SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/2252 19. Wahlperiode 2020-07-06 Kleine Anfrage des Abgeordneten Claus Schaffer (AfD) und Antwort der Landesregierung – Ministerin für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung Auswirkungen des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) für die Landespolizei Schleswig-Holstein Am 4. Juni 2020 wurde in Berlin das Landesantidiskrimierungsgesetz (LADG) verabschiedet . Sämtliche Landesverbände der Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußern Kritik , da dieses eine faktische Beweislastumkehr zu Ungunsten der Polizeibeamten bedeute . Polizeibeamte aus Schleswig-Holstein werden im Zuge der Amtshilfe auch in Berlin eingesetzt und unterliegen dortigen Rechtsvorschriften. Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/polizeigewerkschaftwarnt -berliner-abgeordnete-li.85020 1. Ist der Landesregierung die Kritik der Gewerkschaft der Polizei vor dem Hintergrund etwaiger Diskriminierungsvorwürfe gegen polizeiliches Handeln i. S. des Berliner LADG und der von der GdP veröffentlichten „faktischen Beweislastumkehr “ bekannt? Falls ja, wird diese Kritik seitens der Landesregierung geteilt? Bitte begründen. Antwort: Die Kritik der Gewerkschaft der Polizei zum Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz ist dem Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung bekannt. Drucksache 19/2252 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Hinsichtlich der möglichen Auswirkungen auf die Integrität und das Vertrauen in die Polizei und deren rechtstaatliches Handeln kann die Kritik geteilt werden . 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die im Berliner LADG enthaltenen Formulierungen, wonach es bei Vorwürfen, die „überwiegend wahrscheinlich “ dargelegt werden, der öffentlichen Stelle obliegt diese zu widerlegen , im Ergebnis eine Beweislastumkehr entsteht? Bitte begründen. Antwort: Das Berliner LADG sieht gem. § 7 LADG eine Vermutungsregelung vor, welche eine Beweislasterleichterung auf Klägerseite bewirkt. Werden hiernach Tatsachen glaubhaft gemacht, die das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot (§ 2) oder das Maßregelungsverbot (§ 6) überwiegend wahrscheinlich machen, obliegt es der öffentlichen Stelle, den Verstoß zu widerlegen. Für die Glaubhaftmachung der Tatsachen soll es ausreichend sein, dass das Vorliegen einer Diskriminierung wahrscheinlicher ist als deren Nichtvorliegen. Erst nach Vorbringen dieser glaubhaften Tatsachen wird die Beweislast bei der öffentlichen Stelle ausgelöst. Es handelt sich vorliegend also nicht um eine Beweislastumkehr, sondern lediglich um eine Beweiserleichterung auf Klägerseite. Nach der Gesetzesbegründung zum LADG wird sich die Anwendung der Vermutungsregelung gem. § 7 LADG nicht auf das behördliche Innenverhältnis erstrecken, so dass herkömmliche disziplinarrechtliche Anforderungen und Beweislastverteilungen unberührt bleiben. 3. Durch welche Behörde werden die Ermittlungen geführt, wenn etwaige Diskriminierungsvorwürfe i. S. des Berliner LADG im Zuge von Einsätzen in der Bundeshauptstadt gegenüber Polizeibeamten aus Schleswig-Holstein erhoben werden? Antwort: Der Anwendungsbereich des LADG beschränkt sich auf die Berliner Verwaltung , so dass die für Antidiskriminierung zuständige Senatsverwaltung und deren Ombudsstelle die Untersuchung der Diskriminierungsvorwürfe übernimmt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/2252 3 Sollten im Rahmen der Ermittlungen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht eines Dienstvergehens gem. § 17 Abs. 1 Landesdisziplinargesetz Schleswig-Holstein (LDG SH) rechtfertigen, so hat die oder der Dienstvorgesetzte bei der Landespolizei SH ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Das weitere Verfahren richtet sich wie bisher nach den Grundsätzen des LDG SH. 4. Wie sieht die Landesregierung die im Zusammenhang mit dem Berliner LADG enthaltenen Verbandsklagerecht verbundenen Auswirkungen auf Schleswig- Holsteiner Polizeibeamte, die in Berlin eingesetzt sind? Antwort: Die Verbandsklage im LADG richtet sich stets ausschließlich gegen das Land Berlin. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 5. 5. Wie sieht die Landesregierung die im Zusammenhang mit dem Berliner LADG enthaltenen weitreichenden Entschädigungsansprüche und daraus resultierenden möglichen Folgen für Schleswig-Holsteiner Polizeibeamte, die in Berlin eingesetzt sind? Antwort: Gem. §§ 3, 8 Abs. 1 LADG beschränkt sich der Anwendungsbereich dieses Gesetzes und somit auch die Schadenersatz- und Entschädigungspflicht allein auf die Berliner Verwaltung, bzw. auf die öffentliche Stelle, in deren Verantwortungsbereich die Diskriminierung erfolgt ist. Handlungen auswärtiger Polizeidienstkräfte werden nach dem Allgemeinen Sicherheits - und Ordnungsgesetz (§ 8 ASOG Berlin) grundsätzlich der Berliner Polizei zugerechnet. Das LADG regelt ausschließlich den Diskriminierungsschutz im Außenverhältnis zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem Land Berlin. Eine Haftungsüberleitung auf andere Bundesländer oder auswärtige Dienstkräfte sieht das LADG nicht vor. Mögliche Folgen für das Land Schleswig-Holstein und deren eingesetzte Unterstützungskräfte durch das LADG sind demnach nicht zu erwarten. Drucksache 19/2252 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 4 6. Wird seitens der Landesregierung vor dem Hintergrund der durch das Berliner LADG geschaffenen Regelungen der Einsatz von Schleswig-Holsteinischen Polizeibeamten in Berlin uneingeschränkt befürwortet? Antwort: Die gegenseitige Unterstützung der Polizeien der Länder und des Bundes ist in den geltenden Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarungen verbindlich geregelt . Allein aufgrund des Beschlusses des Berliner LADG sind keine Nachteile für die unterstützenden Polizeikräfte aus Schleswig-Holstein im Rahmen von Einsätzen im Land Berlin zu erwarten. 7. Beabsichtigt die Landesregierung eine juristische Prüfung des Berliner LADG und die möglichen Auswirkungen auf Polizeieinsätze im Wege der Amtshilfe zum Schutz von Schleswig-Holsteiner Polizeibeamten bei künftigen Einsätzen in Berlin? Antwort: Eine juristische Prüfung des LADG, welche über die von Ministerin Dr. Sütterlin -Waack beauftragte ressortinterne Prüfung hinausgeht, ist aufgrund der nicht zu erwartenden Auswirkungen (siehe Antwort 2.) nicht beabsichtigt. 8. Wie werden Schleswig-Holsteiner Polizeibeamte auf die veränderten rechtlichen Bedingungen auf etwaige Einsätze in der Bundeshauptstadt vorbereitet? Antwort: Polizeibeamtinnen und -beamte aus Schleswig-Holstein, die zur Unterstützung der Polizeien in anderen Bundesländern eingesetzt sind, treffen polizeiliche Maßnahmen generell auf der Grundlage des jeweiligen Landesrechts bzw. des Bundesrechts. Über die Unterschiede in den landesrechtlichen Vorschriften werden die schleswig-holsteinischen Unterstützungskräfte im Rahmen Ihrer Einsatzvorbereitung informiert. Dieses erfolgt durch Dienstbesprechungen, Steuerung von Einsatzunterlagen und ggf. anlassbezogene Gegenüberstellungen länderspezifischer Regelungen in Form von Synopsen.