenziale der Erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein bis 2015. Dabei wird insbesondere berücksichtigt, dass die schleswig-holsteinische Energieerzeugung im Bereich der Erneuerbaren Energien durch den zunehmenden Ausbau der onshoreWindenergie (Neuausweisung von Windeignungsgebieten, Zunahme der Anlagenleistung und Anlagenanzahl, verbesserte Anlagenleistung durch Repowering) geprägt ist. Die Ergebnisse der Studie von GL Garrad Hassan Deutschland GmbH wurden auch im Bericht der Landesregierung zur „Entwicklung der Stromnetze in SchleswigHolstein “ (Drs. 17/1250) vorgestellt sowie im Gespräch mit den energiepolitischen und umweltpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen am 18.03.2011, an dem auch die Netzbetreiber teilgenommen und ihre Prognosen präsentiert und erläutert haben. Weiterhin fanden sie auch Eingang in das Integrierte Energie- und Klimakonzept für Schleswig-Holstein der vorherigen Landesregierung (LTDrucksache 17/1408 vom 19.9.2011). Dort heißt es im Wortlaut auf S. 8: „Die Landesregierung strebt an, dass Schleswig-Holstein mit seiner Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien bis 2020 8 bis 10 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland deckt. Dies korrespondiert mit dem Ziel, rechnerisch etwa das Drei- bis Vierfache des schleswig-holsteinischen Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen.“ Für den Szenariorahmen C 2022 wurden bereits 2011 unter Berücksichtigung der Entwicklungsprognosen die in Spalte (1) dargestellten Leistungswerte zugrunde gelegt : Energieträger installierte Leistung in GW Volllaststunden Strommenge in TWh (1) (2) (3) Wasserkraft 0,0 4.641 0,0 Wind onshore 13,0 2.100 27,3 Wind offshore 3,0 3.250 9,8 Photovoltaik 2,0 800 1,6 Biomasse 0,2 5.604 1,1 andere regenerative Erzeugung 0,2 5.577 1,1 Summe 18,4 40,9 Bei Anwendung der gleichen Volllaststunden (Spalte (2)), wie sie die Bundesnetzagentur bei der Genehmigung des Szenariorahmens 2011 verwendet, ergibt sich für Schleswig-Holstein eine Strommenge von 40,9 TWh. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesnetzagentur bei Windenergie vergleichsweise geringe Volllaststunden zugrunde legt. Da die schon heute zu verzeichnenden Volllaststunden höher lie- Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/576 3 gen, kann die Strommenge zu der genannten installierten Leistung entsprechend höher ausfallen. Unter Berücksichtigung der Prämisse, den Stromverbrauch um 10 % zu reduzieren, wurde auf der Grundlage der vom Statistischen Amt für Hamburg und SchleswigHolstein ermittelten Daten ein Stromverbrauch von (netto) 11,0 bzw. (brutto) 12,9 TWh in 2022 angenommen. 1. Ist die Steigerung des Anteiles erneuerbarer Energien "perspektivisch auf 400 Prozent" Ziel der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung? In der laufenden Legislaturperiode ist durch die Landesregierung keine explizite Festlegung von quantitativen Ausbauzielen zu den Erneuerbaren Energien erfolgt. Sie unterstützt aber Ausbauziele in der Größenordnung eines Anteils der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch von ca. 300 – 400% am Brutto - bzw. Nettostromverbrauch. 2. Wann und mit welchem Ergebnis hat sich das Kabinett der schleswigholsteinischen Landesregierung mit diesem Ziel befasst? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche bereits heute zu berücksichtigenden Anpassungen erfordert nach Auffassung der Landesregierung die Steigerung vom 300 Prozent-Ziel auf ein 400 Prozent-Ziel? Siehe Vorbemerkung. 4. Welche Planungen gibt es in der Landesregierung, um dieses Ziel zu erreichen ? Mit dem Beschluss der durch die schleswig-holsteinische Landesregierung am 06.11.2012 erfolgten Ausweisung von Windeignungsgebieten im Zuge der Teilfortschreibung der Regionalpläne ist der wesentliche Schritt erfolgt, eine Steigerung der Energiegewinnung durch Wind onshore zu erreichen. Vorrangiges Ziel der schleswig-holsteinischen Landesregierung für den weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist es, den zügigen Ausbau der Stromnetze sicherzustellen. 5. Plant die Landesregierung zur Erreichung dieses Zieles eine weitere Ausweitung von Windkrafteignungsflächen über die kürzlich ausgewiesenen Flächen hinaus? Nein. Derzeit ist keine weitere Ausweitung der Windkrafteignungsflächen vorgesehen . Drucksache 18/576 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 6. Plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang weitere OffshoreWindparks in Nord- und Ostsee? Nein. In den Küstengewässern (Ostsee) Schleswig-Holsteins ist die Errichtung von Offshore-Windparks auf die Offshore-Windparkfläche „Beta Baltic “/“GeofreE“ in der Mecklenburger Bucht durch die im Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 (LEP) erfolgte Festlegung begrenzt. 7. Ist das Ziel, "perspektivisch auf 400 Prozent" zu kommen, in der Planung der Landesregierung zum Ausbau der Stromnetze berücksichtigt? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung. Die Ausbauerwartungen der Länder sind Bestandteil der Netzentwicklungsplanung der Übertragungsnetzbetreiber und fließen in den jährlich zu erstellenden bundesweiten Szenariorahmen ein. Ferner hat Schleswig-Holstein über viele Jahre mit Atomstrom im gleichen Umfang Strom exportiert. 8. War das Ziel "perspektivisch auf 400 Prozent" zu kommen, Gegenstand der Gespräche mit den anderen Bundesländern und dem Bund über den erforderlichen Netzausbau in Deutschland? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung und Antwort zu Frage 7. Zu den energiepolitischen Themen finden regelmäßig Gespräche mit den anderen Bundesländern und dem Bund sowie mit der Bundeskanzlerin (Energiegipfel) statt. 9. Wurde das Perspektivziel von 400 Prozent mit den Teilnehmern der Netzinitiative Schleswig-Holstein erörtert und zu welchem Ergebnis ist man in diesem Rahmen gekommen? Im Rahmen der Netzentwicklungsinitiative Schleswig-Holstein wurden seinerzeit die in der Studie der GL Garrad Hassan GmbH zugrunde gelegten Werte erörtert. Diese Gespräche sind durch das seit Sommer 2011 geltende Verfahren der Netzentwicklungsplanung ergänzt worden. 10. Ist der Bundesnetzagentur das mögliche Perspektivziel von 400 Prozent der Landesregierung bekannt? Wenn nein, warum nicht? Ja, der Bundesnetzagentur sind die Ausbauziele der Landesregierung (vgl. Antwort zu Frage 1) bekannt.