SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/933 18. Wahlperiode 2013-06-24 Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer (PIRATEN) und Antwort der Landesregierung - Innenminister Aktivitäten der NSU-Terrorzelle in Schleswig-Holstein Mehrfach bereits berichteten Medien umfangreich über Verbindungen der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ auch nach Schleswig-Holstein. Laut Anklageschrift der Bundesanwaltschaft seien die Angeklagten persönlich in verschiedenen Orten des Landes gewesen und hätten Kontakte zu Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern gepflegt. Medien waren sich sicher, der NSU habe in Schleswig- Holstein nicht bloß Urlaub gemacht, sondern mögliche Tatorte ausgespäht (siehe unten). Darüber hinaus mehren sich laut Presseberichten die Hinweise auf mehr oder weniger deutlich mit dem NSU sympathisierende Gruppen in Haftanstalten, Rockergruppen und der rechten Szene Schleswig-Holsteins. Es war ebenfalls zu lesen, das Justizministerium habe diesbezüglich bereits eine Überprüfung der JVAen des Landes durchgeführt. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu persönlichen Kontakten der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) oder ihr nahestehender Personen nach Schleswig-Holstein vor? Drucksache 18/933 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Antwort: Soweit den Ermittlungsbehörden der Landespolizei Schleswig-Holstein entsprechende Erkenntnisse vorliegen, sind diese im Zuge der Ermittlungen im Auftrag des Generalbundesanwaltes gewonnen worden. Eine Weitergabe durch die Landesregierung ist nicht zulässig. 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die personelle Verflechtung des Rockermilieus mit der rechtsradikalen Szene und deren Unterstützung des NSU? Antwort: Der Landesregierung liegen keine belegbaren Hinweise über eine personelle Verflechtung des Rockermilieus mit der rechtsradikalen Szene zur Unterstützung des NSU vor. Soweit Ermittlungsdienststellen der Landespolizei mit einschlägigen Ermittlungen befasst waren, sind die Ergebnisse in das Ermittlungsverfahren beim Generalbundesanwalt eingeflossen. Hierüber ist der Vorsitzende des 2. Unter- suchungsausschusses des Deutschen Bundestages in Abstimmung mit den zuständigen Justizbehörden vom Innenministerium informiert worden. Die Landesregierung ist nicht befugt, hierzu Auskunft zu geben. Grundsätzlich gilt für Schleswig-Holstein, dass es vereinzelt Verbindungen zwischen Personen aus dem Umfeld des Rockermilieus und der rechten Szene gibt, die auf bereits früher bestehende persönliche oder private Kontakte zurückzuführen sind, jedoch nicht auf eine Durchmischung oder Kooperation von ansonsten selbständigen Organisationen hinweisen. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Tätigkeit des NSU oder ihm nahestehender Personen in Schleswig-Holstein vor? Medien berichteten etwa über Besuche der Terrorgruppe auf Fehmarn, in Kiel, in Plön und in Neumünster. 3.1 Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich der Zwecke dieser Besuche vor? 3.2 Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich der vom NSU besuchten Orte und Einrichtungen vor? 3.3 Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich der vom NSU kontaktierten Personen vor? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/933 Antwort: Siehe Antwort zu 1. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu Plänen für möglicherweise geplanten Aktionen des NSU oder ihm nahestehender Personen in Schleswig- Holstein vor? Medien berichteten etwa über geplante Angriffe auf Integrationseinrichtungen und Kulturvereine. Antwort: Siehe Antwort zu 1. 5. In der Unterrichtung durch die Landesregierung im Innen- und Rechtsausschuss am 17.04.2013 wurde die Gruppe „AD Jail Crew“ erwähnt. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu Größe und Aktivitäten der Gruppe „AD Jail Crew (14er)“, der 2011 verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG)“ sowie deren ehemaligen bzw. späteren Mitgliedern in Schleswig-Holstein vor? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Beziehungen dieser Organisationen, ihrer Angehörigen oder ihnen Nahestehender zum NSU oder ihm nahestehenden Personen? Antwort: Ein Gefangener aus der JVA Hünfeld hat versucht, die „AD Jail Crew“ zu gründen, indem er Mitgefangene in anderen Justizvollzugsanstalten anschrieb, die sogenannte „AD“ bekannt machte und um Unterstützung bat. Diese „AD“ sollte ein gemeinnütziger Verein mit Hauptsitz in Kassel werden mit dem Zweck der Unterstützung, Betreuung, Förderung und Hilfe von Gefangenen im In- und Ausland. Der Gefangene teilte eine Anschrift mit, an die sich die angeschriebenen Mitgefangene bei Interesse wenden konnten. Weiter bat er die angeschriebenen Gefangenen um Weitergabe der Anschrift und der Informationen an „Kameraden, Freunde oder Bekannte“ und darum, sich selbst als Ansprechpartner der jeweiligen JVA zur Verfügung zu stellen. In Schleswig-Holstein sind zurzeit acht Gefangene inhaftiert, die der rechten Szene zugehören und 14 Gefangene, die als latent der Szene zugehörig angesehen werden. Die Hafträume aller 22 Gefangenen und deren Post sind auf Symbole, Codewörter wie „AD 14“ und „Sturm 18“ und sonstige Hinweise auf rechtsradikale Einstellungen durchsucht worden. Drucksache 18/933 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Bei zwei der rechtsextremen Szene zugehörigen Gefangenen der JVA Lübeck sind Briefe des Gefangenen aus der JVA Hünfeld gefunden worden. Einer der beiden Gefangenen hat auf das Schreiben des Gefangenen der JVA Hünfeld reagiert, der andere Gefangene hat nach eigener Aussage und hiesigem Kenntnisstand nicht geantwortet. In der JVA Kiel, der JVA Neumünster, der JVA Flensburg, der JVA Itzehoe und der Jugendanstalt Schleswig sind dagegen keine Hinweise auf eine Kontaktaufnahme und damit dem Versuch der Bildung eines Netzwerkes gefunden worden. Erkenntnisse im Sinne von eigenen Erhebungen zu der 2011 verbotenen HNG liegen nicht vor. Die Gruppe HNG ist seit längerem bekannt. Bis zum Verbot der Organisation im Jahre 2011 hat der Vollzug regelmäßig Informationen vom Innenministerium über die Aktivitäten der Gruppe erhalten. Die Informationen betrafen insbesondere einen in der JVA Lübeck inhaftierten Gefangenen. Bezüglich der Frage nach Erkenntnissen der Landesregierung über Beziehungen der HNG und AD Jail Crew, ihrer Angehörigen oder ihnen Nahestehenden zum NSU oder ihm nahestehenden Personen wird mitgeteilt, dass keine weiteren Erkenntnisse über die beiden Organisationen vorliegen und Verknüpfungen zum NSU nicht bekannt sind. 6. Beabsichtigt die Landesregierung nach Bekanntwerden der Ermittlungspannen in Verbindung mit dem NSU, eine erneute Überprüfung von Straftaten der letzten Jahre auf einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund hin vorzunehmen? Wenn ja, in welcher Form und für welchen Zeitraum? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Das seit November 2012 existierende Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) des Bundes und der Länder hat den Auftrag mit der sog. Arbeitsgruppe Fallanalyse ungeklärte Fälle der Schwer- und Gewaltkriminalität auf mögliche, bislang im Einzelfall nicht erkannte rechtsextremistische Hintergründe retrograd zu überprüfen. Die schleswig- holsteinischen Sicherheitsbehörden sind an dieser Überprüfung beteiligt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/933 ___________  http://www.antifa-kiel.org/index.php/news/items/weitere-verbindungen-des-nsu-inschleswig -holstein-aufgedeckt.html  http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/nsu211.html  http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/netzwerk115.html  http://www.kn-online.de/Schleswig-Holstein/Landespolitik/Spur-fuehrt-nachSchleswig -Holstein  http://www.shz.de/nachrichten/schleswigholstein /panorama/artikeldetail/artikel/schleswiger-neonazi-wirbt-fuerterrorzelle .html  http://www.shz.de/artikel/artikel/ermittlungen-zu-neonazi-netzwerk-spur-fuehrt-nachsh .html  http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article112259634/NSU-soll-Tatorte-inSchleswig -Holstein-ausgespaeht-haben.html  http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/militante-braune-knasttruppe  http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/netzwerk113.html  http://www.stern.de/politik/rechte-haeftlinge-mit-verbindung-zum-nsu-1995643.html  http://www.neues-deutschland.de/artikel/818518.neonazi-netzwerk-immergroesser .html  http://www.ln-online.de/Nachrichten/Politik/Politik-im-Norden/Neonazi-Netzwerk-hatMaschen -im-Norden  http://www.shz.de/nachrichten/lokales/holsteinischercourier /artikeldetails/artikel/war-der-nsu-in-der-stadt-aktiv.html  http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/rechtsextremismus/rechtsextremesgefaengnisnetzwerk -als-haette-es-den-nsu-nie-gegeben-12147807.html  http://www.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/panne-beim-verfassungsschutz-nazinetzwerk -uebersehen-12147725.html  http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/todesopfer-rechter-gewalt  http://www.info-grebin.de/t199f38-Einladung-fuer-Kinder-mit-blonden-Haaren-undblauen -Augen.html