SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/643 18. Wahlperiode 2013-03-26 Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens-Christian Magnussen, Hartmut Hamerich, Peter Sönnichsen (CDU) und Antwort der Landesregierung - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Ostküstentrasse 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Kooperation mit der TenneT TSO GmbH hinsichtlich der Westküstentrasse und des dort angewendeten Dialogverfahrens zum Bau einer 380 kV- Höchstspannungsleitung? Die Landesregierung hat mit den betroffenen Kreisen und dem verantwortlichen Vorhabenträger der TenneT TSO GmbH einen engen Zeitplan zur Realisierung der Westküstenleitung vereinbart. Um die Bürgerinnen und Bürger an der Suche nach einer guten, genehmigungsfähigen und möglichst auf breiter Basis akzeptierten Realisierung des Vorhabens zu beteiligen, hat die Landesregierung einen externen Dienstleister beauftragt, den von der Landesregierung initiierten öffentlichen Dialogprozess an der Westküste zu moderieren. Dieser Prozess wird von der TenneT TSO GmbH unterstützt. Insgesamt wird die Kooperation als konstruktiv beurteilt. 2. Befindet sich die Landesregierung mit der TenneT TSO GmbH ausschließlich über die Westküstentrasse in Gesprächen? Wenn ja, warum? Wenn nein, über welche Projekte spricht die Landesregierung mit der TenneT TSO GmbH? Nein. Die Landesregierung pflegt einen intensiven Dialog mit den Netzbetreibern . Es werden alle laufenden und für erforderlich gehaltenen Leitungsausbauprojekte erörtert. Die Projekte zum Ausbau des Übertragungsnetzes resul- Drucksache 18/643 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 tieren aus dem Energieleitungsausbaugesetz (www.netzausbau.de/DE/Projekte/EnLAG-Monitoring/enlagmonitoring _node.html ) oder finden sich im Netzentwicklungsplan (www.netzentwicklungsplan.de ). Im September 2012 wurde eine Projektgruppe Netzausbau eingerichtet, an der der Netzbetreiber der TenneT TSO GmbH, die E.ON Netz GmbH, die Schleswig-Holstein Netz AG und das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft , Umwelt und Ländliche Räume teilnehmen. 3. Welche Daten liegen der Landesregierung zur neuen Höchstspannungstrasse zwischen Kiel und Göhl vor und wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit dieser Trasse auf Grund der vorliegenden Daten? Die Netzbetreiber haben der Landesregierung ihre Prognosen über die infolge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien zukünftig zu erwartende installierte Leistung in der Region Ostholstein und zur Netzsituation übermittelt. Diese Angaben werden derzeit geprüft. Des Weiteren liegen der Landesregierung die Zahlen der Bundesnetzagentur aus dem Netzentwicklungsplan (NEP) 2012 vor. Auf Grundlage der vorliegenden Daten hält die Landesregierung eine doppelte Anbindung des Netzknotenpunktes Göhl auf 380 kV-Ebene für die Abführung von Windstrom für derzeit nicht notwendig. Die Landesregierung geht davon aus, dass die verstärkte Abführung des Stroms Richtung Süden die netztechnisch sinnvollere Option ist. Darüber hinaus liegt der Landesregierung die Studie der Ecofys zum Einspeisemanagement in Schleswig-Holstein vor (www.ecofys.com/de/veroeffentlichung /einspeisemanagement-in-schleswig-holstein/ ). Darin sind auch Angaben für die Region Ostholstein enthalten. 4. Welche Daten liegen der Landesregierung zur neuen Höchstspannungstrasse zwischen Göhl und Lübeck vor und wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit dieser Trasse auf Grund der vorliegenden Daten? Siehe Antwort zu Frage 3. Für diese Trasse kann die Landesregierung derzeit keine abschließende Beurteilung der Notwendigkeit vornehmen. 5. Sind der Landesregierung aus Gesprächen mit der TenneT TSO GmbH die Gründe bekannt, die die TenneT TSO GmbH dazu bewegt haben, bei der Bundesnetzagentur eine neue Höchstspannungstrasse mit 380 kV zwischen Kiel und Göhl anmelden zu wollen? Ja. Über die Gründe wurde in dem Bericht der Landesregierung zur „Entwicklung der Stromnetze in Schleswig-Holstein“, Drucksache 17/1250 berichtet. Die resultierenden Netzausbauerfordernisse wurden der Landesregierung und den energiepolitischen und umweltpolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Landtagsfraktionen am 18.03.2011 vorgestellt. Die Landesregierung hat Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/643 3 den Landtag darüber hinaus mit Umdruck 17/2112 über die Pläne der Netzbetreiber informiert. 6. Sind der Landesregierung aus Gesprächen mit der E.ON Netz GmbH (110-kV- Ebene) Ergebnisse bekannt, wie die E.ON Netz GmbH den Ausbau der Onshore -Windanlagen in Ostholstein beurteilt? Wenn ja, welche Ergebnisse sind dies? Wenn nein, warum nicht? Verteilnetzbetreiber wie die E.ON Netz GmbH sind gesetzlich verpflichtet, den gesamten angebotenen Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen , zu übertragen und zu verteilen (§ 8 EEG). Auf Verlangen der Einspeisewilligen sind sie weiter verpflichtet, unverzüglich ihre Netze entsprechend dem Stand der Technik zu optimieren, zu verstärken und auszubauen, um die Abnahme, Übertragung und Verteilung des Stroms aus Erneuerbaren Energien sicherzustellen (§ 9 EEG). Vom Netzbetreiber werden im Kreis Ostholstein 1,5 GW Einspeiseleistung aus erneuerbaren Energien erwartet. Die 110 kV-Netzebene wird von der E.ON Netz GmbH für Anschluss und Abtransport dieser Leistungsgröße als ungeeignet eingestuft. Von E.ON Netz werden zur Aufnahmekapazität des 110 kV-Netzes aktuell folgende Aussagen getroffen:  Die bestehende gesicherte Aufnahmekapazität beträgt 300 MW.  Durch Freileitungsmonitoring erhöht sich die Aufnahmekapazität auf - dann ungesicherte - 450 MW.  Die maximale ungesicherte Aufnahmekapazität – durch zusätzliches Auslastungsmonitoring (frühestens ab 2015) – liegt bei 550 MW. 7. Woran liegt es nach Auffassung der Landesregierung, dass die entsprechenden Fachleute der TenneT TSO GmbH zu einem anderen Ergebnis in der Beurteilung des zukünftigen Netzausbaubedarfs der gesamten Ostküstentrasse kommen als die Landesregierung? Die Landesregierung kommt nicht zu anderen Ergebnissen in der Beurteilung des zukünftigen Netzausbaubedarfs der gesamten Ostküstentrasse als die entsprechenden Fachleute der TenneT TSO GmbH. Die Landesregierung legt Wert auf eine gründliche Prüfung der Möglichkeiten zur Vermeidung möglicherweise entbehrlicher Eingriffe einschließlich einer Prüfung realistischer Alternativen. Ebenso wie die Netzbetreiber folgt sie hierbei dem NOVA-Prinzip. Danach haben Netzoptimierung und Netzverstärkung Vorrang vor dem Ausbau der Stromnetze. Oberste Leitlinie der Landesregierung ist dabei die bedarfsgerechte Gewährleistung der notwendigen Transportkapazitäten . Da die Bundesnetzagentur für den Abschnitt des Projekts 71 von Kiel nach Drucksache 18/643 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Göhl in der Bestätigung des NEP 2012 aufgrund der vorliegenden Modellierung lediglich auf eine Auslastung der Maßnahme M 47 von 6 % im Maximum und 1 % im Jahresmittel kommt (Bestätigung NEP 2012 v. 22.11.2012, S. 294), ist aus Sicht der Landesregierung die Frage zu klären, ob die benötigten Transportkapazitäten nicht schneller und zugleich mit weniger Eingriffen in Natur und Landschaft bereitgestellt werden können, wenn eine Prioritätensetzung auf eine Leitung von Göhl über Siems nach Lübeck erfolgt. Die Lastflussberechnungen sollten mit Blick auf das von der Bundesnetzagentur verwendete Auslastungskriterium zu günstigeren Ergebnissen führen, wenn der Bedarfsprüfung nur dieser Abschnitt zugrunde liegt. Eine abschließende Festlegung ist damit nicht verbunden. Der Netzbetreiber hat die Höchstspannungsleitungen von Göhl nach Lübeck im Projekt P 72 (Maßnahme 48 – Maßnahme 50) und von Göhl nach Kiel als Teil des Projekts 71 (Maßnahme 46 – Maßnahme 47) erneut in den Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom 2013 aufgenommen. Der Endpunkt der Maßnahme M 50 wurde hierbei von Kaltenkirchen in den Kreis Segeberg verlegt . Im Netzentwicklungsplan 2013 haben die Übertragungsnetzbetreiber eine Aufteilung in „vordringliche Maßnahmen“ einerseits und in „zu beobachtende Maßnahmen“ andererseits vorgenommen. Die Einstufung als zu beobachtende Maßnahme, die im Licht der energiewirtschaftlichen und -politischen Entwicklungen weiter genau beobachtet und bewertet werden müsse, steht zu der Position der Landesregierung nicht im Widerspruch, sondern stimmt mit dem Erfordernis einer weiteren Prüfung überein. 8. Plant die Landesregierung in Ostholstein zur Abführung des Windstroms die bestehende 220 kV- und die 110 kV-Trassen zu nutzen und auf 380 kV auszubauen ? Wenn ja, hat es hierzu Gespräche mit der TenneT TSO GmbH und der E.ON Netz GmbH gegeben und mit welchem Ergebnis? Die Landesregierung plant und baut keine Stromleitungen beziehungsweise -netze. Diese Aufgabe ist im Energiewirtschaftsgesetz den Netzbetreibern zugewiesen . Die nach Entflechtungs- und Regulierungsregelungen bestimmten und definierten Netze sind nach der marktorientierten Grundentscheidung der nationalen Energierechtsordnung ein Geschäftsgegenstand der als Unternehmen privatwirtschaftlich handelnden Netzbetreiber. Im Rahmen der staatlichen Aufgabenverteilung begleitet die Landesregierung die Entwicklung der Stromnetze durch die Netzbetreiber und bringt die Interessen des Landes Schleswig-Holstein unter anderem durch eine intensive Beteiligung an den zahlreichen Konsultationsverfahren ein, um die notwendigen Maßnahmen voranzubringen und die bestehenden Handlungsspielräume zu nutzen, sodass die bestmöglichen netztechnischen Lösungen zur Gewährleistung der Transportkapazitäten erreicht werden können. Zu den Ergebnissen siehe Antwort zu Frage 7. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/643 5 9. Bis wann sollte ein Ausbau der Bestandstrasse nach Auffassung der Landesregierung realisiert werden und wie schätzt die Landesregierung die Kosten ein? Die Planung des Netzbetreibers sieht eine Inbetriebnahme der Maßnahme 50 (Lübeck – Kreis Segeberg) im Jahr 2018 vor. Die Landesregierung hält eine zügige Realisierung für angezeigt. Eine Kostenschätzung liegt nicht vor. 10. Prüft die Landesregierung den Ausbau mittels eines Seekabels entlang der Küste Ostholsteins? Wenn ja, wo plant die Landesregierung das Seekabel und welche Kosten entstehen nach Einschätzung der Landesregierung im Vergleich zu einer Netzverstärkung oder eines teilweisen Neubaus an der Ostküste. Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu Frage 8.