15.09.2015 Drucksache 6/1076Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 2. Oktober 2015 Speichertechnologien in Thüringen Die Kleine Anfrage 430 vom 29. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Zur Studie "Thüringer Emissionskataster und Treibhausgasbilanz" führte die Landesregierung im Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz aus, dass die Landesregierung aus wirtschaftlichen Gründen einerseits und zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung andererseits Stromimporte verringern wolle. Demgemäß solle der Eigenenergiebedarf bis 2020 bilanziell zu 60 Prozent und bis 2040 zu 100 Prozent gedeckt werden. Die Erhöhung des Anteils aus Strom aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen am Strommix führt zu dem Problem, dass ein immer größerer Anteil des Stroms nicht bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden kann. Um ein funktionales Stromversorgungssystem aus erneuerbaren Energien zu schaffen, sind Speicher notwendig, um den nicht bedarfsgerecht erzeugten Strom vorrätig zu halten. Die Kleine Anfrage dient dem Zweck, die Frage zu beantworten, welches Speicherkonzept die Landesregierung verfolgt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die installierte Leistung von Speichern für elektrischen Strom? 2. Welche Haushaltsmittel werden im Haushalt 2015 in welchen Einzelplänen und Titeln für die Erforschung von Speicherkapazitäten zur Verfügung gestellt? 3. Resultiert für die Landesregierung aus dem Vorhaben, den Eigenenergiebedarf bis zum Jahr 2020 zu 60 Prozent und bis zum Jahr 2040 zu 100 Prozent selbst zu decken, die Notwendigkeit Energiespeicher zu installieren? 4. Resultiert für die Landesregierung aus dem Vorhaben, einer Verdreifachung der Windkraftnutzung, die nicht bedarfsgerecht Strom volatil in die Netze einspeist, die Notwendigkeit, Energiespeicher zu installieren? 5. Welche Speicherleistung ist notwendig, um für Thüringen bei einem Stromsystem, welches die Stromversorgung zu 100 Prozent aus volatil einspeisenden erneuerbaren Energien gewährleisten möchte, eine durchgängige Energieversorgung sicherzustellen? 6. Welches Speicherkonzept verfolgt die Landesregierung? 7. Wie soll das vorgenannte Speicherkonzept durch konkrete Maßnahmen, Zeitplan und Mitwirkung welcher Akteure umgesetzt werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1076 8. Welches Ministerium zeichnet für die Federführung bei Forschung und Entwicklung von Speichertechnologien verantwortlich? 9. Sofern nicht das Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz verantwortlich ist, wie begründet die Landesregierung diese Kompetenzverteilung? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. September 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Zur in Thüringen insgesamt installierten Speicherleistung liegen der Landesregierung keine Angaben vor. Lediglich die Gesamtleistung der in Thüringen bestehenden Pumpspeicherkraftwerke kann beziffert werden ; sie beträgt 1.525 MW (Quelle: Pumpspeicherkataster Thüringen. Ergebnisse einer Potenzialanalyse, TMWAT 2011). Zu 2.: Im Haushalt 2015 sind für die Erforschung von Speicherkapazitäten keine Mittel eingeplant. Auch für Forschung und Entwicklung (FuE) im Bereich der Energiespeichertechnologien sind im Haushalt 2015 explizit keine Mittel veranschlagt. Allerdings werden im Rahmen der FuE- bzw. Technologieförderprogramme des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft für folgende Vorhaben aus der Förderperiode des OP Thüringen EFRE 2007 bis 2013, deren Laufzeit im Haushaltsjahr 2015 endet und die sich diesem Themenbereich zuordnen lassen, Fördermittel im Haushaltsjahr 2015 wie folgt zur Verfügung gestellt: Förderprogramm: Einzelmaßnahme der Technologieinfrastruktur Projekt: Auf- und Ausbau eines Batterietechnikums im Rahmen des Green-Tech-Campus Hermsdorf Zuwendungsempfänger: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der Angewandten Forschung e. V. Projektlaufzeit: 2013 - 2015 Zuwendung: 2.185.000,00 Euro insgesamt (Landesmitteldavon in 2015: 1.000.000,00 Euro aus Kapitel 0726 Titel 893 73) Förderprogramm: Richtlinie zur Verbundförderung Projekt: Redox-Flow-Batterie Zuwendungsempfänger: FSU Jena und JenaBatteries GmbH Projektlaufzeit: 08/2013 - 05/2015 Zuwendung: 2.095.218,12 Euro insgesamt (EFRE- und Landesmittel), davon in 2015: 955.218,12 Euro (EFRE-Mittel) aus Kapitel 0703 Titel 683 81 Zu 3.: Ziel der Landesregierung ist, bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 35 Prozent erneuerbare Energien (EE) am Endenergieverbrauch zu erreichen. Bis 2040 soll Thüringen seinen Eigenenergiebedarf bilanziell durch einen Mix aus 100 Prozent regenerativer Energie selbst decken können. Aus der zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energien und dem steigenden Anteil an der Stromerzeugung resultiert ein Flexibilitätsbedarf. Zur Deckung dieses Bedarfs gibt es verschiedene Flexibilitätsoptionen in den Bereichen Erzeugung, Netze, Speicher und Verbrauch. Der Stromspeicherbedarf ergibt sich nach Abwägung von technisch und ökonomisch vorteilhaften Flexibilitätsoptionen . Speicher müssen sich im Wettbewerb mit anderen Flexibilitätsoptionen behaupten. Die Bedeutung der Speicher wird mit dem Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung zunehmen . Ein Stromsystem, das weitgehend auf Erneuerbaren basiert, wird nicht ohne Langzeitspeicher auskommen . Aus den genannten Thüringer Zielen allein ergibt sich gleichwohl keine zwingende unmittelbare Notwendigkeit, Energiespeicher in Thüringen zu installieren. Eine Nachfrage, die nicht durch Thüringer EEAnlagen bedient werden kann, kann grundsätzlich auch durch Stromimporte gedeckt werden. 3 Drucksache 6/1076Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Das Ziel der Landesregierung besteht in einer Verdreifachung der für die Windenergienutzung zur Verfügung stehenden Fläche, das heißt auf etwa ein Prozent der Landesfläche soll künftig die Möglichkeit der Windenergienutzung bestehen. Aus diesem Ziel ergibt sich keine unmittelbare Notwendigkeit, Energiespeicher zu installieren. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Wieviel Strom aus der Windenergienutzung künftig produziert und in die Netze eingespeist wird, hängt von der installierten Windenergieleistung (Anzahl und Typ der Anlagen) sowie von den Wetterdaten ab. Zu 5.: Hierzu kann keine Aussage getroffen werden. Der Landesregierung liegen keine entsprechenden Analysen und Berechnungen vor. Es ist kein Ziel der Landesregierung, die Stromversorgung zu 100 Prozent aus volatil einspeisenden erneuerbaren Energien zu gewährleisten. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 6.: Zur Integration erneuerbarer Energien in das elektrische System muss ein ausgewogener Mix verschiedener Flexibilisierungsoptionen vorhanden sein, der marktgetrieben, kostenorientiert und technologieoffen gestaltet ist. Für die Landesregierung sind Speicher ein maßgeblicher Baustein der Energiewende. Sie sind eine zentrale Flexibilitätsoption und leisten einen wichtigen Beitrag für die Systemstabilität. Die Landesregierung tritt für einen fairen Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen ein. Auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten und der bereits installierten Kapazitäten haben für Thüringen derzeit insbesondere Pumpspeicherkraftwerke eine hohe Bedeutung. Bewährte und neue Speichertechnologien benötigen verlässliche Rahmenbedingungen. Hierfür tritt die Landesregierung auf Bundesebene ein. Eine wichtige Forderung ist in diesem Zusammenhang die Befreiung der Stromspeicher von der Entrichtung von Netzentgelten. Neue Speichertechnologien müssen entwickelt und optimiert werden und Marktreife erlangen. Dies wird durch die Landesregierung unterstützt. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Zu 7.: Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Zu 8.: Für Fragen der Forschung und Entwicklung, insbesondere für Grundsatzfragen der Forschungspolitik, einschließlich der strategischen Ausrichtung der Forschungsförderung, für die Förderung der Forschung an Hochschulen und an außeruniversitären Forschungseinrichtungen, für Angelegenheiten der Industrieforschung , der industrienahen Forschung, der wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen, der Technologieund Gründerzentren sowie Innovationszentren, für Grundsatzfragen der Innovationspolitik und -strategien, für Technologiepolitik, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, einzelbetrieblich und im Verbund zwischen Unternehmen sowie Wissenschaft und Wirtschaft sowie für Entwicklungsvorhaben im Technologiebereich, Technologietransfer und Technologieförderung ist das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG) zuständig. Ein spezielles Förderformat für Speichertechnologien gibt es nicht. Mögliche Forschungs- und Technologieprojekte aus diesem Bereich können sich in die allgemeinen zur Verfügung stehenden Förderinstrumente des TMWWDG einordnen und sind an die Kriterien der Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen (RIS3 Thüringen) gebunden. Zu 9.: Die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen wurde mit Beschluss der Thüringer Landesregierung vom 31. März 2015 geregelt. Danach sind im Geschäftsbereich des TMWWDG die Zuständigkeiten für Angelegenheiten der Forschung und Entwicklung gebündelt. Damit wird das Vorhalten von Doppelstrukturen in verschiedenen Ressorts vermieden. Siegesmund Ministerin