SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/1670 19. Wahlperiode 13.09.2019 Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Raudies (SPD) und Antwort der Landesregierung - Finanzministerium Unterjährige Liquiditätssicherung durch Mittel aus Sondervermögen Vorbemerkung der Fragestellerin In den Antworten auf die Kleinen Anfragen mit den Drucksachen 19/1596, 19/1595 und 19/1587 stellte die Landesregierung dar, dass zum Teil erhebliche Mittel aus den Sondervermögen MOIN.SH, Verkehrsinfrastruktur und Breitbandstrategie zur „Sicherstellung der unterjährigen Liquidität“ und zur „Vermeidung von Negativzinsen“ entnommen wurden. In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich werden bei den über die Investitionsbank Schleswig-Holstein verwalteten Sondervermögen absehbar nicht benötigte Mittel zinsbringend mehrjährig zu Festgeldkonditionen angelegt. Frei verfügbares Guthaben, das nicht durch solche Anlagen gebunden ist, wird durch das federführende Ressort abgerufen und über die Landeskasse dem allgemeinen Liquiditätsmanagement des Landeshaushaltes zugeführt . In der praktischen Umsetzung erfolgt damit zu Jahresbeginn ein Abschlag auf die im laufenden Haushaltsjahr benötigten, zweckbezogenen Mittel. Im Rahmen des Liquiditätsmanagements des Gesamthaushalts werden diese Mittel übergangsweise zur Finanzierung anderer Ausgaben des Landes genutzt. Eine abschlägige unterjährige Entnahme ist aus Gründen der Verwaltungsökonomie sinnvoll und zweckmäßig. Eine einzelfallbezogene, jeweils bedarfsgerechte Entnahme würde auf Grund der damit verbundenen Vielzahl von Buchungen sowohl bei den federführenden Ressorts als auch bei der Landeskasse und der IB.SH zu einem nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand führen. Drucksache 19/1670 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Zum Jahresende wird für jedes Sondervermögen der tatsächliche Mittelabfluss im laufenden Haushaltsjahr ermittelt. Fällt der tatsächliche Mittelabfluss geringer aus als die unterjährige Entnahme, wird die Differenz dem Sondervermögen wieder zugeführt . Sollte der aus dem Sondervermögen zu finanzierende Mittelabfluss größer als die unterjährig erfolgte Entnahme ausgefallen sein, wird ein Ausgleich durch eine entsprechende abschließende Entnahme aus dem Sondervermögen hergestellt. 1. Wurden aus weiteren als den in der Vorbemerkung genannten Sondervermögen im laufenden Jahr Mittel zur unterjährigen Liquiditätssicherung entnommen ? Wenn ja, aus welchen und in welcher Höhe? Ist eine weitere Entnahme zu diesen Zwecken aus Sondervermögen im laufenden Jahr geplant? Aus dem Sondervermögen IMPULS wurden in 2019 bisher rund 35,3 Mio. € als Abschlag auf die in 2019 erwarteten Mittelbedarfe für IMPULS-Investitionen entnommen , die auf Grund der im zugehörigen Einzelplan 16 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sowie der Einnahmen aus Kofinanzierungen bisher nicht unmittelbar für entsprechende Ausgaben benötigt wurden. Im Dezember sind weitere unterjährige Entnahmen aus eingehenden Zinserträgen und freiwerdenden Festgeldanlagen vorgesehen. Aus dem Sondervermögen ZGB wurden in 2019 bisher rund 7,2 Mio. € entnommen , denen bislang kein unmittelbarer Ausgabenbedarf gegenübersteht. Den bisher erfolgten Entnahmen aus den Sondervermögen Hochschulsanierung und PROFI stehen bereits entsprechende zweckbestimmungsgemäße Ausgaben gegenüber. 2. Wofür wurden die entnommenen Mittel genau verwendet? Das Liquiditätsmanagement sowie die Kreditfinanzierung des Landeshaushalts erfolgen nach dem sog. Gesamtdeckungsprinzip. Zentraler Aspekt ist die tageweise Bündelung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben unabhängig von der jeweiligen Zwecksetzung. Als Spitzenbetrag ergibt sich ein Liquiditätsbedarf, der mittels Kassenverstärkungskrediten gedeckt wird, bzw. ein -überschuss, der üblicherweise kurzfristig angelegt wird - jeweils zu Negativzinsen. Folglich können die Mittel aus den Sondervermögen nicht bestimmten Verwendungszwecken bzw. Ausgaben zugeordnet werden. 3. Aus welchen Sondervermögen wurden in welcher Höhe in den vergangenen fünf Jahren Mittel zur Liquiditätssicherung und zur Vermeidung von Negativzinsen entnommen? Wurden die Mittel jeweils vollständig wieder zurückgeführt ? Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/1670 3 Aus dem Sondervermögen IMPULS wurden in den letzten Jahren folgende Entnahmen als Abschlag für das jeweilige Jahr vorgenommen: 2016: 40,0 Mio. € zum Jahresbeginn; davon wurden zum Jahresende rund 11,9 Mio. € wieder zugeführt. Die Differenz (rund 28,1 Mio. €) wurde zur Finanzierung von zweckbestimmungsgemäßen Investitionen verwendet. 2017: rund 181,9 Mio. € zum Jahresbeginn; davon wurden zum Jahresende rund 119,5 Mio. € wieder zugeführt. Die Differenz (rund 62,5 Mio. €) wurde zur Finanzierung von zweckbestimmungsgemäßen Investitionen verwendet. 2018: rund 19,5 Mio. € zum Jahresbeginn; es erfolgte eine weitere Entnahme zum Jahresende in Höhe von rund 34,4 Mio. € zum Ausgleich des Einzelplans 16. Die Gesamtentnahme aus dem SV zur Finanzierung von zweckbestimmungsgemäßen Investitionen betrug insgesamt rund 53,8 Mio. €. Aus dem Sondervermögen ZGB ist eine Entnahme im Jahr 2018 als Abschlag erfolgt: 7,5 Mio. € zum Jahresbeginn; den zweckbestimmungsgemäßen Ausgaben in 2018 in Höhe von rund 3,9 Mio. € standen Einnahmen aus Zinsen und einem Grundstücksverkauf von insgesamt rund 3,5 Mio. € gegenüber, so dass zum Jahresende rund 7,1 Mio. € dem Sondervermögen wieder zugeführt wurden. Den Entnahmen aus den Sondervermögen Hochschulsanierung und PROFI stehen auch in den vergangenen Jahren jeweils zeitnahe zweckbestimmungsgemäße Ausgaben gegenüber. Aus dem Sondervermögen Breitband wurde im Jahr 2018 eine Entnahme in Höhe von rund 4,0 Mio. € als Abschlag getätigt. Davon wurden zum Jahresende rund 3,3 Mio. € wieder zugeführt. Die Differenz (rund 0,7 Mio. €) wurde zur Finanzierung von zweckbestimmungsgemäßen Ausgaben verwendet. Bei den Sondervermögen MOIN.SH und Verkehr gab es erstmalig in 2019 derartige Entnahmen. 4. In welcher Höhe wären voraussichtlich Negativzinsen auf die Guthaben angefallen , wenn die Entnahme nicht erfolgt wäre? Die Höhe der Negativzinsen (üblicherweise bezeichnet „Verwahrentgelt“) für kurzfristige Anlagen orientiert sich am Einlagensatz der EZB, der derzeit 0,40% p.a. beträgt. Aktuell werden die Kontoguthaben bei der Investitionsbank Schleswig- Holstein mit diesem Satz belastet. Ein Betrag der Zinsausgaben die angefallen Drucksache 19/1670 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 4 wären, kann nicht angegeben werden. Es bedürfte dazu für jede einzelne Buchung der exakten Ermittlung der Zeitspanne zwischen der Entnahme aus dem Sondervermögen und dem Zeitpunkt der tatsächlichen zweckbestimmungsgemäßen Ausgabe. Dies ist aufgrund der Vielzahl der Einzelausgaben allein im Einzelplan 16 - IMPULS mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln. Zusätzlich müsste zur korrekten Bewertung der daraus resultierenden tatsächlichen Mehrausgaben im zweiten Schritt geprüft werden, ob und in welcher Höhe die in den Landeshaushalt überführten Entnahmen im Zeitraum bis zur zweckbestimmungsgemäßen Ausgabe tageweise in einem Liquiditätsüberschuss enthalten waren, der ebenfalls zu Negativ-Konditionen angelegt werden musste. 5. In welcher Höhe wären voraussichtlich Zinsen und weitere Kosten angefallen, wenn die Liquiditätssicherung durch Kreditaufnahme oder auf andere Weise als die Entnahme von Mitteln aus den Sondervermögen hätte erfolgen müssen ? Die Beschaffung der liquiden Mittel für den Haushalt erfolgt durch Kreditfinanzierungen unter Berücksichtigung der Bedingungen am Kapitalmarkt. Aufgrund der begrenzten Risikotragfähigkeit des Landeshaushalts – Zinssteigerungen sind nur sehr eingeschränkt verkraftbar- haben die Finanzierungen eine Zinsbindung von mindestens fünf Jahren. Sowohl die langfristige Kapitalmarktfinanzierung als auch die kurzfristige Finanzierung bzw. Anlage der Liquiditätsspitzen basieren auf dem Gesamtdeckungsprinzip (siehe Frage 2). Eine konkrete Zuordnung zweckbezogener Mittel ist deshalb nicht möglich. Im Hinblick auf den jährlichen Finanzierungsbedarf zwischen drei bis fünf Mrd. € sind die Mittel aus den Sondervermögen angesichts der Höhe und Fristigkeit unter Kostenaspekten von nachrangiger Bedeutung.