SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1408 19. Wahlperiode 19-04-16 Kleine Anfrage des Abgeordneten Volker Schnurrbusch (AfD) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Wirtschaftliche Folgen des Brexits für Schleswig-Holstein Vorbemerkung des Fragestellers: In einer aktuellen Studie zu den ökonomischen Folgen des "Brexits" für die Länder und Regionen der EU prognostiziert die Bertelsmann Stiftung für die Bundesrepublik Deutschland im Fall eines harten "Brexits" Einkommensverluste von jährlich 9,5 Milliarden Euro. Die Einkommensverluste bei einem weichen "Brexit" werden mit jährlich fünf Milliarden Euro prognostiziert. Weiter vertritt die Bertelsmann Stiftung die Auffassung , dass der "Brexit" sich besonders in den Regionen der EU mit einem hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen negativ auswirken wird. 1. Wie beurteilt die Landesregierung den Untersuchungsansatz der Bertelsmann Stiftung, die wirtschaftlichen Folgen des "Brexits" unter Verwendung des sog. „Gravitationsmodells“ zu bewerten, das Marktgröße und Entfernung von Handelspartnern in Simulationen von Handelsströmen berücksichtigt? Antwort: Das Gravitationsmodell ist ein gängiges, einfaches Modell der Außenhandelstheorie zur Beschreibung von Handelsvolumina zwischen Volkswirtschaften. Danach hängen die Handelsströme positiv vom Bruttoinlandsprodukt der beteiligten Länder und negativ von den Handelskosten ab. Komplexere Modellvarianten berücksichtigen auch die Wirtschaftsstruktur (Anteil nicht-handelbarer Güter an der gesamten Wertschöpfung). Der Effekt von Änderungen am Außenhandelsregime kann mit dieser Modellklasse gut simuliert werden, indem die Parameter geeignet kalibriert werden. Hierin besteht aber aus Sicht der Landesregierung die Schwierigkeit dieser Modellklassen, denn bei tiefgreifenden Veränderungen, die nicht nur die Handelspolitik, sondern die gesamte Rechtssetzung betreffen, ist die korrekte Drucksache 19/1408 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Schätzung der Parameter aus statistischen Gesetzmäßigkeiten der Vergangenheit problematisch; zudem werden nicht-handelsbezogene Wohlfahrtseffekte nicht abgebildet. Die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie werden deshalb von der Landesregierung nur als Hinweis auf die ungefähre Größenordnung der wirtschaftlichen Effekte des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU gewertet . 2. Lassen sich die dem unter Ziff. 1 genannten „Gravitationsmodell“ zugrunde liegenden Komponenten auf die volkswirtschaftliche Situation Schleswig-Holsteins übertragen und liegen der Landesregierung hierzu eigene Untersuchungsergebnisse vor? Antwort: Im Prinzip wäre es möglich, die Außenhandelsströme für Schleswig-Holstein mit einem Gravitationsmodell zu beschreiben. Der Landesregierung liegen keine solchen Untersuchungen vor. 3. Mit welchen volkswirtschaftlichen Untersuchungsmethoden prüft die Landesregierung die Auswirkungen des Brexits auf die Wirtschaft Schleswig-Holsteins und wodurch unterscheiden sich diese gegebenenfalls von dem der Bertelsmann-Studie zugrunde liegenden „Gravitationsmodell“? Antwort: Die Landesregierung hat keine eigenen Untersuchungen zu den erwarteten Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU auf Schleswig- Holstein angestellt. 4. Welche Auswirkungen des "Brexits" prognostiziert die Landesregierung für die mittelständische Wirtschaft und die Landwirtschaft Schleswig-Holsteins? Antwort: Die Landesregierung hat keine Prognose zu den Auswirkungen des Brexits auf die mittelständische Wirtschaft in Schleswig-Holstein erstellt. Die Task Force Brexit beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus und der Brexit-Koordinator informieren und beraten Unternehmen und Arbeitnehmer aus Schleswig-Holstein, die vom Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU betroffen sind. Im Bereich Landwirtschaft stellt sich auch für Schleswig-Holstein die im Einzelnen noch ungeklärte Situation bei der fristgerechten Aushandlung entsprechender Veterinärzertifikate für die Ein- und Ausfuhr lebender Tiere, tierischer Produkte und Nebenprodukte. Da sich in Schleswig-Holstein keine Grenzkontrollstellen dafür befinden, wäre Schleswig-Holstein aber nur mittelbar im Rahmen der Beteiligung bei Einfuhrgenehmigungen betroffen. Auch die Pflicht zur Ausstellung von Pflanzengesundheitszeugnissen im Drittlandshandel mit Großbritannien wird einen noch schwer zu bemessenden Mehraufwand bedeuten. Soweit es den Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes betrifft, wird derzeit kein konkreter, d.h. quantifizierbarer erheblicher Mehraufwand für die Lebensmittelüberwachungsbehörden für den Fall eines harten Brexits gesehen.