SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/634 18. Wahlperiode 2013-03-21 Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Nicolaisen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Inhalte des Gutachtens zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs Vorbemerkung der Fragestellerin: In Rahmen der 8. der Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat der Innenminister erklärt, dass ein Gutachten über eine mögliche Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Auftrag gegeben werden soll. 1. Welche konkreten Prüfaufträge und Anforderungen an das zu erstellenden Gut- achten werden in der Leistungsbeschreibung/ der Ausschreibung formuliert? Antwort: Siehe anliegende Leistungsbeschreibung (Anlage 1). 2. Welche Organisationen, Gruppen und Verbände waren an der Erstellung der Leistungsbeschreibung/ Ausschreibung in welchem Umfange beteiligt? Antwort: Das Innenministerium hat als Auftraggeber einen Vorschlag für eine Leistungsbeschreibung erstellt. Dieser Vorschlag und die in Frage kommenden potentiellen Gutachter wurden dem Beirat für den kommunalen Finanzausgleich – dem unter anderem Mitglieder aller kommunalen Landesverbände angehören – und der Arbeitsgruppe Kommunaler Finanzausgleich – der ebenfalls auch Vertreter der kommunalen Landesverbände angehören – unterbreitet und Gelegenheit gegeben , begründete Änderungsvorschläge vorzulegen. Die von den kommunalen Landesverbänden gemachten Änderungsvorschläge konnten größtenteils be- Drucksache 18/634 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 rücksichtigt werden – siehe auch anliegendes Schreiben an den Gemeinde- und an den Landkreistag (Anlage 2). Soweit Mitglieder des Beirats weitere mögliche Anbieter vorgeschlagen haben, wurden auch diese aufgenommen. 3. Bestand für die kommunalen Landesverbände die Möglichkeit, eigene Vorschläge für den Inhalt des Prüfauftrages vorzulegen, und wenn ja, a. wurden solche Vorschläge von den Kommunalen Landesverbänden gemacht und Antwort: Ja. Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag und der Schleswig-Holsteinische Landkreistag haben jeweils von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. b. wie wurden diese in die Formulierung der Leistungsbeschreibung / Ausschreibung konkret aufgenommen? Antwort: Siehe anliegendes Schreiben an den Gemeinde- und an den Landkreistag (Anlage 2). 4. Welche Gutachten wurden in den vergangenen 15 Jahren zur Reform des kommunalen Finanzausgleich erstellt und inwieweit fließen diese in den aktuellen Gutachterauftrag ein? Antwort: Zum kommunalen Finanzausgleich in Schleswig-Holstein wurde im März 2001 ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Universität Tübingen, vorgelegt (Umdruck 15/1003). Zu den kommunalen Finanzausgleichen anderer Länder wurden in den vergangenen 15 Jahren diverse Gutachten erstellt. Im Beirat für den kommunalen Finanzausgleich und in der Arbeitsgruppe Kommunaler Finanzausgleich wurde vielfach über verschiedenste Inhalte von Gutachten, über einschlägige Rechtsprechung, über finanzwirtschaftliche Befunde und Entwicklungen , über Regelungen anderer Länder sowie über weitere für die Reform relevante Informationen gesprochen. Alle bekannten Informationen flossen, soweit geboten, auch in die Leistungsbeschreibung des Gutachtens ein. Zur Mitwirkung der kommunalen Landesverbände an der Leistungsbeschreibung siehe die Antwort auf Frage 2. 1 Anlage 1 Leistungsbeschreibung des Gutachtens zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein 1. Auftrag Im Kontext der bereits begonnenen Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Schleswig-Holstein soll gutachterlich folgender Teilaspekt untersucht werden: Ermittlung einer sachgerechten prozentualen Aufteilung der als exogene Größe für Schlüsselzuweisungen zur Verfügung stehenden Mittel auf die verschiedenen Kommunalgruppen (Teilschlüsselmassen) einschließlich der Binnenaufteilung auf die zentralen Orte bei den Schlüsselzuweisungen für übergemeindliche Aufgaben . Zu beurteilen ist dabei auch, ob die Teilschlüsselmassen gegliedert sein sollten in a) Schlüsselzuweisungen für die kreisangehörigen Gemeinden b) Schlüsselzuweisungen für die kreisfreien Städte c) Schlüsselzuweisungen für die Kreise d) Schlüsselzuweisungen für übergemeindliche Aufgaben oder ob sie wie in der bisherigen Systematik gegliedert sein sollten in a) Gemeindeschlüsselzuweisungen für die Gemeinden einschließlich der kreisfreien Städte b) Schlüsselzuweisungen an die Kreise und kreisfreien Städte ba) Untergruppe Kreise bb) Untergruppe kreisfreie Städte c) Schlüsselzuweisungen für übergemeindliche Aufgaben 2. Inhaltliche Hinweise und Rahmenbedingungen 2.1 Aktuelle Rechtslage Nach der aktuellen Systematik des schleswig-holsteinischen Finanzausgleichsgesetzes (FAG) wird der für Schlüsselzuweisungen insgesamt zur Verfügung stehende Betrag auf einzelne Teilschlüsselmassen aufgeteilt (§ 7 Abs. 2 FAG). Die Bemessung der Schlüsselzuweisungen erfolgt dabei in zwei Schritten: Zunächst erfolgt die Aufteilung der zur Verfügung stehenden Mittel auf Teilschlüsselmassen nach Kommunalgruppen und danach innerhalb der jeweiligen Kommunalgruppe auf die einzelnen Kommunen. Dabei ergibt sich bei der Aufteilung der für Schlüsselzuweisungen zur Verfügung stehenden Mittel auf Gemeinden und Kreise eine besondere Situation für die kreisfreien Städte. Sie sind kommunalverfassungsrechtlich Gemeinden, nehmen jedoch auch diejenigen Aufgaben wahr, die anderswo Kreisaufgaben sind. Daraus ergibt sich bei der Bildung von Teilschlüsselmassen die Besonderheit , dass sie sowohl Gemeindeschlüsselzuweisungen als auch einen Teilbetrag der Schlüsselzuweisungen an die Kreise und kreisfreien Städte erhalten . 2 Anlage 1 Seit 1970 gibt es in Schleswig-Holstein zudem eine gesonderte Teilschlüsselmasse für übergemeindliche Aufgaben. Dieses Konzept unterscheidet sich grundlegend von der sog. Einwohnerveredelung anderer Länder. Für allgemeine Schlüsselzuweisungen wird im Entwurf des Landeshaushalts für das Finanzausgleichsjahr 2013 insgesamt ein Betrag von 958,9 Mio. Euro ausgewiesen, der wie folgt auf die bestehenden Teilschlüsselmassen entfällt (vgl. § 7 Abs. 2 FAG): a. Gemeinden (einschl. der kreisfreien Städte): 40,00 % = 383,6 Mio. Euro b. Kreise und kreisfreie Städte: 48,59 % = 465,9 Mio. Euro - davon Kreise: 58,00 % = 270,2 Mio. Euro - davon Kreisfreie Städte: 42,00 % = 195,7 Mio. Euro c. Übergemeindliche Aufgaben: 11,41 % = 109,4 Mio. Euro Die im Haushalt ausgewiesene Teilschlüsselmasse ‚Gemeindeschlüsselzuweisungen ‘ unterliegt noch bestimmten Veränderungen. So werden aus dieser Teilschlüsselmasse zum einen die Zuweisungen an die Gemeinde Helgoland finanziert (§ 11 FAG). Zum anderen werden die Gemeindeschlüsselzuweisungen noch um die anteilige Finanzausgleichsumlage, die von abundanten Gemeinden zu entrichten ist, erhöht (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FAG). Im Jahr 2013 kommt faktisch ein Betrag von 380,6 Mio. Euro für Gemeindeschlüsselzuweisungen „netto“ zur Auszahlung (allgemeine Schlüsselzuweisungen 358,1 Mio. Euro, Sonderschlüsselzuweisungen 35,8 Mio. Euro, abzüglich anteiliger Finanzausgleichsumlage 13,4 Mio. Euro). 2.2 Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs Nach Artikel 49 seiner Verfassung ist das Land im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit verpflichtet, den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Wege des Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung zu stellen, durch die eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen gewährleistet wird. Dabei lautet die verfassungsrechtliche Zielvorgabe, die Leistungsfähigkeit der steuerschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände zu sichern und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben auszugleichen. Das komplexe System des kommunalen Finanzausgleichs in SchleswigHolstein hat sich über Jahrzehnte entwickelt. Zwar sind die Grundstrukturen seit langem unverändert geblieben; gleichwohl haben unterschiedliche Einflüsse nach und nach zu einer Reihe von Änderungen geführt, die nicht immer einer übergeordneten Leitlinie folgen konnten. Zahlreiche anlassbezogene Regelungen und fachpolitische Erwägungen flossen ein, die eine grundlegende Überprüfung und Überarbeitung des gesamten Regelwerks erfordern. Ohnehin kommt dem Landesgesetzgeber im Hinblick auf finanzausgleichsrelevante Entscheidungen eine Beobachtungs- und Anpassungspflicht zu. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung erklärt, in einem intensiven und offenen Dialog mit der kommunalen Ebene den kommunalen Finanzausgleich zu reformieren. Zielsetzung ist dabei ein konsistenter Finanzausgleich ‚aus einem Guss‘. Der Dialogprozess wurde Ende August 2012 begonnen. Der Dialog wird zum einen im gesetzlich verankerten Beirat für den kommunalen Finanzausgleich sowie in einer unterhalb des Beirats angesiedelten Arbeitsgruppe geführt. Gesprächspartner sind die kommunalen Landesverbände 3 Anlage 1 und als Gast der Landesrechnungshof. Bis zum Sommer 2013 soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden. Das reformierte Finanzausgleichsgesetz soll dann nach intensiver parlamentarischer Beratung zum Haushaltsjahr 2015 in Kraft treten. Der Dialog mit der kommunalen Familie ist systematisch strukturiert: Zunächst wird die vertikale Dimension des Finanzausgleichs, hernach die horizontale Dimension und schließlich die paternalistische Dimension erörtert. Innerhalb jeder dieser Dimensionen werden die einzelnen Aspekte des Finanzausgleichs („Stellschrauben“) nacheinander aufgerufen. Der Aspekt „Differenzierung nach Gebietskörperschaften“ ist Bestandteil der horizontalen Dimension. Seiner abschließenden Beratung dient das zu erstellende Gutachten. Eine zentrale Frage im Reformprozess ist, ob die Verteilungswirkung des kommunalen Finanzausgleichs den unterschiedlichen Finanzbedarfen noch angemessen gerecht wird. Gerade in Zeiten knapper Mittel ist ein weitgehend transparenter und effektiver Finanzausgleich als Bestandteil der kommunalen Finanzausstattung unerlässlich. Teilschlüsselmassen und Dotierung Die Bildung von Teilschlüsselmassen zur Aufteilung der Schlüsselmassen auf verschiedene Kommunalgruppen ist ein länderübergreifend übliches und bewährtes Vorgehen. Kreisangehörige Gemeinden, Kreise und kreisfreie Städte unterscheiden sich grundlegend. Deshalb könnte es plausibel sein, die Schlüsselzuweisungen auf geeignete Weise zunächst nach Gruppen aufzuteilen und danach innerhalb der homogeneren Gruppen zu verteilen. Entsprechend des Gutachtenauftrages unter Ziffer 1 und im Sinne eines transparenten und effizienten kommunalen Finanzausgleichs ist daher eine kommunalgruppenspezifische Trennung der Teilschlüsselmassen als Alternative zur bestehenden Aufteilung zu prüfen. Weitere Differenzierungen über die im Gutachtenauftrag genannten Kommunalgruppen hinaus sind nicht erforderlich: Höhere Kommunalverbände gibt es in Schleswig-Holstein nicht. Für große kreisangehörige Städte besteht ebenfalls kein Handlungsbedarf , da die Gemeindeordnung eine Kostenregelung mit dem Kreis im Einzelfall verlangt. Im Übrigen wird der Aufgabenkanon großer kreisangehöriger Städte individuell vereinbart. Die Ämter werden wiederum über die Amtsumlage finanziert. Angesichts ihrer Aufgabe – die Selbstverwaltung der amtsangehörigen Gemeinden zu stärken – sollte dieses unverändert bleiben. Unbeschadet der Einteilung der Kommunalgruppen stellt sich die Frage nach den angemessenen Anteilen, also den Prozentsätzen der jeweiligen Teilschlüsselmassen . Ziel des Gutachtens soll sein, die prozentuale Dotierung der Teilschlüsselmassen am verfassungsmäßigen Auftrag des kommunalen Finanzausgleichs auszurichten. Das bedeutet, dass die Leistungsfähigkeit der steuerschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände gesichert und eine unterschiedliche Belastung mit Ausgaben möglichst gut ausgeglichen werden soll (Art. 49 Abs. 1 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein). Da dieser verfassungsmäßi- 4 Anlage 1 ge Auftrag sich nur auf die für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Ausgaben beziehen kann, wird für das Gutachten maßgeblich auch der zur Aufgabenerfüllung erforderliche Ausgabenbedarf zu Grunde zu legen sein (aufgabenorientierte Betrachtung der Ausgaben). Die Entwicklung der Aufgaben soll dabei einbezogen werden. 2.3 Weitere Rahmenbedingungen Das Gutachten soll sich strikt von den anderen Themenfeldern der Reform abgrenzen und sich explizit im Rahmen der horizontalen Dimension auf den o. g. Auftragsgegenstand beschränken. Von den nach dem schleswig-holsteinischen FAG bislang bereitgestellten Zweckzuweisungen zur Finanzierung von Ausgaben für bestimmte Aufgaben (§ 7 Abs. 1 FAG) und sogenannten „Besondere Belastungen“ (z. B. Finanzzuweisung an die Gemeinde Helgoland (§ 11 FAG) oder den Abzugs- /Zuweisungsbeträge bei den Kreisschlüsselzuweisungen (§ 12 FAG)) ist daher zu abstrahieren. Diese Aspekte sollen Gegenstand des unmittelbaren Dialogs mit den kommunalen Landesverbänden und damit nicht Gegenstand des Gutachtens sein. 3. Formale und weitere Hinweise Verpflichtungen bei Angebotsannahme Die Leistungen müssen dem wissenschaftlichen Stand und den öffentlichrechtlichen Vorschriften entsprechen sowie dabei die gebotene Wirtschaftlichkeit berücksichtigen. Der Auftragnehmer gibt den Mitgliedern des Beirats für den kommunalen Finanzausgleich nach Abstimmung mit dem Auftraggeber Gelegenheit, Anregungen für die Auftragserledigung zu geben. Der Anbieter verpflichtet sich, nach Fertigstellung das Gutachten in einer Sitzung des Beirats für den kommunalen Finanzausgleichs vorzustellen und zu erläutern. Der Auftraggeber erwirbt das uneingeschränkte, unwiderrufliche und übertragbare Nutzungsrecht an den zu erbringenden Leistungen. Dazu gehört auch das Recht, für eigene Veröffentlichungen die Arbeitsergebnisse mit Quellenangaben zu verwenden. Der Auftraggeber kann während und nach der Auftragserfüllung die Herausgabe einzelner Vorgänge sowie ggf. ergänzende Auskunft über deren Inhalt verlangen. Der Auftragnehmer erklärt sich mit der Weitergabe seiner persönlichen Daten und der Höhe seines Entgelts und der Auftragsbeschreibung an den Schleswig -Holsteinischen Landtag, Mitglieder des Landtags oder Landtagsausschüsse einverstanden; er sieht diese Weitergabe nicht als Verletzung schutzwürdiger Interessen i. S. des Artikel 23 Abs. 3 der Verfassung des Landes Schleswig -Holstein an. 18-634-Antwort-KA78a 18-634-Anlage 1 Anlage 2