SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/324 19. Wahlperiode 2017-11-22 Kleine Anfrage des Abgeordneten Rasmus Andresen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Antwort der Landesregierung - Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration Intersexuelle Menschen: Konsequenzen aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum dritten Geschlecht Vorbemerkung des Fragestellers: Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum dritten Geschlechts im Geburtenregister vom 8. November 2017 ist eine weitreichende Entscheidung für die Selbstbestimmung von intersexuellen Menschen getroffen worden. Im Koalitionsvertrag der schleswig-holsteinischen Koalition aus CDU, Bündnis 90/die Grünen und FDP sprechen sich die Koalitionsparteien für die Stärkung der Rechte von intersexuellen Menschen aus. 1. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum dritten Geschlecht im Geburtenregister ziehen? Antwort: Das Bundesverfassungsgericht hat am 08. November mit Beschluss in der Sache 1 BvR 2019/16 entschieden, dass die Regelungen des Personenstandsrechts mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar sind, als § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ keine dritte Möglichkeit biete, ein Geschlecht eintragen zu lassen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) schütze auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem Drucksache 19/324 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Darüber hinaus verstoße das geltende Personenstandsrecht auch gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG), soweit die Eintragung eines anderen Geschlechts als „männlich“ oder „weiblich“ ausgeschlossen werde. Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung im Personenstandsrecht , dem PStG, zu schaffen. Der Gesetzgeber ist der Bund, da das Personenstandswesen nach Art. 74 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung ist und der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht Gebrauch gemacht hat. Im Rahmen der anstehenden Gesetzesänderung auf Bundesebene wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, die Rechte von transund intersexuellen Menschen weiter zu stärken um ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Leben zu ermöglichen. 2. Welche landesrechtlichen Bestimmungen stehen der Gleichstellung von intersexuellen Menschen entgegen und müssen entsprechend angepasst werden? Antwort: Die Änderung des PStG durch den Bund ist abzuwarten, siehe Antwort auf Frage 1. Erst danach kann bewertet werden, ob die landesrechtlichen Bestimmungen zur Ausführung und Durchführung des PStG überhaupt einer Änderung bedürfen. 3. Wird die Landesregierung als Reaktion auf das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts für ihre Verwaltungsebenen ein drittes Geschlecht in offiziellen Dokumenten einführen? Für welche Bereiche sollte dies umgesetzt werden (bitte einzeln aufschlüsseln)? Antwort: Nein, siehe Antworten auf Frage 1 und 2. Das BVerfG hat sich mit der personenstandsrechtlichen Pflicht zur Angabe des Geschlechts als männlich oder weiblich bei der Registrierung im Geburtsregister befasst. Dadurch wurde kein „drittes Geschlecht“ eingeführt.