SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1264 19. Wahlperiode 2019-03-01 Kleine Anfrage der Abgeordneten Doris Fürstin v. Sayn-Wittgenstein und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration Weibliche Genitalverstümmelungen in Schleswig-Holstein Die Organisation „Terre des Femmes“ veröffentlicht jährlich die „Dunkelzifferstatistik weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland“ (https://www.frauenrechte.de/online/images/downloads/fgm/TDF-Dunkelzifferstatistik- 2018-Bundeslaender.pdf). Demnach sind in Schleswig-Holstein 1.624 Frauen und Mädchen als „Betroffene“ geführt, 399 als „Gefährdete“. 1. Ist der Landesregierung diese Statistik bekannt? 1.1. Wie erklärt die Landesregierung die signifikanten Unterschiede in den von „Terre des Femmes“ vorgelegten Zahlen und den von der Landesregierung als Antwort auf meine Anfragen vom 6. März 2018 (http://www.doris-von-saynwittgen - stein.de/fileadmin/user_upload/kleine_anfragen/2018/20180306_Anfrag e_19_543_Genitalverstuemmelungen.pdf) und vom 11. Dezember 2018 (http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl19/drucks/01000/drucksache- 19-01076.pdf) dargestellten Fallzahlen? Antwort: Die von der Organisation „Terre des Femmes“ geschätzten Dunkelziffern basieren auf folgenden Grundannahmen: „‘Vermutlich Gefährdete‘ sind alle minderjährigen weiblichen Personen mit der jeweiligen Staatsbürgerschaft, die laut statistischem Drucksache 19/1264 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Bundesamt derzeit in Deutschland leben, „Vermutlich Betroffene“ sind die entsprechenden Volljährigen.“1 „In Ermangelung statistischer Daten und fundierter Schätzungen gehen wir davon aus, dass sich die Zahl der Gefährdeten und Betroffenen pro Generation halbiert.“2 „Weil das statistische Bundesamt ebenso wie die Erhebungen von UNICEF mit der Kategorisierung nach Staatsbürgerschaften arbeiten , obwohl die weibliche Genitalverstümmelung aufgrund der ethnischen Identität praktiziert wird, können die errechneten Zahlen gerade bei Ländern mit geringer Verbreitungsquote weit von der Realität abweichen.“3 Bei den seitens der Organisation „Terre des Femmes“ vorgelegten Zahlen handelt es sich mithin um eine geschätzte Dunkelziffer, die, wie in dem Dokument selber dargestellt, weit von der Realität abweichen kann. Die seitens der Landesregierung vorgelegten Zahlen basieren dagegen auf Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein. Sie erfasst nur diejenigen Fälle, in denen eine ambulante Behandlung auf Grund einer Genitalverstümmelung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt wurde. Diese Zahlen bleiben naturgemäß hinter den Zahlen der tatsächlich in Schleswig-Holstein betroffenen Frauen zurück. 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Genitalverstümmelungen in Schleswig-Holstein präventiv zu verhindern bzw. zu bekämpfen? 2.1. Existieren in Schleswig-Holstein Beratungsstellen für gefährdete und betroffene Frauen/Mädchen? 2.2. Falls ja, welche? 2.3. Falls ja: Werden diese von der Landesregierung gefördert? Antwort: Spezielle Beratungsstellen, die auf von Genitalverstümmelungen gefährdete und betroffene Frauen und Mädchen spezialisiert sind, existieren in Schleswig-Holstein nicht. In jedem Kreis und in jeder kreisfreien Stadt gibt es jedoch von der Landesregierung geförderte Frauenberatungsstellen und Notrufe, an die sich Frauen, die von (sexueller) Gewalt betroffen sind, wenden können. Die Kontaktdaten sind auf der Seite des Landesverbandes Frauenberatung S-H e.V. (www.lfsh.de) zu finden. 1 Quelle: TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V., Dunkelzifferstatistik zu weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland, 2018, Seite 2. 2 Quelle: TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V., Dunkelzifferstatistik zu weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland, 2018, Seite 2. 3 Quelle: TERRE DES FEMMES Menschenrechte für die Frau e.V., Dunkelzifferstatistik zu weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland, 2018, Seite 2. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1264 3 3. Gibt es in Schleswig-Holstein Krankenhäuser oder ähnliche Einrichtungen, die auf die Behandlung von Genitalbeschneidungen betroffene Frauen/Mädchen spezialisiert sind? Antwort: Ein Krankenhaus, das auf die Behandlung von weiblichen Genitalbeschneidungen spezialisiert ist, existiert in Schleswig-Holstein nicht. Es existieren jedoch diverse Krankenhäuser mit gynäkologischen und chirurgischen Abteilungen , in denen die betroffenen Frauen und Mädchen behandelt werden können .