SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/128 19. Wahlperiode 2017-08-14 Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Kai Dolgner (SPD) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation Am 30.05.2017 teilte das Landespolizeiamt in einer Presseinformation zur Dienstversammlung der Führungskräfte der Landespolizei die folgende Aussage des Direktors des LKA, Thorsten Kramer mit: „Zur aktuellen Fragestellung einer Zeitung, ob Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation ohne richterliche Anordnung oder Bestätigung durchgeführt wurden, ist festzuhalten, dass vor der Durchführung einer solchen Überwachungsmaßnahme umfangreiche Prüfungen erfolgen. So sind mindestens zwei Organisationen und mindestens vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.“ 1. Welche Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation kann die Landespolizei ohne richterliche Anordnung oder Bestätigung grundsätzlich durchführen ? (Bitte jede Maßnahmenart mit der entsprechenden Rechtsgrundlage versehen) Antwort: Keine. Die Durchführung von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) seitens der Landespolizei bedarf immer einer richterlichen Zustimmung in Form einer Anordnung oder nachträglichen Bestätigung. Drucksache 19/128 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 2. Wie sind die oben genannten umfangreichen Prüfungen ausgestaltet? Welche Organisationen sind beteiligt? Antwort: In Strafermittlungsverfahren wird durch die polizeiliche Sachbearbeitung bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft die Durchführung entsprechender Maßnahmen angeregt. Sofern die Staatsanwaltschaft nach eigener Prüfung die polizeiliche Anregung mitträgt, wird durch die Staatsanwaltschaft ein entsprechender Antrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Bei polizeilichen TKÜ-Maßnahmen auf Grundlage des Gefahrenabwehrrechts erfolgt die Beantragung der richterlichen Beschlüsse bzw. der unverzüglich einzuholenden Bestätigung von bei Gefahr im Verzuge ergangenen polizeilichen Anordnungen unmittelbar durch die Polizei beim zuständigen Amtsgericht . Die Umsetzung der TKÜ-Maßnahme erfolgt bei der TKÜ-Dienststelle des Landes im Landeskriminalamt (LKA). Dort wird die formale Richtigkeit der Anweisung geprüft und der Eingang des Beschlusses im Tagebuch erfasst. Durch einen weiteren Mitarbeiter werden die technischen Parameter in der TKÜ- Anlage erfasst und der Beschluss an den Netzbetreiber übersandt. Durch diesen erfolgt eine weitere Prüfung, bei welcher die Rechtsgrundlage abgeglichen wird. Die Aufschaltung wird dann durch den Netzbetreiber durchgeführt. Die Auswertung der Telefonüberwachung erfolgt nicht in der TKÜ-Dienststelle. Die Inhalte werden an die für die Sachbearbeitung des Falles zuständige Stelle weitergeleitet. Die abschließende Kontrolle erfolgt bei der Entschädigung des Netzbetreibers, die durch einen weiteren Mitarbeiter der TKÜ-Dienststelle frei gegeben werden muss und nur erfolgen kann, wenn die Dokumentation vollständig vorhanden ist. 3. Wurden oder werden solche oben genannte Maßnahmen seit 2010 gegen Beamte oder Mitarbeiter im Geschäftsbereich des Innenministeriums inkl. aller Polizeibehörden durchgeführt? Antwort: Nein. Es wurden oder werden seit 2010 keine Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation ohne richterliche Anordnung oder Bestätigung gegen Beamtinnen und Beamte oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Geschäftsbereich des Innenministeriums einschließlich aller Polizeibehörden durchgeführt . Auf die Antwort zu Frage 1 wird insoweit verwiesen. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/128 3 4. Waren Abgeordnete, Anwälte oder Journalisten als Dritte betroffen? Antwort: Entfällt, da entsprechende Maßnahmen nicht durchgeführt wurden. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Grundsätzlich kann bei Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung die Kommunikation jedes Bürgers mitgezeichnet werden, der mit dem Überwachten in Kontakt tritt. Der TKÜ-Dienststelle werden lediglich bei der Einrichtung der Überwachungsmaßnahme die Klardaten des zu Überwachenden bekannt . Die Gesprächsdaten werden im Sinne einer „Auftragsdatenverarbeitung “ an die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung und damit auch an die Staatsanwaltschaft ausgeleitet. Von dort müssen die betroffenen Rufnummern Dritter ausgelesen und bewertet werden. 5. Könnte ein Abgleich von ohnehin vorliegenden Einzelverbindungsdaten dienstlicher Telefonanschlüssen mit Telefonnummern z.B. von Journalisten, Anwälten oder Landtagsabgeordneten ohne richterliche Anordnung oder Bestätigung durchgeführt werden? Antwort: Einzelverbindungsdaten dienstlicher Telefonanschlüsse werden seit dem 01.01.2010 nicht mehr für dienstliche Gespräche gespeichert. Bei als privat angemeldeten Telefongesprächen wurden zur Abrechnung bis zum 30.03.2011 durch den Service-Anbieter Einzelverbindungsdaten gespeichert und die erstellten Einzelverbindungsnachweise durch den Dienstleister verschlossen /persönlich zur Abrechnung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übersandt. Verbindungsgebühren für Privatgespräche im öffentlichen Telefonnetz werden im Land Schleswig-Holstein seit dem 01.04.2011 im Rahmen einer Flatrate abgegolten, so dass seitdem überhaupt keine Speicherung von Verbindungsdaten durch den Dienstleister mehr erfolgt. Auf den Telefonendgeräten werden ausschließlich lokal Anruferlisten im „flüchtigen“ Speicher vorgehalten, die durch den Nutzer gelöscht werden können ; ein zentraler Zugriff auf diese Daten ist nicht möglich.