SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/792 18. Wahlperiode 2013-05-13 Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Auswirkungen von im Meer versenkter Munition auf den Ausbau der Offshorewindparks in Schleswig-Holstein Vorbemerkung: Ein Ergebnis der Fachtagung des NABU Schleswig-Holstein am 05. Februar 2013 in Berlin war, dass Munitionsaltlasten eine zusätzliche und bisher zu wenig berücksichtigte Hürde für den Ausbau der Offshore-Windkraft darstellen können. Vorbemerkung der Landesregierung: Beim Ausbau von Offshore Windparks (OWP) arbeitet Schleswig-Holstein gemeinsam mit den anderen Küstenländern und dem Bund auf Grund der unterschiedlichen Zuständigkeiten eng und vertrauensvoll zusammen. Vor dem Hintergrund, dass für die Genehmigung von OWP in der AWZ (einschließlich der Leitungen und Konverterstationen bis zur 12-Seemeilen-Linie) ausschließlich der Bund, für die Genehmigung von Kabeltrassen und Hafenausbauflächen jedoch die Länder und Kommunen zuständig sind, erfolgt die Beantwortung der Fragen für den Bereich des schleswigholsteinischen Küstenmeeres, auf der Grundlage der hier vorhandenen Informationen . 1. Sind der Landesregierung munitionsbelastete Flächen oder Munitionsversenkungsgebiete bekannt, die sich mit den für die Offshore Windparks, Offshore Kabeltrassen und Hafenausbauflächen zum Anschluss der Windparks vorgesehenen Seegebieten überschneiden? Wenn ja, wo liegen diese? Wenn nein, erwartet die Landesregierung zukünftig mögliche Überschneidungsgebiete ? Drucksache 18/792 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Bundes und der Küstenländer unter Federführung Schleswig-Holsteins hat in ihrem im Dezember 2011 veröffentlichten Bericht „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Bestandsaufnahme und Empfehlungen (Stand: 2011)“ das bei den beteiligten Institutionen verteilte Wissen zusammengeführt. Der Bericht ist auf den hierfür eingerichteten Internetseiten der Landesregierung Schleswig-Holstein unter www.munition-im-meer.de öffentlich verfügbar und wird jährlich durch den Expertenkreis „Munition im Meer“ des Bund-Länder-Ausschusses Nord- und Ostsee (BLANO) fortgeschrieben. Ausweislich des Berichts ist in den gesamten deutschen Meeresgewässern, einschließlich der Insel Helgoland, mit Munitionsbelastungen wechselnder Intensitäten zu rechnen. Die bekannten Flächen, die sich mit den für die Offshore Windparks, Offshore Leitungsinfrastruktur zum Anschluss der Windparks und Hafenausbauflächen vorgesehenen Seegebieten überschneiden, können dem Anhang des o.a. Berichts „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Bestandsaufnahme und Empfehlungen (Stand: 2011)“ und dem Ersten Fortschrittsbericht „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Entwicklungen und Fortschritt (Jahr 2012)“ entnommen werden. 2. Ist der Landesregierung bekannt, ob alle für die Offshore Windparks, Offshore Stromtrassen und Hafenausbauflächen vorgesehenen Gebiete bereits auf Munitionslagerstätten untersucht worden sind? Wenn ja, um wie viel Munition hat es sich dabei gehandelt? Wenn nein, sind der Landesregierung Planungen von z.B. Netzbetreibern bekannt und wie werden diese ggf. bei der Entsorgung und Finanzierung unterstützt ? Es ist der Landesregierung nicht bekannt, ob alle für die Offshore Windparks, Offshore Stromtrassen und Hafenausbauflächen vorgesehenen Gebiete bereits auf Munitionslagerstätten untersucht worden sind. Für den Bereich des Küstenmeeres ist insoweit bekannt, dass die Trassen im Auftrage der Netzbetreiberin auf Munitionsvorkommen hin untersucht werden. Nach Information der Netzbetreiberin ist es auf der genehmigten Trasse vor Büsum in 2011 und 2013 zu Verdachtsfällen gekommen, die sich aber als nicht zutreffend erwiesen haben. Beteiligt war der Kampfmittelräumdienst des Landes an der flächendeckenden Tiefenräumung des Südhafengeländes auf Helgoland, das zur gewerblichen Nutzung durch Offshore-Windkraftbetreiber vorgesehen ist. Diese Arbeiten sind landseitig weitestgehend abgeschlossen. Geborgen und teilweise entschärft wurden 17 Bomben, ca. 1.000 Granaten (Kaliber 2 cm bis 10,5 cm) und ca. 650 Schuss Infanteriemunition. Die Nettoexplosivstoffmasse beträgt ca. 4 Tonnen TNT. Für diese Leistungen erhebt das Land Schleswig-Holstein Gebühren nach der Kampfmittelverordnung und anderen Landesvorschriften. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/792 3 3. Hatte versenkte Munition nach Kenntnis der Landesregierung schon aufschiebende Wirkung auf die Gestehung von Offshore Windparks, die Verlegung von Offshore Kabeln und den Ausbau von Servicehäfen in SchleswigHolstein ? Wenn ja, welche Mehrkosten haben sich ergeben? Wenn nein, ist damit zukünftig zu rechnen? Im Rahmen der Entwicklung des Offshore-Servicehafens auf der Insel Helgoland sind nach Kenntnis der Landesregierung Verzögerungen bei der Entwicklung eingetreten. Ob diese überwiegend oder gar allein dem Umfang der Munitionsbelastung zugerechnet werden dürfen, ist nicht bekannt. Bei der Verlegung von Offshore Kabeln innerhalb der 12-Seemeilen Zone (Küstenmeer) sind keine munitionsbezogenen Verzögerungen bekannt geworden . Zu Folgekosten liegen keine Informationen vor. Es gibt derzeit kein Entwicklungsprojekt für Offshore-Windparks innerhalb der 12-Seemeilen Zone vor der schleswig-holsteinischen Nord- oder Ostsee. Auf Grund der festgestellten Allgegenwart von Rüstungsaltlasten im schleswig -holsteinischen Küstenmeer können künftige Verzögerungen bei der Realisierung von Offshore-Projekten jedoch keinesfalls ausgeschlossen werden. Siehe hierzu auch Frage 1. 4. Gibt es von Seiten der Landesregierung ein Konzept, wie die Munitionsaltlasten im Zusammenhang mit dem Ausbau der Offshore Windparks und Offshore Kabeltrassen sicher gehoben und umweltgerecht entsorgt werden können? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Ja, bereits heute wird die auf dem Gebiet des Landes Schleswig-Holstein durch den Kampfmittelräumdienst geborgene Munition ganz überwiegend einer umweltgerechten Entsorgung an Land zugeführt. Die bekannten Informationen und Empfehlungen vieler Experten sind in dem bereits in der Antwort zu Frage 1 genannten Bericht aus dem Jahr 2011 zusammengefasst . Die Landesregierung setzt im Rahmen der Arbeit des BundLänderausschusses Nord- und Ostsee (BLANO) ihre konzeptionelle Arbeit an dem gesamtgesellschaftlichen Problem im Meer versenkter Rüstungsaltlasten unter Federführung des MELUR fort. Das schließt auch den Bereich künftiger sicherer Bergungs- und umweltgerechter Entsorgungsverfahren ein. Auf Grund der Dimension des Problems im Meer versenkter Rüstungsaltlasten ist die Landesregierung dabei bemüht, unter Einbindung der Küstenbundesländer , des Bundes, einschlägiger Forschungseinrichtungen und der mittelständischen Wirtschaft zielgerichtet entsprechende (Forschungs-) Projekte zu initiieren. Drucksache 18/792 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 5. Bindet die Landesregierung regionale mittelständische Unternehmen, die technische Lösungen zur Munitionssuche und alternative Bergungsmethoden ohne Sprengungen anbieten, strategisch ein? Wenn ja, erhalten diese Unternehmen Strukturfördermittel des Landes Schleswig-Holstein? Wenn nein, plant die Landesregierung, regionale mittelständische Unternehmen strategisch einzubinden? Ja, das Land ist sehr an einer strategischen Einbindung der SchleswigHolsteinischen KMU interessiert. Hierfür wird mit Unterstützung des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ und des Maritimen Clusters insbesondere der Dialog zwischen Behörden, Wissenschaft und Unternehmen befördert. Beispielhaft sei hier der 8. Kieler Marktplatz am 14. August 2012 genannt. Fördermittel erhalten Unternehmen zum Zwecke der Suche und Bergung von Munition im Meer bisher nicht. In Anbetracht der Haushaltssituation des Landes strebt die Landesregierung an, in Kooperation mit Wissenschaft und Wirtschaft insbesondere Bundesfördermittel zu erschließen. Siehe zudem Antwort zu Frage 4.