SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/354 19. Wahlperiode 07.12.2017 Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Weber (SPD) und Antwort der Landesregierung – Ministerium für Justiz, Europa, Gleichstellung und Verbraucherschutz Ab 01.01.2018 – Elektronischer Rechtsverkehr an Schleswig-Holsteins Gerichten Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl I 2013, 3786) ist der Weg zur elektronischen Gerichtsakte für die Zivil- und Fachgerichte beschritten worden. Dieser Rechtsverkehr ermöglicht es, mit Gerichten und Staatsanwaltschaften in Justizangelegenheiten elektronisch zu kommunizieren. Hierfür nutzen die Gerichte und Staatsanwaltschaften das elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach. Ab 2018 müssen bei den Gerichten bundesweit einheitliche Einreichmöglichkeiten für elektronische Dokumente gegeben sein. Eine Verpflichtung zur elektronischen Einreichung besteht dann ab 1. Januar 2022. 1. Rechnet die Landesregierung mit zukünftigem personellem Mehraufwand, um den ordnungsgemäßen Betrieb der zum Teil neuen Fachverfahren der Gerichte und Staatsanwaltschaften auch im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Akte (E- Akte) sicherzustellen? Und wenn ja, bitte den personellen Mehraufwand für die ordentliche Gerichtsbarkeit, Fachgerichte und Staatsanwaltschaften auflisten. Antwort: Die Landesregierung rechnet nicht mit einem zukünftigen personellen Mehraufwand, um den ordnungsgemäßen Betrieb der Fachverfahren der Gerichte und Staatsanwaltschaften (forumSTAR, Fokus, EUREKA-Fach und MESTA) auch im Hinblick auf die Drucksache 19/354 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Einführung der E-Akte sicherzustellen. Durch die Einführung der E-Akte ändert sich der personelle Aufwand für die Sicherstellung des Betriebs der Fachverfahren grundsätzlich nicht. Im weiteren Verlauf der Einführung der E-Akte noch zu klären ist ein möglicher dezentraler personeller Mehraufwand für den ordnungsgemäßen Betrieb der E-Akte (siehe Frage 7). 2. Mit welchem Personalaufwand werden die in der Justiz eingesetzten Fachverfahren in den Verfahrenspflegestellen betreut und inwieweit sind die Verfahrenspflegestellen in der Gemeinsamen Stelle für Informations- und Kommunikationstechnik (Gem IT) oder in nachgeordneten Behörden eingerichtet? Antwort: Die GemIT ist Teil des Referates II 35 „Informationstechnik in Gerichten, Staatsanwaltschaften und im Justizvollzug“ in der Abteilung 3 „Rechts- und justizpolitische Angelegenheiten, Gerichte und Staatsanwaltschaften, Gnadenwesen“ des Ministeriums für Justiz, Europa, Verbraucherschutz Gleichstellung (MJEVG). Im Referat II 35 (GemIT) sind derzeit betreffend Gerichte und Staatsanwaltschaften die Verfahrenspflegestellen für die Fachverfahren Aureg (Aufwand: 1,2 Arbeitskraftanteile - AKA) und Folia (Aufwand 3,3 AKA) eingerichtet. Die Betreuung der Fachverfahren ERV und eAkte wird derzeit noch mit rund 8 AKA innerhalb des Projekts eJustizSH in der Abteilung 3 des MJEVG geleistet. Eine Überführung in den Linienbetrieb der GemIT wird im weiteren Projektverlauf vorbereitet. Die Einrichtung weiterer Verfahrenspflegestellen in nachgeordneten Justizverwaltungsbehörden wird ebenfalls vorbereitet. Eine hierzu erforderliche Rechtsverordnung (vgl. § 4 Abs. 2 IT-Gesetz für die Justiz in Schleswig-Holstein) wird derzeit erarbeitet . Der Personalaufwand für die Betreuung der weiteren Fachverfahren in den Gerichten und Staatsanwaltschaften wird derzeit wie folgt veranschlagt: • ordentliche Gerichtsbarkeit: forumSTAR: 19,8 AKA, autom. Mahnverfahren 2 AKA. • Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit: Eureka-Fach: 3 AKA • Arbeitsgerichtsbarkeit: Fokus: 0,6 AKA • Staatsanwaltschaften: Mesta/Fame: rd. 5 AKA 3. Welche Aufgaben werden den Verfahrenspflegestellen mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten übertragen und mit welchem Personal sollen diese Aufgaben ausgeführt werden? Antwort: Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten überträgt den Verfahrenspflegestellen keine Aufgaben. Das Gesetz definiert vielmehr vor allem die Übermittlungswege und die Handhabung der elektronischen Eingänge durch die Gerichte. 2 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/354 4. Ist die Einrichtung weiterer Verfahrensdienststellen geplant, und wenn ja, welche Aufgaben werden den Verfahrenspflegestellen übertragen? Antwort: Ja, die Einrichtung weiterer (zum Teil nachgeordneter) Verfahrenspflegestellen ist geplant (siehe Antwort zu Frage 2). Den Verfahrenspflegestellen sollen u.a. Aufgaben aus den folgenden Themenfeldern übertragen werden: Bearbeitung von Anfragen, Fehlern und Störungen, Problemen, Zugriffen und Berechtigungen; Verfügbarkeit, Service Level; Notfallplanung; Informationssicherheit; Änderungsbearbeitung; Entwicklung und Freigabe; Anforderungs- und Maßnahmenplanung. Ein Erlass zur Umsetzung des Konzepts wird derzeit vorbereitet. Die Tätigkeiten werden bereits heute wahrgenommen; sie werden lediglich konzeptionell neu geordnet. 5. Inwieweit werden die im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Richtersassistenzen“ zur Entlastung von Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in diesen Prozess eingebunden? Antwort: Die Förderung von Richterassistenzen wird losgelöst von der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung betrachtet. 6. Welche Kosten werden durch die Pflege der Fachverfahren verursacht? Antwort: Durch die Pflege (und Entwicklung) sämtlicher Fachverfahren in der Justiz wurden in 2017 Kosten in Höhe von ca. 1.800 T€ verursacht. Der Pflege- und Entwicklungsaufwand in den Fachverfahren ist jährlich unterschiedlich und erfolgt überwiegend in Länderverbünden. 7. Wird in der GemIT als auch im dezentralen IT-Bereich zusätzliches Personal benötigt, um einen ordnungsgemäßen Betrieb der E-Akte sicher zustellen, und wenn ja, welche Eingruppierungen gäbe es, um geeignete Bewerber auch außerhalb der Justiz zu erreichen ? Antwort: Ja, um einen ordnungsgemäßen Betrieb der E-Akte sicherzustellen, wird in der GemIT zusätzliches Personal benötigt. Aus diesem Grund sind für die zentrale Verfahrenspflegestelle ERV und E-Akte derzeit 12 AKA (anwachsend bis 2019) veranschlagt. Ob und ggf. welcher zusätzliche Aufwand für einen ordnungsgemäßen Betrieb der E- Akte außerhalb von Dataport und der zentralen Verfahrenspflegestelle ERV und E- 3 Drucksache 19/354 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Akte im dezentralen IT-Bereich dauerhaft anfallen wird, ist zurzeit noch nicht absehbar und wird im weiteren Projektverlauf geprüft werden. Es gibt die Eingruppierungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (Anlage A, Teil II Abschnitt 11 – Beschäftigte in der Informationstechnik), um geeignete Bewerber auch außerhalb der Justiz zu erreichen. 8. Soft- und Hardware-Ausstattung sind entscheidende Erfolgskriterien für das Erzielen einer umfassenden Anwenderakzeptanz des elektronischen Rechtsverkehrs. Dazu sind auch Investitionen nötig. Welche Kosten werden für Personal, Software und Hardware in Schleswig-Holstein kalkuliert und in welchen Kostenstellen sind diese Kosten eingestellt? Antwort: Für Personal sind im Zeitraum 2015 bis 2017 insgesamt zusätzliche Mittel in Höhe von 2.470,0 T€ veranschlagt worden. Der Haushaltsentwurf 2018 sieht eine Aufstockung dieses Betrages um weitere 540,0 T€ vor. Zusätzlich stehen seit dem Haushalt 2017 Sachkosten im Umfang von insgesamt 1.260,0 T€ für den Betrieb der sog. Druckerstraßen sowie für die in Folge der zusätzlichen geschaffenen Stellen für Anwärterinnen und Anwärter gestiegenen Ausbildungskosten zur Verfügung. Für die Beschaffung von Soft- und Hardware, die um Zusammenhang mit der Einführung der E-Akte in der Justiz steht, sind für das Jahr 2018 606 T€ kalkuliert und im Einzelplan 14 in der IT-Maßnahme 2500030000 unter der Finanzposition 81246 eingestellt . Für die Jahre 2019 bis 2021 sind jährlich durchschnittlich 3.600 T€ für Hardund Softwarebeschaffung in die Planung eingestellt. 9. Welche strategische Zusammenarbeit gibt beim elektronischen Rechtsverkehr mit anderen Bundesländern und wie wird es koordiniert? Antwort: Beim elektronischen Rechtsverkehr gibt es folgende strategische Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, die wie angegeben koordiniert wird: Komponente Zusammenarbeit Koordination OSCI-Transportprotokoll Bund und Länder Koordinierungsstelle für IT- Standards des IT-Planungsrats Verzeichnisdienst (SAFE) Alle Bundesländer Justizministerium Baden- 4 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/354 Württemberg Virtuelle Poststelle (Governikus ) Bund und Länder Freie Hansestadt Bremen Elektronisches Gerichtsund Verwaltungspostfach (EGVP) Alle Bundesländer Justizministerium Baden- Württemberg Elektronische Kommunikationsplattform (eKP) 10 Bundesländer Justizministerium Bayern 5