11.09.2015 Drucksache 6/1066Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. September 2015 Katastrophenschutzdienste in Thüringen Die Kleine Anfrage 399 vom 20. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: In letzter Zeit gab es einige besorgniserregende Entwicklungen bei den Katastrophenschutzbehörden in Thüringen: So sichern immer weniger Ehrenamtler bei den freiwilligen Feuerwehren die Bürger und das Eigentum in Thüringen vor Feuer, retten Leben und Kulturgüter. Von rund 42.000 Freiwilligen im Jahr 2009 gab es einen stetigen Rückgang auf nur noch rund 37.000 im Jahr 2013.1 Darüber hinaus kritisierte der Thüringer Feuerwehr-Verband die Landesregierung aufgrund der verspäteten Vorlage des Landeshaushalts, was dazu führe, dass auch dieses Jahr keine Katastrophenschutzfahrzeuge beschafft werden könnten.2 Insbesondere würden Einsatzleit- und Sanitätsfahrzeuge fehlen.3 Auch die Doppelstruktur von Feuerwehren und Wasserwehren im Bereich des Hochwasserschutzes ist zwischen dem Land und dem Thüringer Feuerwehr-Verband umstritten und sorgt derzeit für Diskussionen.4 Ich frage die Landesregierung: 1. Über wie viele Einsatzleitfahrzeuge verfügen die Katastrophenschutzdienste derzeit in Thüringen? 2. Wie hoch ist das durchschnittliche Alter der Einsatzleitfahrzeuge? 3. Über wie viele Sanitätsfahrzeuge verfügen die Katastrophenschutzdienste derzeit in Thüringen? 4. Wie hoch ist das durchschnittliche Alter der Sanitätsfahrzeuge? 5. Wie viele und welche (Typus, zum Beispiel Einsatzleitfahrzeug, Sanitätsfahrzeug etc.) Fahrzeuge für den Katastrophenschutz sollen aus welchen Haushaltsposten (bitte Einzelplan, Kapitel und Titel im Haushaltsplan 2015 nennen) in den Jahren 2016 und 2017 beschafft werden (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln und die jeweiligen Kosten des Fahrzeugs aufführen)? 6. Wie ist derzeit die Kostenübernahme bei Wasserentnahme durch die Feuerwehr (kommunale Hydranten) geregelt? 7. Wie viele Wasserwehren gibt es derzeit in Thüringen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1066 8. Wie beurteilt die Landesregierung die Einrichtung von kommunalen Wasserwehren zur Gefahrenabwehr bei Überschwemmungsgefahr vor dem Hintergrund der Koordinierungsschwierigkeiten der Wasserwehren mit den Feuerwehren? 9. Welche Kosten entstanden den Gemeinden und kreisfreien Städten durch die Einrichtung von Wasserwehren zur Gefahrenabwehr bei Überschwemmungsgefahr? 10. Wann findet im Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz ein Gespräch über die Gefahrenabwehr bei Hochwasserkatastrophen statt, an dem alle Beteiligten teilnehmen (Gemeinden, Feuerwehren, Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz mit seinen nachgeordneten Behörden)? 11. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung, um den Mitgliederrückgang bei den freiwilligen Feuerwehren aufzuhalten? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 10. September 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es sind derzeit 93 Führungsfahrzeuge vorhanden. Zu 2.: Das durchschnittliche Alter der genannten Führungsfahrzeuge liegt bei 9,3 Jahren. Zu 3.: Es sind derzeit 126 Sanitätsfahrzeuge vorhanden. Zu 4.: Das durchschnittliche Alter der genannten Sanitätsfahrzeuge liegt bei 10,4 Jahren. Zu 5.: Im Landeshaushaltsplan 2015 (Einzelplan 03, Kapitel 0318, Titel 81173) sind für das Jahr 2016 Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von fünf Millionen Euro und für das Jahr 2017 in Höhe von drei Millionen Euro vorgesehen. Zu Lasten des Haushaltsjahres 2016 soll in diesem Jahr die Beschaffung von 21 ELW 1 und 14 Krankentransportwagen (KTW) eingeleitet werden. Zu Lasten des Haushaltsjahres 2017 werden dieses Jahr die Beschaffung weiterer 21 KTW sowie die Beschaffung von Löschfahrzeugen vorbereitet. Die konkrete Anzahl der zu beschaffenden Löschfahrzeuge kann erst nach der Auftragsvergabe für die ELW 1 und die KTW bestimmt werden und richtet sich nach den dann noch verfügbaren Haushaltsmitteln. Die Einzelkosten für die Fahrzeuge können nicht präzisiert werden, da die Ausschreibungsverfahren nicht abgeschlossen sind. Zu 6.: Die Gemeinden haben die Löschwasserversorgung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 44 des Thüringer Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (ThürBKG) auf eigene Kosten sicherzustellen. Zu 7.: Im Rahmen der Aufstellung des Landesprogramms Hochwasserschutz erfolgte 2012 eine Bestandsaufnahme . Hierzu wurden alle an den ausgewiesenen Risikogewässern in Thüringen liegenden Kommunen angefragt . Drei Kommunen gaben an, einen Wasserwehrdienst eingerichtet zu haben. Zu 8.: Bezüglich der Einrichtung des Wasserwehrdienstes gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen den Aufbau eines gesonderten Dienstes zu den vorhandenen Gefahrenabwehrkräften und zum anderen ein integratives System, bei dem der Wasserwehrdienst die vorhandenen Gefahrenabwehrkräfte berücksichtigt. Im Nachgang zum Hochwasser 2013 hat das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz das Gespräch mit anderen Bundesländern gesucht, um aus deren Erfahrungen mit dem jeweiligen System zu partizipieren. Vor allem aus Ländern mit dem integrativen Ansatz wurden sowohl von Seiten der Feuerwehr und als auch von kommunaler Seite positive Erfahrungen berichtet. Insofern bevorzugt Thüringen bei 3 Drucksache 6/1066Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode der Einrichtung von Wasserwehren im Freistaat den integrativen Ansatz (Einbindung von Feuerwehrangehörigen in den Wasserwehrdienst). Dieses Modell wird sehr erfolgreich in Sachsen angewandt. Insofern sieht die Landesregierung auch keine Koordinierungsschwierigkeiten zwischen Wasserwehren und Feuerwehren. Zu 9.: Hierzu kann keine Aussage getroffen werden, da nach Kenntnis des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz bislang nur eine gemeindliche Wasserwehr gemäß § 90 des Thüringer Wassergesetzes durch Satzung eingerichtet wurde. Zu 10.: Im Rahmen der Aufstellung des Landesprogramms Hochwasserschutz fand bereits frühzeitig ein breiter Kommunikations- und Diskussionsprozess mit allen Beteiligten statt. Dieser begann mit einer zentralen Auftaktkonferenz am 1. Oktober 2012 in Erfurt. Im Anschluss daran folgten vier Regionalveranstaltungen im Mai 2013 zur Vorstellung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme zum Hochwasserschutz und der Vorgehensweise zur Planung des Landesprogramms Hochwasserschutz. Im November und Dezember 2013 wurden die Ergebnisse der Planungen von Gemeinden, Landkreisen und Land vorgestellt. Im September 2014 wurde zur Abstimmung der weiteren Vorgehensweise speziell zum Thema Wasserwehrdienst eine Veranstaltung unter Leitung des damaligen Umweltstaatssekretärs durchgeführt, in der zwischen den in der Frage genannten Institutionen sowie den kommunalen Spitzenverbänden das weitere Vorgehen beim Aufbau des Wasserwehrdienstes in den Gemeinden besprochen wurde. Im Ergebnis der Sitzung wurde eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Thüringischen Landkreistages, des Gemeinde- und Städtebundes , einiger Gemeinden, dem Thüringer Feuerwehr-Verband und dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales eingerichtet, die unter anderem Handlungsempfehlungen und Mustersatzungen erarbeitet , um die Gemeinden, die im Rahmen der Maßnahmenplanung zum Landesprogramm Hochwasserschutz meldeten einen gemeindlichen Wasserwehrdienst einrichten zu wollen, entsprechend zu unterstützen. Die Arbeitsgruppe hat bislang viermal unter Leitung der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie getagt . Darüber hinaus fand am 9. Juli 2015 ein Gespräch zwischen Vertretern des Thüringer Feuerwehr-Verbandes und Umweltstaatssekretär Möller statt. Die von der Arbeitsgruppe zu erarbeitenden Handreichungen werden voraussichtlich im dritten bzw. vierten Quartal 2015 endabgestimmt vorliegen. Zu 11.: Die Landesregierung fördert das Ehrenamt in den Feuerwehren bereits jetzt in vielfältiger Weise: Beispielhaft sind die Absenkung des gesetzlichen Mindesteintrittsalters für die Jugendfeuerwehr von zehn auf sechs Jahre, die Förderung eines Bildungs- und Jugendreferenten beim Thüringer Feuerwehr-Verband und die Pauschalförderung der Jugendarbeit mit jährlich 20 Euro pro Angehörigen der Jugendfeuerwehr (insgesamt etwa 220.000 Euro im Jahr) zu nennen. Damit wird die frühzeitige Nachwuchsgewinnung gefördert und die Arbeit der Jugendfeuerwehren unterstützt. Entsprechend dem Grundsatz "Ehrenamt sichern durch zeitgemäße Ausstattung" stellte das Land für die Ausstattung der Kommunen im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe in den Jahren 2012 bis 2014 jährlich Fördermittel in Höhe von 6,7 Millionen Euro bereit. Der Ansatz wurde 2015 auf rund 7,5 Millionen Euro erhöht. Darüber hinaus wird die Ausbildung der freiwilligen Kameraden finanziell unterstützt, beispielsweise der Erwerb eines LKW-Führerscheines. Auch die Schaffung einer zusätzlichen Altersversorgung für die ehrenamtlichen Angehörigen der Einsatzabteilungen ("Feuerwehrrente" mit insgesamt etwa 2,5 Millionen Euro im Jahr), die in Deutschland einzigartig ist, trägt zu einer höheren Attraktivität und Anerkennung des Engagements im Ehrenamt bei. Im Haushaltsplan 2015 sind zudem Mittel veranschlagt zur Unterstützung von Feuerwehrangehörigen, die im Einsatz einen körperlichen Schaden erlitten haben, denen aber wegen entschädigungsausschließender Vorerkrankungen keine Leistungen von der Feuerwehrunfallkasse gewährt werden können. Für die im Koalitionsvertrag vorgesehene gemeinsame Kampagne der Landesregierung und des Thüringer Feuerwehrverbandes zur Gewinnung neuer Mitglieder für die Freiwilligen Feuerwehren stellt das Land ebenfalls Fördermittel zur Verfügung. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1066 All dies soll die Mitgliederwerbung und -bindung in den Kommunen erleichtern. Weitere Förderungen, Ehrungen und Vergünstigungen wie die "Ehrenamtscard" ergänzen diese Initiativen des Innenministeriums. Konkrete Initiativen können auch aus Lottomitteln oder über die Thüringer Ehrenamtsstiftung gefördert werden. Dr. Poppenhäger Minister Endnote: 1 Vgl. "Dramatischer Mitgliederschwund: Den Feuerwehren geht das Personal aus", in: Ostthüringer Zeitung, 8. Mai 2015, Seite 1. 2 Vgl. Thüringer Feuerwehr-Verband: "Mehr Geld für Katastrophenschutz gefordert", URL: http://thfv.feuerwehr-thueringen .de/aktuelles/nachrichtenuebersicht/nachricht/ansicht/mehr-geld-fuer-katastrophenschutz-gefordert.html. 3 Vgl. Kai Mudra: "Auch dieses Jahr kein Geld für Katastrophenschutz-Fahrzeuge in Thüringen", in: Thüringer Allgemeine , 18. April 2015. 4 Vgl. Steffen Beikirch: "Thüringer Feuerwehrchef wartet auf Ministerin Siegesmund: Einigung zu Wasserwehren steht noch aus", in: Ostthüringer Zeitung, 17. Juli 2015, Seite 1.