SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/880 18. Wahlperiode 2013-06-13 Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Vogt (FDP) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Bildung und Wissenschaft Genehmigung einer gymnasialen Oberstufe an der Gemeinschaftsschule in Sandesneben Vorbemerkung des Fragestellers: In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Nachfrage - Errichtung neuer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen“ (Drs. 18/484) der Abgeordneten Anita Klahn vom 15. Febru- ar führt die Landesregierung für den Standort Sandesneben aus, dass „sich ein künf- tiger Bestand von mindestens 50 Schülerinnen und Schülern in […] der neuen Ober- stufe allerdings nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit prognostizieren“ lässt (S. 12). Auch prognostiziert das Bildungsministerium mittel- bis langfristig einen deut- lichen Schülerrückgang in Sandesneben (S. 15). Entsprechend wurde ein negatives Signal für die Errichtung einer Oberstufe an den Schulträger gesendet (Pressemittei- lung des MBW vom 18. Dezember 2012). Der Abgeordnete Peter Eichstädt hat dann am 30. April 2013 per Pressemitteilung erklärt, dass das Bildungsministerium ihm gegenüber mitgeteilt habe, dass die Gemeinschaftsschule in Sandesneben eine gymnasiale Oberstufe erhalten würde. Am 15. Mai 2013 verkündete dann auch die Landesregierung die Genehmigung einer neuen Oberstufe am Standort Sandesne- ben. Drucksache 18/880 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 1. Wann hat der Schulträger der Gemeinschaftsschule Sandesneben vom Ministe- rium einen positiven Bescheid zur Errichtung einer Oberstufe bekommen? Antwort: Der Genehmigungsbescheid wurde mit Datum vom 13.05.2013 erteilt. 2. Welche Aussagen wurden von Seiten des Bildungsministeriums gegenüber den Vertretern des Schulverbandes während des Treffens am 05. Februar hinsicht- lich der Genehmigung der Oberstufe in Sandesneben gemacht? Antwort: In dem Gespräch des Bildungsministeriums mit Vertretern des Amtes Sandesneben- Nusse sind insbesondere die Schülerströme im Amtsbereich thematisiert worden. Das Bildungsministerium hat zugesagt, in die Prüfung des Antrages auf Genehmi- gung einer Oberstufe an der Gemeinschaftsschule Sandesneben die zusätzlich vom Amt dazu vorgelegten Daten einzubeziehen und insofern die im Dezember signali- sierte negative Entscheidung zu überprüfen. 3. Wie sieht die aktuelle Potenzialanalyse für den Standort Sandesneben zur Er- richtung einer Oberstufe aus und wie erklären sich die Veränderungen zur Po- tenzialanalyse vom Februar? Welche Kriterien wurden seitdem „verfeinert“ und welche veränderten belegbaren Schülerzahlen erlauben die nun erfolgte Ge- nehmigung zur Errichtung der Oberstufe? Antwort: Die Prognose, dass die Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben auf Dauer eine Zahl von mehr als 50 Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase der Oberstufe aufweisen wird, stützt sich auf folgende Daten: Zum einen kann aufgrund langjähriger Erfahrungen der schon bestehenden Gemein- schaftsschulen mit Oberstufe davon ausgegangen werden, dass rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler einer Jahrgangsstufe in die Oberstufe wechseln wird. Das entspricht einer Zahl von rund 31 jungen Menschen, die sich jetzt im 9. Jahrgang an Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/880 3 der Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben befinden. Auch wenn die Jahr- gangsbreite in den nachfolgenden Jahrgangsstufen niedriger ausfällt, kann auch bei realistischer und vorsichtiger Schätzung angenommen werden, dass sich an der Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben ein nennenswertes Potential von Schülerinnen und Schülern befindet, das in eine Oberstufe wechseln kann. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Einrichtung der Oberstufe die Attraktivität der Schule steigert und mittelfristig den Zustrom von Schülerinnen und Schülern erhöht. Zum zweiten ist davon auszugehen, dass auch aus der Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe in Berkenthin eine nennenswerte Zahl von Schülerinnen und Schüler hin- zukommen wird. Denn die Oberstufe der Gemeinschaftsschule Sandesneben wird für sie eine nahe gelegene und auch gut erreichbare Sekundarstufe II einer Gemein- schaftsschule darstellen. Auch an Schulen, die keine eigene Oberstufe haben, gibt es aber ein Potential von Schülerinnen und Schülern, die für eine Oberstufe geeignet sind. Es kann erwartet werden, dass sich ein erheblicher Teil dieser jungen Men- schen für eine Fortsetzung seines Bildungsweges in der Oberstufe einer Gemein- schaftsschule entscheiden wird, weil er damit weiterhin dieselbe Schulart besuchen kann. Zudem werden die Schülerinnen und Schüler leichter den Zugang zur Oberstu- fe einer Gemeinschaftsschule finden, weil die Gemeinschaftsschule einschließlich ihrer Oberstufe gerade auch für diejenigen Kinder und Jugendlichen in Betracht kommt, die nicht von Beginn der Sekundarstufe I an auf das Abitur fokussiert waren, sondern erst im Laufe ihres schulischen Werdegangs dieses Ziel anzustreben begin- nen. Gemeinschaftsschulen haben dafür eine entsprechende Lern- und Förderkultur entwickelt, die auch ihre Oberstufe prägt und von der insbesondere diese Schülerin- nen und Schüler angesprochen werden. Zum dritten ist damit zu rechnen, dass auch Schülerinnen und Schüler aus Schulen in Trittau in die Oberstufe der Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben wech- seln, weil sie in Sandesneben wohnen und sich ihr Schulweg damit verkürzt. Diese Gruppe wird voraussichtlich bis zu zwanzig Personen umfassen. Eine solche Grö- ßenordnung erscheint realistisch, weil derzeit 313 Schülerinnen und Schüler aus dem Bereich des Amtes Sandesneben-Nusse Schulen in Trittau besuchen. 71 dieser Schülerinnen und Schüler besuchen die Gemeinschaftsschule in Trittau, 242 das Gymnasium. Diese Zahl erhöht sich noch weiter, weil auch diejenigen jungen Men- schen zu berücksichtigen sind, die zunächst ein Gymnasium besuchen, von dort aber im Laufe der Sekundarstufe I an eine Regional- oder Gemeinschaftsschule Drucksache 18/880 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 wechseln. Ihre Quote beträgt landesweit 11,7%, und auch darunter befinden sich Schülerinnen und Schüler, bei denen sich erst später zeigt, dass sie für eine Ober- stufe geeignet sind. Gerade die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule vor Ort bietet für diese Gruppe die Chance, doch noch das Abitur zu erreichen. Mit zunehmender Etablierung der neuen Oberstufe wird zudem die Quote derjenigen Schülerinnen und Schüler wachsen, die - anders als bisher - nicht von ihrem Woh- nort im Nahbereich von Sandesneben zu einer Schule in Trittau fahren, sondern in Sandesneben bleiben wollen. Es ergibt sich somit insgesamt eine Zahl von Schülerinnen und Schülern, die sowohl aktuell als auch in der perspektivischen Betrachtung klar über dem Minimum von 50 liegt, dass § 43 Abs. 4 Nr. 1 SchulG fordert. 4. Inwiefern wurde die Frage der Vielfalt der möglichen Profilangebote in der Po- tenzialanalyse berücksichtigt? Wie viele Profile wird die Oberstufe in Sandes- neben anbieten können? Antwort: Nach § 43 SchulG ist zur Genehmigung einer Oberstufe an einer Gemeinschafts- schule eine Zahl von mehr als 50 Schülerinnen und Schüler in der Einführungsphase erforderlich. Mit dieser Schülerzahl können mindestens zwei Profilangebote realisiert werden. Dies ist auch für Sandesneben zu erwarten. 5. Wurden bei der neuen Potenzialanalyse Schüler aus dem Bereich Trittau be- rücksichtigt? Wenn ja, in welcher Anzahl? Antwort: siehe Antwort auf Frage 3. 6. Wie gestaltet sich die Potenzialanalyse für den Standort Trittau nach der Ge- nehmigung von Sandesneben? Inwiefern ist diese Analyse mit der Aussage der Ministerin vom 15. Mai 2013 vereinbar, dass die Genehmigung des Standorts Trittau noch offen sei? Plant die Landesregierung die Genehmigung einer wei- teren Oberstufe am Standort Trittau? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/880 5 Antwort: Die Bewertung der Daten in Bezug auf den Standort Trittau ist noch nicht abge- schlossen; insofern ist noch offen, ob eine Oberstufe an der Hahnheide-Schule ge- nehmigt werden kann. 7. Welche umliegenden Schulen müssen mit einem Verlust von wie vielen Schü- lern durch die neue Oberstufe in Sandesneben rechnen? Ist mit einer Ein- schränkung der Profilangebote in den umliegenden Oberstufen zu rechnen? Antwort: In der Anfangsphase werden voraussichtlich etwa 20 Schülerinnen und Schüler von Schulen in Trittau nach Sandesneben wechseln. Auch wenn diese Rate im Laufe der folgenden Jahre ansteigen wird, so wird sie absehbar so gering bleiben, dass nicht der Bestand einer Schule, die bisher allein die Erreichbarkeit einer Oberstufe dieser Schulart gewährleistet hat, gefährdet wird. Darüber hinaus ist die Erwartung berech- tigt, dass es der Gemeinschaftsschule mit einer Oberstufe gelingt, mehr junge Men- schen für den Weg zum Abitur zu gewinnen, als es bisher möglich war. Es wird also nicht lediglich eine Umverteilung innerhalb einer bestehenden Gruppe stattfinden, sondern in einer derzeit noch nicht quantifizierbaren Größenordnung werden Schüle- rinnen und Schülern hinzukommen, die bislang für höhere Bildungsabschlüsse gar nicht zu erreichen waren. Eine Einschränkung der Profilangebote in den Oberstufen anderer Schulen ist daher eher nicht zu erwarten. 8. Bestehen ausreichend Aufnahmekapazitäten an den umliegenden Oberstufen in Bargteheide, Ahrensburg, Bad Oldesloe sowie Mölln, um die Schülerinnen und Schüler aus Sandesneben und Umgebung aufzunehmen? Können die um- liegenden Schulen den Bedarf an Oberstufenplätzen decken? Antwort: Wenn allein auf die Quantität abgehoben wird, dann kann davon ausgegangen wer- den, dass an allen genannten Standorten grundsätzlich die Möglichkeit besteht, Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Sandesneben aufzunehmen. Drucksache 18/880 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 Wie aber schon in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Franzen (LT-Drs. 18/413) ausgeführt, müssen auch qualitative Aspekte zum Tragen kommen. Im Interesse des bildungs- und gesellschaftspolitisch unstrittigen Ziels, mehr junge Menschen zu einem höheren Bildungsabschluss zu führen, muss deshalb berück- sichtigt werden, dass allein schon mit der Möglichkeit, ohne einen Wechsel das Abi- tur an der eigenen Schule ablegen zu können, die Bereitschaft wächst, diesen Weg einzuschlagen. Aber auch für Schülerinnen und Schüler aus anderen Regional- und Gemeinschaftsschulen ist die Zugangsschwelle zur Oberstufe an einer Gemein- schaftsschule prinzipiell niedriger als zu der eines Gymnasiums (siehe dazu ergän- zend die Antwort auf die schon erwähnte Kleine Anfrage der Abgeordneten Franzen). 9. Welche räumlichen Umbauten müssen in Sandesneben vorgenommen werden, um eine Oberstufe einzurichten? Welche Kosten entstehen für die Umbaumaß- nahmen? Antwort: Nach Angaben des Amtes Sandesneben-Nusse sind grundsätzlich keine Umbauten erforderlich, um eine Sekundarstufe II in der Gemeinschaftsschule Sandesneben einzurichten. Aufgrund altersbedingter Abgängigkeit sind für das Jahr 2014 jedoch umfangreiche Investitionen geplant. Diese Investitionen betreffen zum einen die längst überfällige Modernisierung der naturwissenschaftlichen Fachräume sowie die seit einigen Jahren schadhafte Dachkonstruktion oberhalb der Fachräume verbun- den mit einer energetischen Sanierung. Die Kosten belaufen sich nach Angaben des Amtes auf ca. 2,2 Millionen Euro. 10. Besteht durch das Amt Sandesneben-Nusse als Schulträger neben der Errich- tung einer Oberstufe weiterer Investitionsbedarf an der Grund- und Gemein- schaftsschule in Sandesneben sowie an der Grundschule in Nusse? Wenn ja, welcher und in welcher Höhe? Antwort: Weiterer Investitionsbedarf an der Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben besteht nach Angaben des Amtes Sandesneben-Nusse nicht. Der erhebliche Stau Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/880 7 der Bauunterhaltung an der Grund- und Hauptschule Nusse ist in den Jahren 2008 bis 2012 mit den Mitteln des Amtes Sandesneben-Nusse als neuem Schulträger durch Maßnahmen in Höhe von ca. 993 T€ abgebaut worden. Aktuell werden noch in den Sommerferien mit Kosten von ca. 20 T€ der Bereich der Verwaltung/Schulleitung sowie das Lehrerzimmer neu möbliert und renoviert. 11. Wie viele Schüler haben sich zum kommenden Schuljahr an der Gemein- schaftsschule Sandesneben im fünften Jahrgang angemeldet und wie viele Schüler im Grundschulteil im ersten Jahrgang? Antwort: An der Grund- und Gemeinschaftsschule Sandesneben sind 47 Kinder für den 5. und 84 Kinder für den 1. Jahrgang angemeldet worden. 12. Ist es übliche Praxis des Ministeriums, dass Genehmigungen zur Errichtung neuer Oberstufen zunächst über Abgeordnete aus den Reihen der regierungs- tragenden Fraktionen öffentlich verkündet werden? Falls nein, warum war dies hier der Fall? Antwort: Das Ministerium verkündet seine Entscheidungen nicht über Abgeordnete. Im vorlie- genden Fall ist der Abgeordnete Eichstätt vielmehr im Rahmen des Auskunftsrechts, das ihm nach Art. 23 Abs. 2 Landesverfassung zusteht, darüber unterrichtet worden, dass es für den Antrag des Amtes Sandesneben-Nusse auf Einrichtung einer gym- nasialen Oberstufe eine Chance auf Genehmigung gibt.