04.09.2015 Drucksache 6/1032Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 17. September 2015 Intransparente Personalbesetzung im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft? Die Kleine Anfrage 402 vom 14. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: In der Thüringischen Landeszeitung vom 10. Juli 2015 wird über eine hochrangige Personalbesetzung im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) berichtet. Demzufolge leitet ein früherer Landtagsabgeordneter nunmehr ein Referat. Dem Artikel ist zu entnehmen, dass der ehemalige Landtagsabgeordnete den Wiedereinzug in den Landtag 2014 nicht geschafft hat. Auf eine Ausschreibung der Stelle wurde seitens der Hausleitung des TMIL mit Verweis auf eine Vertrauensstellung des Referatsleiters verzichtet . Durch eine nach Kenntnis des Fragestellers kurz zuvor vollzogene Änderung der Geschäftsordnung der Landesregierung wurde die Personalbesetzung - im Gegensatz zur bisher geübten Praxis bei entsprechenden Eingruppierungen bei Dienstposten, die mit E 15Ü oder außertariflich vergütet werden - ohne Kabinettsbefassung vollzogen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet die Landesregierung den Verzicht auf eine Ausschreibung und die besondere Vertrauensstellung des genannten Referatsleiters im TMIL? 2. Ist die in Rede stehende Stelle im TMIL befristet oder unbefristet besetzt worden und wie wird dies begründet? 3. Bei welchen Referats- oder Stabsleiterstellen in den Ministerien der Landesregierung bzw. der Staatskanzlei kann nach Auffassung der Landesregierung unter Verweis auf eine besondere Vertrauensstellung des Referatsleiters auf eine Ausschreibung verzichtet werden bzw. ist auf eine Ausschreibung verzichtet worden? 4. Wie begründet die Landesregierung die Eingruppierung des o.g. Referatsleiters, insbesondere im Hinblick auf die Größe des Referats? 5. Teilt die Landesregierung den Eindruck, dass im vorliegenden o.g. Fall, wie auch in den Fällen zur Stellenbesetzung in der Thüringer Staatskanzlei, eine Bevorzugung vorliegt und wie begründet sie ihr jeweiliges Vorgehen? 6. Sieht die Landesregierung in dem gewählten Verfahren einen geeigneten Beitrag zur Erhöhung der Transparenz derartiger Entscheidungsprozesse? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gruhner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1032 7. Welche Regelungen enthält die geänderte Geschäftsordnung der Landesregierung im Hinblick auf die Kabinettsbefassung bei Personalangelegenheiten und wie unterscheiden sich diese von der bis dahin geltenden Geschäftsordnung? 8. Wie begründet die Landesregierung die Änderungen in der Geschäftsordnung? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 3. September 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der in Rede stehende Referatsleiter ist unter anderem für die inhaltliche Konzeption, die Ausgestaltung und die Umsetzung von politischen Vorhaben und Initiativen der Ministerin zuständig. Er entwickelt strategische Leitlinien zur Erreichung legislativer Ziele. Ein umfassendes Vertrauensverhältnis zwischen Hausleitung und dem genannten Referatsleiter ist ein Kriterium für eine erfolgreiche Aufgabenerledigung und demnach ein entscheidendes Anforderungskriterium an einen Stelleninhaber. Mit einer allgemeinen Stellenausschreibung könnte dieser persönliche Faktor nicht hinreichend genug berücksichtigt werden. Zu 2.: Der Stelleninhaber hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Die im betreffenden Referat wahrzunehmenden Aufgaben haben keinen vorübergehenden oder Projektcharakter . Eine Notwendigkeit, das Arbeitsverhältnis des betreffenden Arbeitnehmers aus anderen Gründen zu befristen, wurde nicht gesehen. Im Übrigen entspricht dies der langjährigen Praxis weiter Teile der Thüringer Landesregierung bei Stellenbesetzungen in Leitungsbereichen der Thüringer Ministerien und der Staatskanzlei. Zu 3.: Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutscher nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, ist auf Beamte und Arbeitnehmer gleichermaßen anzuwenden. Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht für die Einstellung von Beamten regelt § 3 Abs. 2 und 3 ThürLaufbG . Eine entsprechende Rechtsnorm für den Arbeitnehmerbereich gibt es nicht. Wegen der vergleichbaren Interessenslage und des vergleichbaren Regelungsgehalts kann jedoch § 3 Abs. 2 und 3 ThürLaufbG , soweit möglich, für eine analoge Anwendung auf den Arbeitnehmerbereich herangezogen werden. Gemäß § 3 Abs. 2 und 3 ThürLaufbG gilt die Pflicht zur Stellenausschreibung u. a. nicht für die Stellen der Büroleiter und der persönlichen Referenten der Leiter der obersten Landesbehörden und der Leiter für Presse und Öffentlichkeitsarbeit in den obersten Landesbehörden (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ThürLaufbG). Des Weiteren kann u. a. gemäß § 3 Abs. 3 ThürLaufbG aus Gründen der Personalplanung und des Personaleinsatzes in besonders begründeten Einzelfällen von einer Ausschreibung, auch von Referats- und Stabsstellenleiterstellen, abgesehen werden. Zur Frage, in welchen Fällen bei Stellenbesetzungen in den Thüringer Ministerien und der Staatskanzlei wegen der besonderen Vertrauensstellung tatsächlich auf Ausschreibungen verzichtet worden ist, werden in den Thüringer Ministerien und in der Staatskanzlei keine Statistiken geführt. Eine belastbare Erfassung aller Fälle ist auch im Hinblick auf die Vielzahl der in den zurückliegenden Legislaturperioden stattgefundenen Umbildungen von Ressorts im Nachhinein kaum leistbar. Zu 4.: Der betreffende Referatsleiter nimmt zu mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Tätigkeiten war, die nicht mehr vom TV-L erfasst sind. Die mehr als zur Hälfte ausgeübten Tätigkeiten sind höherwertiger als diejenigen , die eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 15 TV-L Teil I der Anlage A zum TV-L zur Folge hätten. Das Referat wird wegen der dort anstehenden Aufgaben weiter personalisiert. So sind in dem Referat zwei Referentendienstposten vorgesehen, ein Referentendienstposten ist bereits personalisiert, der weitere Dienstposten ist ausgeschrieben. 3 Drucksache 6/1032Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Selbst bei tarifgebundenen Beschäftigten richtet sich deren Eingruppierung nur in einigen wenigen klar definierten Fallgruppen nach der Größe der zu leitenden Organisationseinheiten und im Übrigen nach den sonstigen auszuübenden Tätigkeiten. Zu 5.: Nein; im vorliegenden Fall ist das besondere Vertrauensverhältnis ein Kriterium für eine erfolgreiche Aufgabenerledigung und demnach ein entscheidendes Anforderungskriterium an einen Stelleninhaber. Wegen dieses Anforderungskriteriums war eine öffentliche Stellenausschreibung nicht geeignet, eine bestmögliche Stellenbesetzung zu erreichen. Soweit der Fragesteller unter Bevorzugung eine Inanspruchnahme von zulässigen Ausnahmen versteht, wird Folgendes mitgeteilt: Für einzelne Stellenbesetzungen im Bereich der Thüringer Staatskanzlei, für die ein besonderes Vertrauensverhältnis bzw. eine besonders enge Zusammenarbeit mit der Leitung von Bedeutung ist, sind allgemein bestehende Ausnahmeregelungen (entsprechend § 27 Thüringer Beamtengesetz, § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ThürLaufbG) in Anspruch genommen worden. Zu 6.: Im Rahmen des gewählten Verfahrens war Transparenz gegeben. Das nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen (ThürGGO) zu beteiligende Thüringer Finanzministerium, das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und die Staatskanzlei wurden frühzeitig eingebunden und sind vollumfänglich über die beabsichtigte Personalmaßnahme informiert worden. Zu 7.: Die Kabinettsbefassung bei Personalangelegenheiten ist in § 10 Abs. 2 und 3 ThürGGO vom 13. Mai 2015 (GVBl. S. 81, 85) geregelt. Gegenüber der Fassung der ThürGGO vom 31. August 2000 (GVBl. S. 237), zuletzt geändert durch Beschluss vom 10. Juli 2008 (GVBl. S. 307), wurden im Wesentlichen folgende Änderungen beschlossen: Vorschläge für die Ernennung von Beamten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 bzw. die Begründung vergleichbarer Beschäftigungsverhältnisse oder entsprechende Änderungen des Arbeitsvertrages sind seit der Änderung nicht mehr kabinettspflichtig (§ 10 Abs. 2). Die Beibehaltung des Abstimmungsverfahrens bei Ernennungen von Beamten in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 sowie bei Begründung bzw. Änderung vergleichbarer Beschäftigungsverhältnisse mit dem Finanzministerium, dem Ministerium für Inneres und Kommunales und der Staatskanzlei dient insbesondere der einheitlichen Rechtsanwendung (§ 7 Abs. 3). Dem Kabinett sind Vorschläge zur Ernennung von Richtern nur noch vorzulegen, soweit sie zum Präsidenten , Vizepräsidenten oder Direktor eines Gerichts ernannt werden sollen (§ 10 Abs. 2 Nr. 3). Über die Entbindung eines Abteilungsleiters von seinem Dienstposten und die Übertragung eines anderen Dienstpostens soll die Landesregierung künftig nur informiert werden (§ 10 Abs. 3). § 10 Abs. 2 Nr. 6 stellt klar, dass die Übertragung von Dienstposten an Beamte, die ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, unabhängig von ihrer Besoldungsgruppe kabinettspflichtig ist. Zu 8.: Die neuen Regelungen bewirken eine Verfahrens- und Verwaltungsvereinfachung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Keller Ministerin