SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1397 19. Wahlperiode 2019-04-10 Kleine Anfrage des Abgeordneten Volker Schnurrbusch (AfD) und Antwort der Landesregierung – Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung "Landgrabbing" in Schleswig-Holstein Die Kauf- und Pachtpreise landwirtschaftlicher Flächen erreichen deutschlandweit Höchststände. Unter dem Einfluss hoher Margen durch erneuerbare Energien werden viele dieser Flächen nicht für die Kultivierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse genutzt. Beim Bieterverfahren für neue Flächen haben vor Ort ansässige Landwirte oft das Nachsehen, weil der hohe Bodenpreis nicht mit der erwarteten Produktivität zu rechtfertigen ist. 1. Wie haben sich die Pachtpreise in den letzten zehn Jahren in Schleswig-Holstein entwickelt (bitte nach Landkreisen und nach Gesamtzahl der Betriebe aufschlüsseln )? Die Entwicklung der Pachtpreise kann der Tabelle 1 entnommen werden. Diese Daten entstammen den Agrarstrukturerhebungen der Jahre 2007, 2013 und 2016 sowie der Landwirtschaftszählung 2010. Eine Aufschlüsselung nach Kreisen sieht die amtliche Statistik nicht vor. Ab 2010 werden die Pachtpreise der Hauptnaturräume ausgewiesen , siehe Tabelle 1. Die Pachtpreise sind in allen Hauptnaturräumen angestiegen . Drucksache 19/1397 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Tabelle 1: Durchschnittliche Pachtentgelte je Hektar1 LF in Schleswig-Holstein 2007, 2010, 2013 und 2016 nach Naturräumen in Euro/ ha LF und Anzahl der Betriebe insgesamt 2 Pachtpreis/Anzahl der Betriebe insgesamt Schleswig- Holstein Marsch Hohe Geest Vorgeest Hügelland 2007a Euro/ ha LF 260 X X X X Betriebe 15.179 X X X X 2010 Euro/ ha LF 294 324 262 271 310 Betriebe 14.123 2.137 4.650 2.401 4.935 2013 Euro/ ha LF 363 388 327 355 381 Betriebe 13.300 2.000 4.400 2.200 4.700 2016 Euro/ ha LF 428 431 400 425 448 Betriebe 12.716 1.962 4.167 2.132 4.455 1 Ohne gepachtete Fläche Eltern, Ehegatten und sonstigen Verwandten und Verschwägerten des Betriebsinhabers (Betriebe der Rechtsform Einzelunternehmen) 2 Inklusive flächenloser Viehbetriebe, Zahlen für 2013 gerundet, da repräsentative Erhebung a Werte auf Naturraumebene liegen für 2007 nicht vor, zu Vergleichszwecken ist der Wert von 2007 an die aktuellen Erfassungsgrenzen angepasst. ha = Hektar LF = Landwirtschaftlich genutzte Fläche X = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein Aufgeschlüsselt nach Kreisen werden seit 2017 im sog. Pachtpreisspiegel (https://www.schleswighol - stein.de/DE/Schwerpunkte/Agrarstatistik/ZahlenFakten/agrarstruktur_Dossier.html?cms_notFirst=true &cms_docId=1838908) die Preise von Neupachten (also ohne Bestandspachten) bezogen auf die Jahre 2015/2016 und 2016/2017 veröffentlicht, siehe Tabelle 2. Nach nur zwei Auswertungen lassen sich hieraus noch keine generell belastbaren Aussagen zur Preisentwicklung ableiten. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1397 3 Tabelle 2: Pachtpreise der gesamten landwirtschaftlichen Flächen in Schleswig-Holstein für 2015/2016 und 2016/2017 in den Kreisen Regionale Einheit Pachtpreis je ha gesamte landwirtschaftliche Fläche in EUR/ha Pachtpreis je ha gesamte landwirtschaftliche Fläche in EUR/ha Mittelwert Mittelwert Dithmarschen 436 419 Herzogtum Lauenburg 376 . Nordfriesland 509 498 Ostholstein 463 500 Pinneberg 375 375 Plön 483 476 Rendsburg-Eckernförde 478 463 Schleswig-Flensburg 541 513 Segeberg 381 401 Steinburg 452 . Stormarn 413 429 Schleswig-Holstein 463 455 Berechnungen Statistikamt Nord; Datengrundlage: LLUR . Zahlenwert unbekannt oder geheim zu halten 2.a) Wie viele Unternehmen, die nicht aus dem Agrarsektor stammen, haben nach Kenntnis der Landesregierung in Schleswig-Holstein landwirtschaftliche Flächen gepachtet oder besitzen landwirtschaftliche Flächen? b) Aus welchen Branchen stammen die in Frage 2a) nachgefragten Unternehmen (bitte Flächengröße pro Unternehmen und Branche aufschlüsseln)? c) Aus welchen Staaten stammen die in Frage 2a) nachgefragten Investoren und wie viele von diesen befinden sich im Eigentum einer ausländischer Regierung? d) Welcher Prozentsatz der in Frage 2a) nachgefragten landwirtschaftlich verpachteten Flächen dient der Landnutzung für Biogasanlagen und Ausgleichsflächen? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Drucksache 19/1397 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 4 3. Plant die Landesregierung Maßnahmen, um den Ankauf landwirtschaftlicher Nutzflächen in Schleswig-Holstein durch finanzstarke, aber agrar-fremde Unternehmen zu erschweren? Wenn ja, welche? Wenn nicht, warum nicht? Aufgrund des geltenden Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) ist bereits jetzt der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen von mehr als 2 ha genehmigungspflichtig. Der Erwerb durch „agrar-fremde Unternehmen“ stellt grundsätzlich eine Gefährdung der Agrarstruktur dar, die nur dann genehmigt wird, wenn es keinen landwirtschaftlichen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb gibt, der diese Flächen erwerben will. Die Landesregierung ist sich bewusst, dass es Umgehungsmöglichkeiten beim Grundstückserwerb durch Nichtlandwirte gibt. Die Landesregierung behält sich daher vor, zu reagieren und gegebenenfalls auch die Einbeziehung sogenannter share-deals, also den sogenannten Anteilserwerb, zu regeln, wenn die Entwicklung des landwirtschaftlichen Bodenmarktes in Schleswig-Holstein dies erfordert. Anders als in anderen Bundesländern spielt auf dem Bodenmarkt in Schleswig- Holstein ein solcher Anteilserwerb derzeit keine Rolle. Die Landesregierung plant deshalb derzeit nicht, das GrdstVG zu ändern. 4. Wird der Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen in Schleswig-Holstein gemäß Grundstückverkehrsgesetz regelmäßig behördlich genehmigt? Die Veräußerung von landwirtschaftlichen Flächen größer als 2 ha unterliegt nach dem Grundstücksverkehrsgesetz der Genehmigungspflicht. Eine Genehmigung erfolgt regelmäßig, wenn diese Flächen von einem Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt erworben werden. 5. Bei wie viel Prozent aller Verkäufe von landwirtschaftlichen Flächen in Schleswig- Holstein zwischen 2010 und 2018 nahmen regional ansässige Landwirte ihr Vorkaufsrecht wahr? Ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht besteht nicht generell bei allen Verkäufen von landwirtschaftlichen Flächen, sondern nur dann, wenn Nicht-Landwirte solche Flächen erwerben wollen. Tabelle 3: Anteil der Verträge mit Nichtlandwirten, bei denen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde Jahr %-Anteil der Verträge mit Nicht-Landwirten, bei denen das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde 2010 21, 7 % Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1397 5 2011 44 % 2012 27,5 % 2013 18 % 2014 14,6 % 2015 13 % 2016 3,8 % 2017 7 % 2018 10,6 % Absolut gesehen hat sich die Zahl der ausgeübten Vorkaufsfälle nicht signifikant verringert , z.B. wurde 2010 in 13 Fällen das Vorkaufsrecht ausgeübt und 2018 in 12 Fällen . Gestiegen ist in dem o.g. Zeitraum die absolute Anzahl der Kaufverträge durch Nicht-Landwirte (von 60 im Jahre 2010 auf 113 im Jahre 2018).