SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/625 19. Wahlperiode 06.04.2018 Kleine Anfrage der Abgeordneten Birte Pauls (SPD) und Antwort der Landesregierung - Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren Fixierung im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Unterbringungen nach PsychKG S-H Vorbemerkung der Fragestellerin: Am 30. und 31.01.2018 hat das Bundesverfassungsgericht über die Zulässigkeit der Fixierung im Rahmen der öffentlichen-rechtlichen Unterbringungen verhandelt. Vorbemerkung der Landesregierung: Das Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen (PsychKG) ermöglicht zur Abwehr von krankheitsbedingten akuten Eigen- und Fremdgefährdungen die freiheitsentziehende Unterbringung psychisch erkrankter Personen (§§ 7 ff PsychKG). Im Rahmen der Unterbringung wird der vollziehenden Einrichtung gesetzlich die Ermächtigung verliehen, besondere Sicherungsmaßnahmen wie Isolierung, mechanische Fixierung sowie Ruhigstellung durch sedierende Medikamente anzuwenden (§ 16 PsychKG). Die Landesregierung misst der angesprochenen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes über zwei Verfassungsbeschwerden gegen Fixierungsmaßnahmen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in Bayern und Baden- Württemberg große Bedeutung bei. Sie wird die Entscheidung des Gerichtes auf ihre Implikationen für die Gesetzgebung und Praxis der öffentlich-rechtlichen Unterbringung hin analysieren. 1. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 Betroffene im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Unterbringungen nach PsychKG S-H fixiert (bitte nach Jahr und Krankenhaus gliedern)? Drucksache 19/625 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 Antwort: Gemeinsam mit Frage 3 beantwortet. 2. In wie vielen Fällen davon gab es eine Fixierung länger als zwölf Stunden oder weniger als zwölf Stunden (bitte nach Jahr und Krankenhaus gliedern)? Antwort: Gemeinsam mit Frage 3 beantwortet. 3. Erhält die Landesregierung Kenntnis über langandauernde Fixierungen im Rahmen des PsychKG S-H? Wenn ja, auf welchem Weg? Antwort: Zu den Fragen 1-3: Aufgabenträger für die Unterbringung nach PsychKG sind die Kreise und kreisfreien Städte (§ 2 PsychKG). Sie üben diese Aufgabe durch eigene Krankenhäuser aus oder indem sie private oder freigemeinnützige Krankenhausträger mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe in ihrem Namen beauftragen und beleihen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 PsychKG). In diesem Fall sind die Landrätin oder der Landrat des Kreises oder der Bürgermeister der kreisfreien Stadt die Aufsichtsbehörde (§ 13 Abs. 3 Satz 2 PsychKG). Dem Land obliegt die Fachaufsicht über die Kommunen hinsichtlich der Durchführung des PsychKG, denn die Aufgaben sind nach § 2 Satz 2 PsychKG als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung ausgestaltet. Eine unmittelbare Aufsicht über die psychiatrischen Einrichtungen hat das Land nicht. Gegenstand der Fachaufsicht ist die Prüfung von Recht- und Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung. Die Verpflichtung zur Dokumentation seitens der Klinik ergibt sich bei den besonderen Sicherungsmaßnamen, zu denen auch die Fixierung gehört, aus § 16 Abs. 5 PsychKG (hinsichtlich ärztlicher Zwangsbehandlungen aus § 14 Abs. 6 und hinsichtlich weiterer Sicherungsmaßnahmen aus § 23 PsychKG). Die Dokumentation erfolgt bezogen auf die jeweilige Maßnahme in der Patientenakte. Eine übergeordnete statistische Erhebung erfolgt bisher nicht, hierzu besteht keine gesetzliche Verpflichtung. So werden der Fachaufsicht über die zuständigen Aufsichtsbehörden nicht regelhaft mitgeteilt, • in welcher Klinik wie viele Unterbringungen vollzogen werden und wie lange diese dauern, • wie häufig und wie lange isoliert und fixiert wird und • wie oft es zu ärztlichen Zwangsbehandlungen kommt. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/625 3 Seitens der Fachaufsicht besteht die Bestrebung, in bestimmten zeitlichen Abständen statistische Angaben zur Praxis der Unterbringung zu erheben. Auf dieser Basis wird die Fachaufsicht mit den Kreisen und kreisfreien Städten in einen fachlichen Austausch treten. Etwaige Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes werden in diesem Prozess Berücksichtigung finden. 4. Wie wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Fixierung in den Krankenhäusern eingehalten werden? Antwort: Der Landrätin oder dem Landrat bzw. der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister stehen als Aufsichtsbehörde zur Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen umfassende Rechte zu, darunter ein Weisungsrecht (§ 16 Absatz 1 LVwG), Informations- und Prüfrechte (§ 16 Absatz 1 LVwG) sowie das Selbsteintrittsrecht (§ 16 Absatz 3 LVwG) für Fälle, in denen eine Klinik die Weisungen der Fachaufsicht nicht befolgt. Es erfolgen regelmäßige umfassende Begehungen der Kliniken durch die Sozialpsychiatrischen Dienste, mindestens einmal jährlich im Abstand von längstens 12 Monaten. Zudem erfolgen unangemeldete Begehungen sowie anlassbezogene Prüfungen bei entsprechenden Erfordernissen bzw. Problemlagen. Überdies sieht das PsychKG gemäß § 26 vor, dass diejenigen Kommunen, in denen sich Krankenhäuser befinden, die Unterbringungen durchführen, eine Anliegenvertretung bilden sollen. Die Anliegenvertretung, die sowohl als Besuchskommission als auch als Patientenfürsprecher bzw. Patientenfürsprecherin ausgestaltet sein kann, kümmert sich um die Belange der untergebrachten Menschen. Ihre Aufgabe ist es, die Einrichtung in Abständen von längstens einem halben Jahr zu besichtigen, um zu prüfen, ob die Rechte der untergebrachten Personen gewahrt werden und ob der Zweck der Unterbringung erreicht wird, also durch die stationäre Behandlung der psychisch kranke Mensch befähigt wird, menschenwürdig und selbstverantwortlich zu leben. Zudem soll die Anliegenvertretung auch zwischen den Besuchen für Anliegen und Beschwerden erreichbar sein. Der Besuchskommission ist ungehinderter Zugang zur Einrichtung zu gewähren. Bei der Besichtigung ist den untergebrachten Personen Gelegenheit zu geben, Wünsche und Beschwerden vorzutragen.