SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/686 18. Wahlperiode 2013-04-04 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Patrick Breyer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Ministerpräsident Gesundheitsrisiken für Landesbedienstete durch Druckeremissionen 1. Die Anwendung von Produkten, die Nanomaterialien frei setzen können, sollte laut Bundesumweltamt dem Vorsorgeprinzip entsprechend so lange minimiert oder vermieden werden, bis durch eine umfassende Risikobewertung eine Besorgnis ausgeschlossen werden kann. Kopiergeräte und Laserdrucker können Schadstoff-, Feinund Ultrafeinstaubemissionen freisetzen. Bei der Hamburger Polizei sind Laserdruckgeräte bereits abgeschafft und durch Gel- und Tintendrucker ersetzt worden. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Freisetzung von Feinstaub durch Laserdrucker am Arbeitsplatz am effektivsten dadurch vermieden werden kann, dass stattdessen Tintenstrahldrucker zum Einsatz kommen? Beabsichtigt die Landesregierung , entsprechend zu verfahren? 2. Wenn nein: Wird bei der Beschaffung von tonerhaltigen Druckgeräten darauf geachtet , dass bei diesen Geräten die Staubbelastung möglichst gering ist und die Innenraumluft nicht zusätzlich belastet wird? Wenn ja, nach welchen Kriterien wird hierbei vorgegangen? 3. Gibt es Erfahrungen über Erkrankungen von Landesbediensteten, die auf Druckeremissionen zurückzuführen sind (z.B. durch Schadensfallmeldungen bei Berufsgenossenschaften )? a) Wie viele Meldungen von Schadensfällen oder anderen Anzeigen einer Erkrankung aufgrund von Tonerstaub oder Nanopartikeln sind dem Land bekannt? Drucksache 18/686 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode b) Um welche Erkrankungen handelt es sich? c) Wenn ja, in welchem Umfang traten emissionsinduzierte Erkrankungen auf? d) Sind derartige Erkrankungen aus diesem Wirkungszusammenhang als Berufskrankheiten anerkannt? e) Gibt es aktive oder beendete Verfahren um die Anerkennung solcher Krankheiten ? 4. Was tut die Verwaltung, um solchen Erkrankungen bei Mitarbeiter/-innen und Bediensteten vorzubeugen? 5. Welche Aufklärungsarbeit wird von der Landesverwaltung geleistet, um über den richtigen Umgang mit Laserdruckern und Kopierern zu informieren? 6. Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ist dafür zu sorgen, dass die Abluftöffnungen von Druckern und Kopiergeräten nicht direkt auf Mitarbeiter gerichtet sind. a) Werden Landesbeschäftigte, an deren Arbeitsplatz sich Drucker und Kopiergeräte befinden, auf diese Empfehlung hingewiesen? b) Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Empfehlung umgesetzt wird, und wer ist dafür verantwortlich? 7. Laut Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sollten Drucker und Kopiergeräte "zur Minimierung der Staubexposition in gut belüfteten Räumen aufgestellt werden". Man solle "sicherstellen, dass der Raum durch regelmäßiges Öffnen der Fenster gut belüftet ist". a) Werden Landesbeschäftigte, an deren Arbeitsplatz sich Drucker und Kopiergeräte befinden, auf diese Empfehlungen hingewiesen? b) Ist es nach Ansicht der Landesregierung realistisch, jeden Arbeitsplatz durch regelmäßiges Öffnen der Fenster ständig gut zu belüften? c) Was sind nach Ansicht der Landesregierung die konkreten Anforderungen für eine ausreichende Be- und Entlüftung für Standorte von Laserdruckern, wenn sie in Büros stehen, in denen Menschen dauerhaft arbeiten? d) Wie stellt die Landesregierung sicher, dass eine ausreichende Be- und Entlüftung erfolgt, und wer ist dafür verantwortlich? 8. Wird ein Drucker (z.B. als Abteilungsdrucker) von mehreren Personen benutzt, sollte er nach Empfehlung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in einem separaten Raum betrieben werden. a) Werden Landesbeschäftigte, an deren Arbeitsplatz sich Drucker und Kopiergeräte befinden, auf diese Empfehlung hingewiesen? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/686 b) Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Empfehlung umgesetzt wird, und wer ist dafür verantwortlich? c) Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es für die Feinstaubbelastung eines Raums keinen Unterschied macht, ob darin ein gemeinsam genutzter Drucker betrieben wird oder ob mehrere Bedienstete in einem gemeinsam genutzten Büroraum jeweils eigene Drucker betreiben? Wenn ja, teilt die Landesregierung die Schlussfolgerung, dass in Gemeinschaftsbüros nicht mehrere Drucker betrieben werden sollten? 9. Bei der Überprüfung von 13 mit dem Siegel "Blauer Engel" versehenen Druckern an einem niedersächsischen Amtsgericht aus Anlass von Erkrankungen stellte das Bremer Umweltinstitut fest, dass zwölf den Feinstaub-Grenzwert überschritten. Das niedersächsische Justizministerium ließ daraufhin über 4.000 Drucker dieses Typs verschrotten. In der Wissenschaft ist anerkannt, dass die Emissionen von Laserdruckern desselben Typs stark voneinander abweichen können. Werden in Schleswig-Holstein Raumluftmessungen in Büroräumen mit Laserdruckern oder Kopiergeräten durchgeführt und, wenn ja, wurde der Feinstaub-Grenzwert eingehalten? Wenn nein, beabsichtigt die Landesregierung entsprechende Messungen durchzuführen (bitte mit Begründung)? 10. Wenn Landesbedienstete den gesundheitlichen Risiken von Laserdrucken an ihrem Arbeitsplatz vorbeugen wollen, a) können sie den Austausch eines Laserdruckers an ihrem Arbeitsplatz durch einen Tintenstrahldrucker verlangen (ggf. nach Ablauf der Nutzungsdauer, ggf. auf eigene Kosten)? b) können sie die Nachrüstung eines Filters verlangen? c) können sie die Nutzung eines Druckers in einem anderen Raum verlangen? 11. Hält es die Landesregierung für erforderlich, Grenzwerte speziell für kopiergeräte - und druckerbedingte Schadstoff-, Fein- und Ultrafeinstaubemissionen am Arbeitsplatz einzuführen (bitte mit Begründung)? Wenn ja, wie setzt sie sich dafür ein? 12. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Kriterien für die Vergabe des Siegels "Blauer Engel" an Laserdrucker ab 2013 erstmals auch die Emission ultrafeiner Partikel begrenzen? a) Halten die in der Landesverwaltung eingesetzten Laserdrucker diese Grenzwerte ein? b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung daraus, dass bislang kein Laserdrucker nach den neuen Kriterien zertifiziert worden ist? Drucksache 18/686 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 13) Liegen der Landesregierung Studien zu Gesundheitsrisiken durch Nanopartikel im Allgemeinen oder Laserdrucker im Speziellen vor? a) Wenn ja, wird um die Benennung der Studien einschließlich der auftraggebenden Stelle gebeten. b) Wenn ja, sind die Studien allgemein zugänglich veröffentlicht, oder warum ist dies nicht der Fall? Antwort: zu den Fragen 1 bis 13. Die Landesregierung fasst ihre Antwort im Hinblick auf die hohe Komplexität der Thematik zusammen. Die Landesregierung legt besonderen Wert auf die Feststellung, dass sie einen ho- hen Anspruch an die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit der den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel stellt. Sie sollen den je- weils geltenden Vorschriften und Regeln entsprechen. Die Landesregierung verfolgt die wiederkehrenden Berichte über Gesundheitsschä- den durch Tonerstäube, Feinstaub- und Nanopartikel aus Laserdruckern sehr auf- merksam. Zur Klärung der darin angesprochenen Sachverhalte werden aktuelle Ver- öffentlichungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Umweltbundesamtes (UBA) her- angezogen. Darüber hinaus liegen Erkenntnisse der Unfallkasse des Bundes (BUK) aus dem Jahr 2012 vor. Der aktuelle Erkenntnisstand lässt den Schluss zu, dass die ultrafeinen Emissionen beim Betrieb von Laserdruckern fast ausschließlich aus flüchtigen organischen Ver- bindungen (VOC: volatile organic compound) und schwer flüchtigen organischen Verbindungen (SVOC: semi volatile organic compound) bestehen, der Tonerbestand- teil darin maximal 2 % beträgt und Nanopartikel in Form von Siliziumdioxid in den Emissionen nachweisbar sind. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/686 Aus medizinischer Sicht wird die akute Toxizität der Emissionen als gering einge- schätzt. Die Gesundheit beeinträchtigende Auswirkungen bei extremen chronischen Expositionen sind jedoch denkbar. Die o.a. Bundesbehörden, die Unfallkasse des Bundes und das Institut für Arbeitsschutz (IFA) bei der DGUV in St. Augustin weisen jedoch darauf hin, dass weiterhin Forschungsbedarf hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken besteht. Vor diesem Hintergrund zieht es die Landesregierung in Betracht, an Büroarbeitsplätzen im Zweifelsfall auch emissionsarme Laserdrucker durch Tin- tenstrahldrucker zu ersetzen. Bei der Beschaffung von Druckern wurde die Vergabegrundlage „RAL-UZ 122“ des „Blauen Engel“ zugrunde gelegt. Diese Richtlinie war zum Zeitpunkt der Beschaffung von Druckern in den Jahren 2009 bis 01.01.2013 das höchste Maß an zertifizierter Umweltverträglichkeit. Wie alle anderen Richtlinien zum Zeitpunkt der Ausschreibung berücksichtigte diese jedoch keine Grenzwerte für UFP-Emissionen (ultrafeine Parti- kel). Sie läuft Ende 2013 aus. Die seit dem 01.01.2013 geltende Richtlinie „RAL-UZ 171“ berücksichtigt diese Punkte. Allerdings dürfen die Druckerhersteller das Logo für Ihre Geräte, die noch nach der alten Richtlinie „RAL-UZ 122“ geprüft wurden, bis Ende 2013 verwenden. Der zentrale Dienstleister Dataport ist zuverlässig darüber unterrichtet, für zukünftige Ausschreibungen im Rahmen der Beschaffung von Dru- ckern die neue Richtlinie „RAL-UZ 171“ anzuwenden. Einen großen Einfluss auf das Betriebsklima der Drucker und der genutzten Räum- lichkeiten haben die Wartungsintervalle (Reinigung der Drucker, etc.), die Standorte (Nähe des Gebläse-Austritts zum Nutzer) sowie die Belüftung der Räume. Die „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ hat basierend auf zwei Studien nach einer Rückfrage der Landesregierung bezüglich der Existenz von Stu- dien zu Feinstaub-Belastungen in Büroräumen darauf hingewiesen, dass eine „... normale gute Lüftung der Büros in der Regel ausreicht, um die Partikelbelastung auf Grund von Laserdrucken zu beherrschen“ 1. Für die Umsetzung der Gestaltung des Arbeitsplatzes und bei möglichen Problemen stehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Kolleginnen und Kollegen des Ar- beitsschutzes und Arbeitssicherheit sowie Betriebsärzte zur Verfügung. Die Verant- wortung für die Beschaffung von Arbeitsmitteln wie z.B. Druckern liegt weiterhin bei Drucksache 18/686 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode den jeweiligen Dienststellen im Rahmen einer geordneten Beschaffungsplanung. Im „Warenkorb“ bei Dataport stehen entsprechende Druckervarianten zur Auswahl. Aus Sicht des vorbeugenden Gesundheitsschutzes ist eine Aufklärungsarbeit in Be- zug des Umgangs mit Laserdruckern und Kopierern nicht erforderlich. Soweit Laser- drucker am Arbeitsplatz betrieben werden, werden emissionsarme Geräte beschafft. Laserdrucker beziehungsweise Kopierer sind in belüfteten Räumen installiert und werden regelmäßig durch Fachbetriebe gewartet. Eine Notwendigkeit, an einzelnen Arbeitsplätzen Messungen emittierter Feinstäube durchzuführen, ist nicht gegeben, da die Kosten einer Feinstaubpartikelmessung die Anschaffungskosten eines Laserdruckers in aller Regel überschreiten. Im Zweifelsfall wird ein Laserdrucker direkt ohne Messungen gegen einen Tintenstrahldrucker im Rahmen einer geordneten Beschaffungsplanung ausgetauscht werden können. Das Zentrale IT-Management (ZIT) hat in der sog. „AG Warenkorb“ den Behörden empfohlen, als Alternative auf lokale Drucker zu verzichten und sich auf zentrale Drucker abzustützen (Etagen-Drucker). Hier könnte auch der Datenschutz über ID- Karten sichergestellt werden. Dieser Ansatz kann in die Ausstattungsplanung mit einbezogen werden. Die Landesregierung sieht in Anbetracht ihrer präventiven Maßnahmen keine Not- wendigkeit und auch keine Möglichkeit, Grenzwerte am Arbeitsplatz einzuführen, da es auch keine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt 2 (Zitat: ... Bisher gibt es keine gesetzliche Grundlage zur Beschränkung von ultrafeinen Partikeln (UFP) in der Luft. Außerdem sind bisher nur sehr wenige Daten zu UFP in Innenräumen veröffentlicht. Daher lässt sich nur im Vergleich mit diesen wenigen Daten feststellen, ob eine Partikelkonzentration im Innenraum erhöht ist oder nicht. ... ) . Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/686 Für den weiteren Umgang mit Laser-Drucksystemen sind der Landesregierung nach- stehende Informationen bekannt: Schutzleitfaden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz (Drucken und Kopieren) http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/EMKG/pdf/Schutzleitfaden-130.pdf?__blob=publicationFile&v=4 Schutzleitfaden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz (Wartung an Druckern) http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Gefahrstoffe/EMKG/pdf/Schutzleitfaden-260.pdf?__blob=publicationFile&v=3 Informationen über die Gesundheitsrisiken durch Feinstäube in Innenräumen https://www.nano-control.de/index.html http://www.sicher-drucken.de/index.html Tonerstaub am Arbeitsplatz (01.02.2012) http://www.bfr.bund.de/cm/343/tonerstaub-am-arbeitsplatz.pdf Präsentationen: Partikelfreisetzung aus Laserdruckern (25.03.2010) http://www.bfr.bund.de/cm/343/partikelfreisetzung_aus_laserdruckern.pdf Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Gesundheit im Büro Fragen und Antworten (BGI 5018 / 24.09.2012) http://www.vbg.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Gesundheit_im_Buero-BGI_5018_Version_2_1_2011- 12.pdf?__blob=publicationFile Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Laserdrucker sicher betreiben (BGI 820 / 23.08.2011) http://www.vbg.de/SharedDocs/Downloads/DE/SP-Schriften/Laserdrucker_sicher_betreiben_- _BGI_820.pdf?__blob=publicationFile Quellennachweise: 1 Antwort-Email der „Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin“ vom 22.02.2013. 2 Prüfbericht „H 6439 BB“ Bremer Umweltinstitut , Gesellschaft für Schadstoffanalysen und Begutachtung mbH, Fahrenheitstraße 1, 28359 Bremen. - Seeger, S., „Untersuchung der Wirksamkeit von Filtern zum Schutz vor Partikelemissionen aus Laserdrucksystemen“, Gefahrstoffe- Reinhaltung der Luft 5/2012, Seite 198-202.