04.09.2015 Drucksache 6/1038Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. September 2015 Geschäftsbesorgungsvertrag Wasserbau zwischen der Thüringer Landgesellschaft (ThLG) und der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) Die Kleine Anfrage 387 vom 10. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welchen finanziellen Umfang hatte bzw. hat der Geschäftsbesorgungsvertrag in welchem Jahr? 2. Wie hoch ist der finanzielle Umfang des im Geschäftsbesorgungsvertrag vereinbarten Verwaltungsaufwands sowie der Leistungen für die Durchführung wasserbaulicher Maßnahmen und Projekte, bezogen auf die Jahre 2014 und 2015? 3. Welche Projekte wurden wann darüber abgewickelt und sollen künftig darüber abgewickelt werden? 4. Welcher Stundenumfang fiel dabei an? 5. Wie viele Stunden waren dabei den Projekten direkt zuzuordnen? 6. Wie hoch war der Anteil nicht projektbezogener Stunden? 7. Welche Kostenschätzungen bezüglich der von der ThLG übernommenen Projekte gab es seitens der TLUG und inwieweit wurde der geschätzte Rahmen eingehalten? 8. Wie hoch sind die Stundensätze der Mitarbeiter der ThLG, wie und auf welcher Grundlage wurden diese festgelegt? 9. Wie und durch wen erfolgt die Prüfung der Abrechnungen der ThLG? 10. Welche Konsequenzen wurden bzw. werden angesichts der in der ThLG angefallenen Mehrkosten gezogen , die im Vergleich zur Projektbearbeitung durch die TLUG entstanden sind? 11. In welchem Umfang wird die Umsetzung des Geschäftsbesorgungsvertrags aus Europäischen Fördermitteln finanziert? 12. Wie wird die Rechtmäßigkeit des Fördermitteleinsatzes geprüft und mit welchen bisherigen Ergebnissen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kummer (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1038 13. Wie ist das Verhältnis zwischen dem von der ThLG für die Ausfüllung des Geschäftsbesorgungsvertrags insgesamt vorgehaltenen Personal und dem für die konkrete Erledigung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen vorgesehenen Personal? 14. Sollen zur Auslastung des ThLG-Personals weitere Aufgaben übertragen werden? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 3. September 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkungen: Im Rahmen der Aufstellung des Landesprogramms Hochwasserschutz 2015 bis 2021 erfolgte in 2012 eine Bestandsaufnahme zum Hochwasserschutz in Thüringen. Diese zeigte deutliche Defizite auf, die auch durch das Hochwasser 2013 bestätigt wurden. Zur schrittweisen Behebung der Defizite konnten die erforderlichen Mittel für bauliche Investitionen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes erfolgreich zu einem wesentlichen Teil im EFRE-FP 2014-2020 angemeldet werden. Damit stehen für Neubaumaßnahmen bedeutend mehr europäische Mittel für den Hochwasserschutz in Thüringen zur Verfügung. Ein Großteil der Gelder wird dabei an den Gewässern erster Ordnung für Neubauprojekte eingesetzt. Darüber hinaus wurde ein zusätzlicher Investitionsbedarf an Landesmitteln in Höhe von circa zehn Millionen Euro pro Jahr u. a. zur Beseitigung des Unterhaltungsdefizits der Thüringer Hochwasserschutzanlagen identifiziert. Damit ist ein Gesamtvolumen bis 2021 von circa 230 Millionen Euro umzusetzen. Es stehen somit für den Hochwasserschutz mehr als doppelt so viele Mittel wie im Zeitraum 2007 bis 2013 zur Verfügung. Bereits bei der Fondsprogrammierung wurde ersichtlich, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht mit dem vorhandenen Personal der TLUG umgesetzt werden können. Die TLUG zeigte hierzu einen erheblichen zusätzlichen Personalbedarf an. Dieser war nicht mit dem Stellenabbaukonzept der Thüringer Landesregierung in der 5. Legislaturperiode vereinbar. Es wurde daher gemeinsam mit dem Thüringer Finanzministerium entschieden, die erforderlichen Personalkapazitäten, wie in anderen Bundesländern auch, außerhalb der Landesverwaltung aufzubauen. Hierzu wurde im Juli 2014 ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen TLUG und ThLG geschlossen. Die ThLG übernimmt danach die Bauherrenfunktion der TLUG für die ihr übergebenen Projekte. Das bedeutet, dass alle weiteren Leistungen, wie Planung und Bauausführung, wie von der TLUG auch, extern vergeben werden. Zudem tritt die ThLG in Genehmigungsverfahren als Antragsteller und Bauherr im Namen des Freistaats auf. In der ThLG wurde zur Wahrnehmung der Aufgabe eine Abteilung Wasserbau aufgebaut. Zur Leitung der neuen Strukturen konnte ein erfahrener Ingenieur gewonnen werden, der in der TLUG langjährig leitend Bauherrenaufgaben wahrgenommen hat. Damit konnten neben der Sachmittelbereitstellung auch die personellen Voraussetzungen geschaffen werden , um die zur Verfügung stehenden Mittel in der Förderperiode 2014 bis 2020 sowie die dazugehörigen Landesmittel gemeinsam mit TLUG und ThLG umzusetzen. Dies erforderte auch eine strategische Neuausrichtung der TLUG im Wasserbau. Dabei stehen die Erarbeitung fachlicher Vorgaben, die Steuerung des Wasserbaus (z. B. Aufstellung Landesprogramm Hochwasserschutz) und die Erarbeitung von strategischen Planungen (z. B. Hochwasserschutzkonzepten) im Vordergrund. Die Wahrnehmung von Bauherrenaufgaben in Einzelprojekten wird insbesondere auf bedeutende Wasserbauprojekte ausgerichtet. Innerhalb der Landesregierung war abgestimmt, dass eine anteilige Finanzierung des Geschäftsbesorgungsvertrages über die der ThLG zugewiesenen und im EFRE finanzierten Projekte möglich ist. Damit konnten Landesmittel zu großen Teilen durch europäische Mittel substituiert werden. Zu 1.: Für den Abrechnungszeitraum 2014 wurden seitens der ThLG 550.273,85 Euro (Brutto) in Rechnung gestellt. Der voraussichtliche Umfang des Geschäftsbesorgungsvertrags (GBV) beträgt im Abrechnungszeitraum 2015 circa 2.000.000 Euro (Brutto), wovon bereits 525.679,53 Euro (Brutto) in Rechnung gestellt wurden. Zu 2.: Der GBV ist ein Rahmenvertrag. Insofern werden Leistungen zur Durchführung wasserbaulicher Maßnahmen auf Grundlage der darin geregelten Stundensätze abgerechnet. Ein gesonderter Verwaltungsaufwand wird nicht ausgewiesen. In den Stundensätzen ist ein Sachkostenaufwand auf Basis geprüfter Jahresab- 3 Drucksache 6/1038Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode schlüsse der ThLG enthalten. Dieser beinhaltet u. a. Raummiete, Kfz, PC sowie anteilige Kosten der Geschäftsleitung (sogenannter Overhead). Zu 3.: Über den GBV sollen insbesondere aus europäischen Mitteln finanzierte Projekte zur Verbesserung des Hochwasserschutzes abgewickelt werden. Zur Flexibilisierung der Aufgaben und zur Entlastung der TLUG besteht nach dem GBV auch die Möglichkeit darüber hinausgehende Projekte, wie z. B. zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die auch maßgeblich über europäische Mittel finanziert wird, umzusetzen. Diesbezüglich fanden Projektübergaben in 2014 und 2015 statt. Zu 4.: Ich verweise auf meine Antwort zur Frage 2. In 2014 wurden vereinbarungsgemäß sukzessive 15 Vollbeschäftigteneinheiten (VbE) in der ThLG aufgebaut. Je VbE kalkuliert die ThLG pro Jahr einen Umfang von 1.680 Stunden. Zu 5. und 6.: Alle im Rahmen des GBV abzurechnenden Stunden dienen der Umsetzung wasserbaulicher Projekte (u. a. Hochwasserschutz, Gewässerrenaturierung gem. WRRL). In 2014 waren der Aufbau der Abteilung Wasserbau , die Einarbeitung der neu zu gewinnenden Mitarbeiter der ThLG sowie die angestrebte Zertifizierung des Bereiches Wasserbau nach DIN-ISO 9001 zu gewährleisten. Aufgrund der strategischen Neuausrichtung der Aufgabenwahrnehmung im Wasserbau, die, wie andere grundlegende Änderungen auch, einige Zeit beansprucht, konnte die Übergabe von Projekten an die ThLG seitens der TLUG noch nicht im vollen Umfang abgeschlossen werden. Die TLUG ist hierzu beauftragt. Da im Übrigen wasserbauliche Projekte i.d.R. eine mehrjährige Laufzeit haben, ist eine auswertbare, anteilige Zuordnung noch nicht möglich. Zudem wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 13 verwiesen. Zu 7.: Wasserbauliche Projekte unterliegen starken Kostenschwankungen von der Projektidee bis zur entsprechenden Umsetzung. Qualifizierte Aussagen sind jedoch derzeit hierzu nicht möglich, da bisher keines der der ThLG übergebenen Projekte abgeschlossen ist. Zur Kontrolle wurde in der ThLG ein eigener Bereich Controlling eingerichtet der die Projekte nach entsprechenden Kennzahlen bewertet. Zu 8.: Die Stundensätze der ThLG liegen je nach Qualifikation und Funktion der eingesetzten Fachkraft bei 50 Euro (Projektassistenz, kaufmännische Mitarbeiter), 55 Euro (Ingenieure, Projekt-Controlling) und 75 Euro (Abteilungsleitung). Grundlage waren Vollkostenrechnungen. Die Stundensätze sind in vergleichbaren Größenordnungen anderer Verträge zwischen Freistaat Thüringen und der ThLG. Diese befinden sich im mittleren bis unteren Bereich der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Ergebnis des Statusberichts 2000plus empfohlen Stundensätze. Zu 9.: Die Rechnungsprüfung erfolgt durch die TLUG, da diese Auftraggeber der ThLG ist. Die Abrechnung erfolgt auf Basis der von der ThLG eingereichten Stundennachweise. Zusätzlich wird mindestens eine Rechnung eines Kalenderjahres einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegt. Für 2014 wurden die Ordnungsmäßigkeit sowie Vertragskonformität bestätigt. Gleiche Vorgehensweise gilt für 2015. Zu 10.: Bezüglich der projektbezogenen Kosten ist auch aufgrund der bisherigen kurzen Laufzeit ein Vergleich zwischen der Umsetzung in den beiden Organisationseinheiten (TLUG, ThLG) nicht möglich bzw. nicht sachgerecht . Insofern können projektbezogene Mehrkosten nicht grundsätzlich unterstellt werden. Bezüglich der nicht-projektbezogenen Kosten beansprucht der Aufbau wasserbaulicher Ingenieurkapazitäten in solchem Umfang in jeder Organisation (ob TLUG oder ThLG) entsprechende Zeit (siehe auch Antwort zu Frage 6). Hierzu wurden Festlegungen zur Vereinfachung der Umsetzungsstrukturen getroffen. Zudem verweise ich auf die Antwort zu Frage 2. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1038 Zu 11.: Etwa zwei Drittel der für den GBV anfallenden Kosten werden über europäische Mittel (EFRE) finanziert. Dementsprechend erfolgte auch die Anmeldung der Haushaltsmittel. Die Finanzierung der Leistungen der ThLG ist jedoch nur über EFRE möglich, sofern sie im entsprechenden Umfang EFRE-Projekte bearbeitet. Die TLUG ist beauftragt, dies bei der Übergabe von Projekten an die ThLG zu gewährleisten. Zu 12.: Im Rahmen der Vertragsverhandlungen zum GBV erfolgte eine intensive Abstimmung zur Finanzierbarkeit des GBV aus europäischen Mitteln der dafür zuständigen Verwaltungsbehörde im damaligen Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Zudem wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Zu 13.: Sämtliches über den GBV beschäftigtes Personal wird für die Erfüllung der projektbezogenen Wahrnehmung der Bauherrenfunktion des Freistaates Thüringen an Gewässern 1. Ordnung eingesetzt. Zu 14.: Ich verweise auf meine Antwort zu Frage 3. Angesichts der noch nicht vollständig umgesetzten Festlegungen wurde die TLUG im Juli 2015 beauftragt, die vereinbarte Übergabe von Projekten an die ThLG und die Neuausrichtung der TLUG im Wasserbau nun zeitnah abzuschließen. Siegesmund Ministerin