SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/2411 19. Wahlperiode 14.07.2020 Kleine Anfrage der Abgeordneten Beate Raudies (SPD) und Antwort der Landesregierung - Finanzministerium Unterjährige Liquiditätssicherung durch Mittel aus Sondervermögen (2020) Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich werden bei den über die Investitionsbank Schleswig-Holstein verwalteten Sondervermögen absehbar nicht benötigte Mittel zinsbringend mehrjährig zu Festgeldkonditionen angelegt. Frei verfügbares Guthaben, das nicht durch solche Anlagen gebunden ist, wird durch das federführende Ressort abgerufen und über die Landeskasse dem allgemeinen Liquiditätsmanagement des Landeshaushaltes zugeführt . In der praktischen Umsetzung erfolgt damit zu Jahresbeginn ein Abschlag auf die im laufenden Haushaltsjahr benötigten, zweckbezogenen Mittel. Im Rahmen des Liquiditätsmanagements des Gesamthaushalts werden diese Mittel übergangsweise zur Finanzierung anderer Ausgaben des Landes genutzt. Eine abschlägige unterjährige Entnahme ist aus Gründen der Verwaltungsökonomie sinnvoll und zweckmäßig. Eine einzelfallbezogene, jeweils bedarfsgerechte Entnahme würde auf Grund der damit verbundenen Vielzahl von Buchungen sowohl bei den federführenden Ressorts als auch bei der Landeskasse und der IB.SH zu einem nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand führen. Zum Jahresende wird für jedes Sondervermögen der tatsächliche Mittelabfluss im laufenden Haushaltsjahr ermittelt. Fällt der tatsächliche Mittelabfluss geringer aus als die unterjährige Entnahme, wird die Differenz dem Sondervermögen wieder zugeführt . Sollte der aus dem Sondervermögen zu finanzierende Mittelabfluss größer als die unterjährig erfolgte Entnahme ausgefallen sein, wird ein Ausgleich durch eine entsprechende abschließende Entnahme aus dem Sondervermögen hergestellt. Drucksache 19/2411 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 1. Wurden seit der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 19/1670 Mittel aus Sondervermögen zur unterjährigen Liquiditätssicherung entnommen? Wenn ja, aus welchen und in welcher Höhe? Ist eine weitere Entnahme zu diesen Zwecken aus Sondervermögen im laufenden Jahr geplant? Antwort: Seit der Antwort vom 13.09.2019 auf die Kleine Anfrage (Drs. 19/1670) sind folgende Sondervermögen-Entnahmen und -Rückführungen vorgenommen worden bzw. zukünftige Entnahmen in 2020 geplant (Werte in Mio. Euro): Sondervermögen Entnahme 2019 ab September davon Rückführung bis Ende 2019 Entnahme 2020 bis 30.06.2020 davon Rückführung bis 30.06.2020 geplante weitere Entnahme in 2020 IMPULS 121,8 111,9 54,2 0,0 644,7 ZGB 0,0 0,0 6,8 0,0 1,0 Hochschulsanierung 16,0 7,3 7,3 0,0 1,0 PROFI 4,0 2,9 2,9 0,0 3,0 Breitband 0,0 0,0 24,3 0,0 52,0 Verkehr 6,5 6,5 6,6 0,0 0,0 MOIN.SH 0,0 0,0 109,8 43,0 53,3 KI 0,0 0,0 14,5 10,0 10,0 In 2019 entnommene Beträge, die in 2019 nicht für zweckbestimmungsgemäße Ausgaben benötigt wurden, sind zum Jahresende 2019 den jeweiligen Sondervermögen wieder zugeführt worden. Die Entnahmen in 2020 erfolgten als Abschlag für die in 2020 erwarteten jeweiligen zweckbestimmungsgemäßen Investitionsausgaben. Zum Jahresende 2020 sind weitere unterjährige Entnahmen aus eingehenden Zinserträgen und freiwerdenden Festgeldanlagen vorgesehen. Im Laufe des Jahres 2020 nicht für zweckbestimmungsgemäße Ausgaben verwendete Mittel sollen zum Jahresende den jeweiligen Sondervermögen wieder zugeführt werden. 2. Wofür wurden die entnommenen Mittel genau verwendet? Antwort: Das Liquiditätsmanagement sowie die Kreditfinanzierung des Landeshaushalts erfolgen nach dem sog. Gesamtdeckungsprinzip. Zentraler Aspekt ist die tageweise Bündelung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben unabhängig von der jeweiligen Zwecksetzung. Als Spitzenbetrag ergibt sich ein Liquiditätsbedarf , der mittels Kassenverstärkungskrediten gedeckt wird, bzw. ein Liquiditätsüberschuss , der üblicherweise kurzfristig angelegt wird - jeweils zu Negativ -Konditionen. Folglich können die Mittel aus den Sondervermögen nicht bestimmten Verwendungszwecken bzw. Ausgaben zugeordnet werden. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/2411 3 3. Wurden die Mittel jeweils vollständig wieder zurückgeführt? Wenn nein, in welcher Höhe stehen Rückführungen noch aus? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 1. 4. In welcher Höhe wären voraussichtlich Verwahrentgelte auf die Guthaben angefallen , wenn die Entnahme nicht erfolgt wäre? Antwort: Die Höhe der Verwahrentgelte für kurzfristige Anlagen orientiert sich am Einlagensatz der EZB, der derzeit minus 0,50 % p. a. beträgt. Aktuell werden die Kontoguthaben bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein mit diesem Satz belastet. Ein Betrag für Verwahrentgelte, die angefallen wären, kann nicht angegeben werden. Es bedürfte dazu für jede einzelne Buchung der exakten Ermittlung der Zeitspanne zwischen der Entnahme aus dem Sondervermögen und dem Zeitpunkt der tatsächlichen zweckbestimmungsgemäßen Ausgabe. Dies ist aufgrund der Vielzahl der Einzelausgaben allein im Einzelplan 16 - IM- PULS mit vertretbarem Aufwand nicht zu ermitteln. Zusätzlich müsste zur korrekten Bewertung der daraus resultierenden tatsächlichen Mehrausgaben im zweiten Schritt geprüft werden, ob und in welcher Höhe die in den Landeshaushalt überführten Entnahmen im Zeitraum bis zur zweckbestimmungsgemäßen Ausgabe tageweise in einem Liquiditätsüberschuss enthalten waren, der ebenfalls zu Negativ-Konditionen angelegt werden musste. 5. In welcher Höhe wären voraussichtlich Zinsen und weitere Kosten angefallen, wenn die Liquiditätssicherung durch Kreditaufnahme oder auf andere Weise als die Entnahme von Mitteln aus den Sondervermögen hätte erfolgen müssen ? Antwort: Die Beschaffung der liquiden Mittel für den Haushalt erfolgt durch Kreditfinanzierungen unter Berücksichtigung der Bedingungen am Kapitalmarkt. Aufgrund der begrenzten Risikotragfähigkeit des Landeshaushalts - Zinssteigerungen sind nur sehr eingeschränkt verkraftbar - haben die Finanzierungen eine Zinsbindung von mindestens fünf Jahren. Sowohl die langfristige Kapitalmarktfinanzierung als auch die kurzfristige Finanzierung bzw. Anlage der Liquiditätsspitzen basieren auf dem Gesamtdeckungsprinzip (siehe Antwort auf Frage 2). Eine konkrete Zuordnung zweckbezogener Mittel ist deshalb nicht möglich. Im Hinblick auf den jährlichen Finanzierungsbedarf von mindestens vier Mrd. Euro, in 2020 voraussichtlich von über sechs Mrd. Euro, sind die Mittel aus den Sondervermögen angesichts der Höhe und Fristigkeit unter Kostenaspekten von nachrangiger Bedeutung.