SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1659 19. Wahlperiode 19-09-09 Kleine Anfrage der Abgeordneten Martin Habersaat und Kai Vogel (SPD) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus HVV-Tarife 1. Ist die Aussage zutreffend, dass das Land Schleswig-Holstein und die Nah.SH den Standpunkt vertreten, lange Fahrtstrecken würden im HVV zu günstig bepreist ? (siehe z.B. Hamburger Abendblatt vom 20. August 2019) Antwort: Ja. 2. Wenn ja, wie begründet die Landesregierung diese Auffassung gegenüber HVV-Kunden, die auf Fahrkarten außerhalb der Tarifzonengrenze „Hamburg AB“ bzw. die Tarifzonenkarte 3,4 oder 5 angewiesen sind? Antwort: Die Begründung liegt in der Tarifgerechtigkeit. Ein Beispiel: Bargteheide liegt fast genau in der Mitte zwischen Hamburg und Lübeck, im Ring „C“ des HVV-Gebiets. Eine Einzelfahrkarte nach Hamburg (HVV-Tarif) kostet 5,40 €. Eine Einzelfahrkarte nach Lübeck (SH-Tarif) kostet hingegen 8,80 €. Eine Jahreskarte nach Hamburg kostet 89,50 € im Monat, nach Lübeck 149,17 €. Dieses Beispiel macht deutlich, dass für eine annähernd gleiche Leistung unterschiedlich viel gezahlt werden muss (Verletzung der Tarifgerechtigkeit). Hinzu kommt, dass die Kosten für den Auftraggeber (Land Schleswig-Holstein ) auch annähernd gleich sind, da aber auf der Strecke nach Hamburg we- Drucksache 19/1659 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 niger Geld vom Kunden eingenommen wird, ist der Zuschussbedarf an Steuermitteln höher, als auf der Strecke nach Lübeck. Die Fahrt nach Hamburg wird vom Steuerzahler also höher subventioniert als die Fahrt nach Lübeck. Warum ist dies so? Der HVV-Tarif als Metropoltarif hat insgesamt eine höhere Ergiebigkeit als der SH-Tarif als Flächentarif. Im Hamburger City-Bereich liegt der Modal Split bei 22%, also wird mehr als jede fünfte Fahrt mit dem ÖPNV zurückgelegt. Auf kurzen Strecken ist der HVV-Tarif relativ teuer. So kostet eine einfache Fahrt vom Hauptbahnhof zum Flughafen 3,30 €. Eine vergleichbar lange Strecke im SH-Tarif wäre eine Fahrt von Kiel nach Flintbek für 3,20 €. Da im Hamburger City Bereich aber wesentlich mehr Fahrgäste unterwegs sind, werden hier auch deutlich mehr Einnahmen generiert, so steigt die Tarifergiebigkeit im Gesamttarif, obwohl längere Reisereichweiten deutlich günstiger sind als im SH-Tarif. Der SH-Tarif ist aber ein Tarif für das ganze Land, also auch für die weniger nachgefragten Verbindungen in dünn besiedelten Regionen. ÖPNV ist Daseinsvorsorge und muss auch in diesen Gegenden bezahlbar bleiben. Auf der anderen Seite müssen aber auch ausreichend Einnahmen generiert werden, um ein attraktives Angebot dort bieten zu können. Von dem Metropoleffekt Hamburgs profitieren die Aufgabenträger in Schleswig -Holstein nicht. Die Angebote mit hoher Tarifergiebigkeit (City) werden größtenteils von der Hamburger Hochbahn und der S-Bahn Hamburg erbracht . Die vier Schleswig-Holsteinischen HVV-Kreise und das Land müssen die günstigen HVV-Langstreckenpreise mit relativ hohen Steuergeldern subventionieren . Von einer Anhebung der Preise im HVV für die längeren Strecken würden also alle steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein profitieren , da der Zuschussbedarf sinken würde. 3. Welche Position vertritt die Landesregierung in der Diskussion um eine grundsätzliche Tarifstrukturreform des HVV? Antwort: Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, eine Tarifallianz mit Hamburg anzustreben mit fairen Tarifzonen. Mit einer Tarifreform im HVV sollte deshalb erreicht werden, dass sich der SH-Tarif und der HVV-Tarif weiter annähern. Dazu gehört auch, die Tarifentwicklung innerhalb Hamburgs (Ringe A/B, dazu gehören in Schleswig-Holstein Wedel, Pinneberg, Norderstedt, Ahrensburg und Reinbek) und die Tarifentwicklung in den anderen Regionen des Landes weitestgehend adäquat und differenziert anzupassen, unabhängig ob im HVV Tarif oder im SH-Tarif Weiterhin sollte Schleswig-Holstein wieder selbst über die Tariferlöse im ÖPNV auf seinem Gebiet bestimmen dürfen. In der jetzigen Konstellation entscheidet letztendlich die Bürgerschaft in Hamburg über ca. 22% der im SPNV Schleswig-Holstein anfallenden Tariferlöse. Am ehesten wäre dies mit einer norddeutschen Tarifallianz zu erreichen, in der die Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen für ihren gemeinsamen Verkehrsraum ein tragfähiges Tarifkonzept entwickeln. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1659 3 Sowohl in Schleswig-Holstein als auch im HVV werden derzeit die Tarifkonstruktionen kontrovers diskutiert, dies sollte genutzt werden, um die Tarifallianz auf den Weg zu bringen.