SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 19/650 19. Wahlperiode 2018-04-17 Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Hölck (SPD) und Antwort der Landesregierung - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung Partikelemissionen aus dem Heizkraftwerk Wedel Seit Juli 2016 ist das Wedler Elbhochufer bei Ostwind Partikelemissionen durch das Heizkraftwerk Wedel ausgesetzt. Seitdem werden von den Anwohnern immer wieder Schäden an Personenkraftfahrzeugen und Verglasungen insbesondere von Wintergärten und Personenkraftwagen gemeldet. Trotz Anordnung des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) vom 16.12.2016, die Partikelemissionen des Heizkraftwerkes Wedel bis zum 31.08.2017 wirksam zu mindern, kommt es aus Sicht der Anwohner weiterhin zu erheblichen Schäden durch Partikelemissionen . 1. Gemäß dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) ist der Zweck des Gesetzes in § 1 wie folgt beschrieben: (1) Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen. (2) Soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dient dieses Gesetz auch der integrierten Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen, sowie dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, Drucksache 19/650 Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode 2 erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden. Wie sind die anhaltenden Partikelemissionen durch das Heizkraftwerk Wedel mit der Zweckbestimmung des § 1 des BImSchG vereinbar? Alle vorliegenden Analyse-/Untersuchungsergebnisse inklusive der toxikologischen Bewertung zeigen, dass die von der Kraftwerksbetreiberin umgesetzten Minderungsmaßnahmen wirksam sind und von den durch das HKW Wedel emittierten Partikeln keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen. 2. In der Kleinen Anfrage Drucksache 19/197 teilte die Landesregierung dem Fragesteller mit, dass das MELUND als zuständige Oberste Immissionschutzbehörde die Untersuchungen zur Minderung der Partikelausstöße im Oktober 2017 veröffentlichen werde. a) Sind die Untersuchungsergebnisse veröffentlicht worden? Ja. Die damals noch ausstehende Untersuchung zur toxikologischen Bewertung der Partikel ist unter folgendem Link einzusehen: https://corporate.vattenfall.de/globalassets/deutschland/geschaeftsfelder/erzeugung/ kohle/hkw-wedel-beurteilung-marz-2018.pdf. Das vollständige Gutachten kann aufgrund der Dateigröße nicht als Download angeboten werden; bei Interesse wird es seitens des Anlagenbetreibers zur Verfügung gestellt. b) Wenn ja mit welchem Ergebnis? Das Untersuchungsergebnis zeigt, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Partikel nicht zu besorgen sind und bestätigt somit das Ergebnis aus dem Jahre 2016. 3. Die direkte Anwohnerschaft beklagt wiederholt Schäden durch Verätzungen am Lack von Personenkraftwagen und Glasscheiben. Die Firma Vattenfall gibt in einem Anwohnerschreiben vom 04.09.2017 an, dass Partikel emittiert werden . a) Ist der pH-Wert von verschiedenen Partikelausstößen untersucht worden? Ja. Der pH-Wert wurde letztmalig an Proben bestimmt, die am 09.09.2017 direkt aus dem Rauchgaskanal des Heizkraftwerkes Wedel entnommen wurden. Die pH-Wert Bestimmung an Partikeln, welche im Umfeld des HKW deponieren, ist nicht möglich, da die Partikel in so geringer Menge freigesetzt werden, dass deren Masse für Untersuchungen des pH-Wertes nicht ausreicht. b) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Der pH-Wert der Probe vom 09.09.2017 lag bei 2,3 (in 2016 bei 1,5). Schleswig-Holsteinischer Landtag - 19. Wahlperiode Drucksache 19/650 3 4. Die Anwohnerschaft hat das LLUR hinlänglich über die anhaltenden Partikelemissionen und Schäden informiert. Des Weiteren liegen dem LLUR diverse Schadensgutachten zu Verätzungen an Personenkraftwagen vor. a) Waren Mitarbeiter des LLUR vor Ort, um den Beschwerden nachzugehen und um die beanstandeten Schäden zu ermitteln? Mitarbeiter des LLUR waren in den letzten Monaten mehrmals vor Ort, um sich ein eigenes Bild von der Immissionssituation zu machen. b) Wenn ja, wann und welche Schäden wurden festgestellt? Wenn nein, warum nicht? Vor-Ort-Besichtigungen fanden am 04.10., 09.10., 07.11. und 12.12.2017 sowie am 15.01. und 07.03.2018 statt. Dabei wurde festgestellt, dass sowohl die Anzahl und das Ausmaß der Partikelniederschläge als auch die Größe und das Haftverhalten der Partikel deutlich gemindert wurden. Sofern es im Einzelfall noch zu Verschmutzungen von Oberflächen durch Kraftwerkspartikel kommt, so waren jeweils nur wenige Partikel geringer Größe zu beobachten, die sich problemlos entfernen ließen. Darüber hinaus belegen die Untersuchungen unabhängiger Gutachter, dass die Kraftwerkspartikel kein materialschädigendes Verhalten aufweisen. c) Wenn Schäden festgestellt wurden, ist die Landesregierung der Auffassung , dass die festgestellten Beschädigungen dem Heizkraftwerk Wedel zuzuordnen sind? Wurden Schadensanalysen durchgeführt? Der Landesregierung ist kein Fall bekannt, in dem es im Umfeld des Heizkraftwerkes Wedel nachweislich zu einer dauerhaften Beschädigung von Oberflächen durch Kraftwerkspartikel kam, obwohl insbesondere im 3. Quartal 2016 eine Vielzahl von Pkw durch Partikel zum Teil stark verschmutzt wurde. Eine erhebliche Belästigung stellte allerdings die starke Haftung der Partikel auf Oberflächen dar, da diese Anhaftungen vielfach nur durch professionelle Reinigungsmaßnahmen entfernt werden konnten. Daher wurde der Kraftwerksbetreiberin aufgegeben, die Partikelemissionen wirksam zu mindern, insbesondere hinsichtlich des Haftverhaltens der Partikel. Der im Oktober 2017 durchgeführte Feldversuch des TÜV Nord belegt, dass die Haftung der Kraftwerkspartikel stark abgenommen hat und die untersuchten Materialien (Autolack , Glas und Terrassendielen) selbst nach einer unrealistisch hohen Partikelbeaufschlagung keine bleibenden Oberflächenveränderungen aufwiesen. Ebenso erwiesen sich die von Anwohnern als Folgen des Partikelausstoßes reklamierten Flecken auf Terrassen zweifelsfrei als Flechten, wie aus den der Landesregierung hierzu vorliegenden Gutachten hervorgeht. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die von Anwohnern angeführten Ätzschäden , insbesondere an Pkw und Terrassen, nicht dem Heizkraftwerk Wedel zugeordnet werden können.