SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 18/957 18. Wahlperiode 13-06-28 Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Callsen (CDU) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung – ÜLU 1. Wie wird die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung in Schleswig-Holstein grundsätzlich finanziert? Einen großen Teil der Kosten der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) tragen die ausbildenden Betriebe über die Lehrgangsgebühren. Daneben beteiligen sich sowohl das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) als auch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie (MWAVT) an der Finanzierung der ÜLU. Die Förderung des MWAVT stammt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und Landesmitteln. 2. Wie hoch waren die Gesamtkosten der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung jährlich seit 2005 und wie hoch war jeweils der Anteil der öffentlichen Förderung (aufgeteilt nach Haushaltspositionen und Zuschüssen aus Bund und EU)? Die Gesamtkosten der ÜLU schlüsseln sich für die Jahre 2005 bis 2013 wie folgt auf: Drucksache 18/957 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 2 Finanzierung 2005 2006 2007 T € Anteil T € Anteil T € Anteil Eigenmittel 3.518,34 45% 3.782,52 45% 2.776,59 32% Bundesmittel 1.311,33 17% 1.581,12 19% 1.788,62 20% Landesmittel 0,00 0% 1.280,00 15% 50,00 1% ESF-Mittel 3.070,00 39% 1.800,00 21% 3.030,00 35% Gesamtkosten 7.899,67 8.443,64 8.742,20 Finanzierung 2008 2009 2010 T € Anteil T € Anteil T € Anteil Eigenmittel 4.058,51 45% 4.070,72 45% 4.095,98 45% Bundesmittel 1.819,90 20% 1.878,62 21% 1.979,11 22% Landesmittel 1.380,00 15% 1.380,00 15% 1.380,00 15% ESF-Mittel 1.700,00 19% 1.700,00 19% 1.700,00 19% Gesamtkosten 8.958,41 9.029,34 9.155,09 Finanzierung 2011 2012 2013 T € Anteil T € Anteil T € Anteil Eigenmittel 3.767,13 43% 5.247,91 49% 4.937,98 49% Bundesmittel 1.856,71 21% 2.339,33 22% 2.125,34 21% Landesmittel 1.125,00 13% 1.125,00 11% 1.125,00 11% ESF-Mittel 1.955,00 22% 1.955,00 18% 1.955,00 19% Gesamtkosten 8.703,84 10.667,24 10.143,32 3. Plant die Landesregierung den Landesanteil an der Förderung ab 2014 zu verändern ? Wenn ja, welche Veränderungen plant die Landesregierung? Aussagen zum Einsatz von Landesmitteln in der Zukunft stehen immer unter dem Vorbehalt von Notwendigkeiten zu Veränderungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung . Derzeit plant die Landesregierung nicht, den Anteil der Landesmittel zu verändern. 4. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die öffentliche Förderung auch dazu führt, dass Handwerksbetriebe zusätzliche, ggf. auch schwächere Lehrlinge einstellen? Bitte begründen. Die ÜLU dient dazu, die Unternehmen bei der Ausbildung zu unterstützen und die Ausbildungsbereitschaft zu erhöhen. Davon profitieren auch schwächere Jugendliche . Die ÜLU ist jedoch nicht speziell darauf ausgerichtet, schwächere Jugendliche in der Ausbildung zu unterstützen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/957 3 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine leistungsfähige Überbetriebli- che Lehrlingsunterweisung notwendig ist, um den künftigen Fachkräftebedarf in Schleswig-Holstein zu decken? Bitte begründen. Die ÜLU bildet einen elementaren Baustein der beruflichen Ausbildung im Handwerk . Sie ist regelhafter Teil der betrieblichen Ausbildung gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 6 der Handwerksordnung (HwO) und dem gleichlautenden § 5 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Sie stellt eine berufsfeldbreite Grundausbildung für jeden Lehrling unabhängig von betrieblichen Spezialisierungen sicher. Dabei integriert sie zeitnah technische Innovationen in die Fachstufenausbildung und damit auch in die einzelnen Ausbildungsbetriebe, die mit Hilfe der ÜLU erst in die Lage versetzt werden auszubilden. So erhalten die Unternehmen des Handwerks qualifiziertes Personal und können so gleichzeitig mit den technischen Entwicklungen Schritt halten. Angesichts der drohenden Engpässe im Bereich der beruflich Qualifizierten, die zuletzt durch die Engpassanalyse 2013 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) identifiziert worden sind, hält die Landesregierung die ÜLU für notwendig, um die Gewinnung des Fachkräftenachwuchses sicherzustellen . 6. Wie beurteilt die Landesregierung die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen von Handwerksbetrieben, zukunftsorientierte und qualifizierte Ausbildung flächendeckend in Schleswig-Holstein zu gewährleisten? Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Struktur, wie auch bei der Abwicklung der Förderungen, wird stets nach rechtlichen Einheiten (Unternehmen) differenziert und nicht nach organisatorisch-technischen Einheiten (Betriebe). Aus diesem Grund erfolgt die Antwort bei Frage Nr. 9. 7. Welche Grund- und Fachstufenlehrgänge werden aus Landesmitteln finanziert und wie hoch ist deren Finanzierung zwischen 2005 und 2013 jährlich gewesen? Tabellarisch pro Lehrgang und pro Lehrling. Siehe nachfolgende Tabelle. In der Tabelle wird, nach Teilnehmerstunden für die Grund- und Fachstufe differenziert, die Höhe der entsprechenden Landesmittel aufgeführt. Drucksache 18/957 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 4 Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Grundstufe 311.039,41 - € - € 332.457,92 726.099,59 € 2,18 € 344.213,17 28.045,15 € 0,08 € Fachstufe 611.818,59 - € - € 653.949,08 553.900,41 € 0,85 € 677.071,83 21.954,85 € 0,03 € Grundstufe n.e. n.e. n.e. Fachstufe n.e. n.e. n.e. n.e. n.e. n.e. Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Grundstufe 362.702,42 689.336,29 € 1,90 € 364.397,89 700.135,19 € 1,92 € 343.025,10 634.688,96 € 1,85 € Fachstufe 683.840,80 690.663,71 € 1,01 € 690.431,43 679.864,81 € 0,98 € 726.494,80 745.311,04 € 0,94 € Grundstufe 61 689.336,29 € 11.300,59 € 66 700.135,19 € 10.608,11 € 67 634.688,96 € 9.472,97 € Fachstufe 206 690.663,71 € 3.352,74 € 208 679.864,81 € 3.268,58 € 208 745.311,04 € 3.268,58 € n.e. n.e. n. e. Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Höhe Landesmittel- finanzierung Landesmittel- anteil pro Einheit Grundstufe 339.843,00 633.069,64 € 1,86 € 342.873,00 669.227,71 € 1,95 € 403.559,00 569.924,65 € 1,41 € Fachstufe 676.961,00 491.930,36 € 0,73 € 670.905,00 455.772,29 € 0,68 € 781.408,00 555.075,35 € 0,71 € Grundstufe 68 633.069,64 € 9.309,85 € 70 282.258,06 € 9.560,40 € n.e. Fachstufe 223 491.930,36 € 2.205,97 € 209 842.741,94 € 2.180,73 € n.e. 12.281 91,60 € 91,60 € 11.608 96,92 € 96,92 € 14.209 79,18 € 79,18 € Anmerkungen: - n. e. => nicht erfasst - Rundungsdifferenzen bedingt durch xls-Formeln - Die Anzahl der Teilnehmerstunden der Jahre 2005 - 2007 sind im Durchschnittsverhältnis der durchgeführten Stunden der Jahre 2008 - 2012 für die Grund- und Fachstufe dargestellt. 8.703.842,24 € 1.125.000,00 € 8.677.939,68 € 1.125.000,00 € 10.143.317,52 € 1.125.000,00 € Anzahl Lehrgänge 2005 2006 2007 2008 2009 8.742.200,46 € 50.000,00 € Teilnehmer- stunden 2010 2011 2012 2013 Teilnehmer- stunden Anzahl Lehrgänge 1.380.000,00 € 9.155.090,35 € 1.380.000,00 € Teilnehmer- stunden Anzahl Lehrgänge Anzahl Auszubildende in Grund- und Fachstufe Gesamtkosten ÜLU Landesmittelzuschuss Anzahl Auszubildende in Grund- und Fachstufe Gesamtkosten ÜLU Landesmittelzuschuss Anzahl Auszubildende in Grund- und Fachstufe Gesamtkosten ÜLU Landesmittelzuschuss 7.899.670,95 € - € 8.443.639,64 € 1.280.000,00 € 8.958.409,96 € 1.380.000,00 € 9.029.338,96 € Erläuterungen: Die Anzahl der Lehrgänge in Grund- und Fachstufe wird erst seit dem Jahr 2008 erfasst. In der Tabelle können nur die Durchschnittswerte in Bezug auf die Höhe der jeweiligen Landesmittelförderung dargestellt werden, da die Lehrgänge zum Teil in der Länge variieren (zwischen 1 - 3 Wochen) und somit auch der Landesmittelanteil für alle aufgeführten Bereiche tatsächlich unterschiedlich ist. Eine differenzierte Darstellung für jeden Lehrgang kann unter Anbetracht der zeitlichen Rahmensetzung und des der Landesregierung vorliegenden Datenmaterials nicht erfolgen. Es wird die Gesamtanzahl der Auszubildenden erfasst. Eine getrennte Erfassung nach Grund- und Fachstufe erfolgt nicht. Bis zum Jahr 2010 erfolgte die Ermittlung der Anzahl der Teilnehmenden über die Anzahl der besuchten Lehrgänge, das heißt es wurden Auszubildende, die zwei oder mehr Lehrgänge besucht haben, auch mehrfach gezählt. Seit 2011 erfolgt die Erfassung von Auszubildenden nur einmal, unabhängig von der Anzahl der besuchten Lehrgänge. Die Ermittlung der Landesmittelhöhe pro Lehrling und differenziert nach Grund- und Fachstufe ist somit nicht möglich. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode Drucksache 18/957 5 Die Zahlen des Jahres 2013 basieren auf den bewilligten Zahlen. Die Anzahl der Lehrgänge wird erst mit dem Projektstammblatt übermittelt, welches zum Verwendungsnachweis nach Förderlaufzeitende eingereicht wird. Im Jahr 2005 wurde die ÜLU im Zuge von Mittelumschichtungen komplett über ESF-Mittel finanziert. Die Umschichtung ergab sich im Laufe des Förderzeitraums. Im Zuwendungsbescheid waren zunächst Landesmittel vorgesehen. Für die Jahre 2005 - 2007 (Förderperiode ASH 2000) stehen nur die jeweiligen Summen der durchgeführten Teilnehmerstunden zur Verfügung. Die Verteilung auf Grund- und Fachstufe der Jahre 2005 - 2007 basiert auf dem Durchschnittswert der Jahre 2008 – 2012. 8. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass für jeden Lehrling eine breite ein- heitliche Grundausbildung und die Anpassung an den technischen Fortschritt mit den vorhandenen Haushaltsmitteln sichergestellt werden konnte und zukünftig sichergestellt werden kann? Wenn ja, wie konkret? Wenn nein, warum nicht? In der Vergangenheit konnten unter Einsatz von Landesmitteln und Mitteln des ESF die Kosten für die Handwerksunternehmen in einem Rahmen gehalten werden , der auch Kleinstunternehmen ermöglicht, das Angebot der ÜLU zur Nachwuchsausbildung zu nutzen. Auf diesem Wege wurde eine breite und einheitliche Ausbildung im Handwerk sichergestellt. Auch für die Zukunft ist das Ziel, dies zu gewährleisten, indem Landesmittel und Mittel des ESF genutzt werden. Für den Einsatz des ESF in Schleswig-Holstein sind die Planungen noch nicht abgeschlossen, da der Europäische Finanzrahmen und in der Folge die Mittelverteilung des ESF innerhalb der Europäischen Union und auch innerhalb Deutschlands nicht abschließend fest stehen. 9. Wie beurteilt die Landesregierung die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) des Handwerks, zukunftorientierte und qualifizierte Ausbildung flächendeckend in Schleswig-Holstein zu gewährleisten? Die wirtschaftliche Struktur in Schleswig-Holstein ist geprägt von vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Insbesondere im Handwerksbereich wiegt diese Struktur vor. Hoch ist hier vor allem die Zahl der Kleinbetriebe, 92 Prozent der Unternehmen im Handwerk sind solche mit weniger als 20 Beschäftigten (Handwerkszählung 2009 des Statistischen Amtes für Hamburg und SchleswigHolstein ). Viele der kleinen Handwerksbetriebe sind aufgrund ihrer Spezialisierung nicht in der Lage, die erforderliche Bandbreite der in den Ausbildungsordnungen geforderten Inhalte abzudecken und könnten damit ohne die ÜLU keine Ausbildungsplätze einrichten. Hier scheitert es neben den notwendigen Kompetenzen ebenfalls an der technischen Ausrüstung der Betriebe. Mit der ÜLU wird die betriebliche Aus- Drucksache 18/957 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 18. Wahlperiode 6 bildung dort ergänzt, wo die geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten am Ausbildungsort nicht oder nicht im vollen Umfang vermittelt werden können. Mit der ÜLU werden die technischen Voraussetzungen für eine zukunftsorientierte und qualifizierte Ausbildung flächendeckend in Schleswig-Holstein erst geschaffen. Mit ihr wird ein potentielles Gefälle zwischen der Ausbildungsqualität in den einzelnen Ausbildungsbetrieben ausgeglichen. 10. Auf welcher Bemessungsgrundlage erfolgt eine Bezuschussung aus Landesmitteln zu den Lehrgangskosten und zu den Unterbringungskosten? Die Bewilligung erfolgt auf Grundlage der Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein im Rahmen des Zukunftsprogramms Arbeit (Rahmenrichtlinie Prioritätsachse B) sowie den ergänzenden Förderkriterien „Förderung überbetriebliche Lehrlingsunterweisung im Handwerk“ vom 22. März 2010. Zuwendungsfähig sind die im Zusammenhang mit der ÜLU stehenden Personalausgaben , Sachausgaben der Lehrlingsunterweisung, lehrgangsbezogene Gemeinkosten sowie Ausgaben für die Unterbringung in Internaten und für die Verpflegung . Bemessungsgrundlage ist die je Doppelstunde ermittelte Teilnehmerstundenpauschale , die ab 2008 auf der Grundlage der zuwendungsfähigen Ausgaben durch das Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik an der Universität Hannover (HPI) in Form eines Gutachten ermittelt wurde. Die Pauschale beträgt 8,56 € je Teilnehmerstunde.