SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1055 19. Wahlperiode 2018-11-22 Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Frank Brodehl (AfD) und Antwort der Landesregierung - Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schulkinowochen, Dokumentarfilm „Wildes Herz“ Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen der Schulkinowochen 2018 werden von verschiedenen Schulen in Schleswig-Holstein Klassenausflüge geplant, um den Dokumentarfilm „Wildes Herz“ anzuschauen. Im Begleitmaterial, das zu dem Film online zur Verfügung steht, wird dieser als Beispiel für Zivilcourage und politisches Engagement gegen Rechtsradikalismus empfohlen. Im Mittelpunkt des Filmes steht der Sänger der Band „Feine Sahne Fischfilet“, Jan Gorkow, der sich politisch vor allem gegen Rechtsradikalismus , aber auch gegen den Staat und seine Organe wendet. Als Beispiel für letzteres dient folgendes Zitat aus dem Song „Staatsgewalt“: „Die Bullenhelme - sie sollen fliegen . Eure Knüppel kriegt Ihr in die Fresse rein.“ 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass im Rahmen der in Schleswig-Holstein stattfindenden Kinoschulwochen 2018 der Film „Wildes Herz“ Schülern ab der 9. Klasse vorgeführt wird? Drucksache 19/1055 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Antwort: Der Landesregierung ist bekannt, dass sich der Dokumentarfilm „Wildes Herz“ im Angebotspool der bundesweiten und von der Bundesregierung mitfinanzierten Schulkinowochen befindet. Das Projektbüro der „Schulkinowoche Schleswig-Holstein“ hat den mit Prädikat „Besonders Wertvoll“ ausgezeichneten Film Kinobetreiberinnen und Kinobetreibern angeboten. In vier Spielorten in Schleswig-Holstein soll der Film nach derzeitigem Stand im Rahmen der Schulkinowoche Schleswig-Holstein vom 26. bis 30. November vorgeführt werden. 2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass im Rahmen der in Schleswig-Holstein stattfindenden Kinoschulwochen 2018 der Film „Wildes Herz“ Schülern ab der 9. Klasse vorgeführt wird - insbesondere unter dem Aspekt betrachtet, dass in diesem Film der Sänger Jan Gorkow in einer Weise portraitiert wird, die seine gewaltverherrlichenden Texte gänzlich unkommentiert lässt und in keiner Weise wertend einordnet? Antwort: Entgegen der Annahme des Fragestellers werden Äußerungen des Leadsängers durch Kommentare von Zeitzeugen und Weggefährten relativiert und eingeordnet. Darüber hinaus wird ein Film im Rahmen der Schulkinowoche nicht lediglich vorgeführt . Er ist vielmehr Gegenstand einer unterrichtlichen Vor- und Nachbereitung, für die entsprechendes pädagogisches Begleitmaterial zur Verfügung steht, anhand dessen eine kritische Reflexion stattfindet. 3. Wie bewertet die Landesregierung, dass der Film „Wildes Herz“ Lehrern und Schülern gegenüber mit Werbetexten beworben wird, in denen „Wahlerfolge der AfD“ in einem Atemzug genannt werden mit „Rechtsextremismus“ und „Rassismus “? Antwort: Der Landesregierung ist die Kurzbeschreibung des Films bekannt, die die Bundesagentur Vision Kino gGmbH den Landesprojektbüros zur Verfügung gestellt hat. Sie macht sich die darin getroffenen Aussagen nicht zu Eigen. Soweit nach Kenntnis der Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1055 3 Landesregierung eine Schule in einem Informationsschreiben einen Textbaustein aus dieser Kurzbeschreibung verwendet hat, ist darauf mit einem schulaufsichtlichen Hinweis auf das Neutralitätsgebot gemäß § 4 Abs. 12 SchulG reagiert worden. 4. Ist die Vorführung des Films „Wildes Herz“ im Rahmen einer schulischen Pflichtveranstaltung aus Sicht der Landesregierung mit dem Beutelsbacher Konsens in Einklang zu bringen? Falls ja, warum, falls nein, warum nicht? Antwort: Der „Beutelsbacher Konsens“ verpflichtet Lehrkräfte nicht zur Wertneutralität. Politik und politisch kontroverse Diskussionen sind gewollte und gesetzmäßige Inhalte schulischen Unterrichts. Denn es gehört mit zu dem Auftrag von Schule, junge Menschen auf ihre aktive Teilhabe in einem freiheitlichen demokratischen Staat vorzubereiten und sie zu befähigen, darin Verantwortung zu übernehmen. Diesem Auftrag entsprechen Schulen nach Auffassung der Landesregierung, wenn im Rahmen des Unterrichts der Dokumentarfilm „Wildes Herz“ vorgeführt wird und eine kritische Auseinandersetzung erfolgt. Denn dem Gebot politischer Neutralität steht nicht entgegen , Unterricht und sonstige schulische Veranstaltungen so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, eine eigene Meinung unter kritischer Abwägung unterschiedlicher Standpunkte zu entwickeln. Die Schulen entscheiden in eigener Verantwortung, ob sie an den Schulkinowochen teilnehmen. Wenn sie teilnehmen, so gilt dies als unterrichtliche Veranstaltung, weil die Schulkinowochen einem schulischen Bildungszweck dienen und die Filmvorführung - wie in Antwort zu Frage 2 dargelegt - in eine pädagogische Konzeption der unterrichtlichen Vor- und Nachbereitung eingebunden ist.