14.01.2015 Drucksache 6/109Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. Januar 2015 Gemeinschaftsunterkünfte in Thüringen - Teil 2 Die Kleine Anfrage 2 vom 14. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Viele der in Thüringen lebenden Asylsuchenden sind in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. In den letzten Jahren haben zudem viele Landkreise und kreisfreie Städte die Anzahl der dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten ausgebaut. Viele Gemeinschaftsunterkünfte sind aufgrund steigender Asylantragszahlen kapazitiv ausgeschöpft. Mit der novellierten Thüringer Verordnung über die Kostenerstattung nach dem Thüringer Flüchtlingsaufnahmegesetz werden vom Land für geplante oder getätigte Investitionen der Landkreise und kreisfreien Städte zur Neuschaffung von Unterbringungsplätzen in Gemeinschaftsunterkünften auf Antrag pauschal 7.500 Euro je neu geschaffenem Unterbringungsplatz gezahlt, wenn die Notwendigkeit der Investition durch das Landesverwaltungsamt schriftlich anerkannt worden ist. Die Schaffung von Wohnraum in dezentralen Unterkünften wird hingegen nicht unterstützt. Kürzlich wurde zudem öffentlich bekannt, dass in den nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften in Burbach und in Essen Asylsuchende von Mitarbeitern eines privaten Sicherheitsdienstes offensichtlich misshandelt wurden. Beide Unterkünfte werden von der Firma European Homecare GmbH betrieben. Diese Firma ist auch in Thüringen tätig und an der Betreibung der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtungen in Suhl und Eisenberg beteiligt. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Gemeinschaftsunterkünfte erfüllen bzw. erfüllen nicht die Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften für ausländische Flüchtlinge nach der Thüringer Verordnung über Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung und Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden und wann wurde dies durch wen zuletzt überprüft? 2. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit welcher Qualifikation sind derzeit in den Gemeinschaftsunterkünften im Rahmen der sozialen Betreuung und Beratung tätig und wie wird das vorhandene Angebot von Flüchtlingssozialarbeit und psychologischer Betreuung in den einzelnen Gemeinschaftsunterkünften bewertet (bitte Angabe in Vollzeitbeschäftigteneinheiten und gegliedert nach Gemeinschaftsunterkunft)? 3. In welchen Thüringer Gemeinschaftsunterkünften gibt es einen sogenannten Heimbeirat, in dem die in der Unterkunft untergebrachten Asylbewerberinnen und Asylbewerber mitarbeiten und welche anderen Formen der Partizipation gibt es in den Gemeinschaftsunterkünften (gegliedert nach Gemeinschaftsunterkunft )? 4. Wie wird in Thüringen sichergestellt, dass es zu Vorfällen wie in Essen und Burbach einleitend erwähnt, nicht auch in Thüringen kommt? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Rothe-Beinlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/109 5. Welche sachlichen Gründe sprachen dafür, die Betreibung der Erstaufnahmeeinrichtungen an die European Homecare GmbH zu vergeben und was qualifiziert diese Gesellschaft? 6. Welche Vorgaben müssen private Betreibungsgesellschaften von Flüchtlingsunterkünften in Thüringen bezogen auf die Einstellung von Wachpersonal oder bei der Delegation von Aufgaben an Subfirmen berücksichtigen? 7. Schließt die bisherige Ausschreibungspraxis aus, dass Personal, welches beispielsweise Verstöße gegen § 86a Strafgesetzbuch begangen hat, dort nicht tätig werden kann und wenn nein, warum nicht? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Landesverwaltungsamt nimmt fortlaufend Überprüfungen von Gemeinschaftsunterkünften in Thüringen vor. Dabei werden alle Gemeinschaftsunterkünfte grundsätzlich jeweils im Zeitraum von etwa drei Jahren einer Prüfung unterzogen. Zudem haben die Landkreise und kreisfreien Städte jährlich bis zum 15. April einen Bericht über die im vorangegangenen Jahr geleistete Sozialbetreuung vorzulegen. Nach Einschätzung des Landesverwaltungsamtes erfüllen alle 27 derzeit betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte der Landkreise und kreisfreien Städte die Vorgaben der Thüringer Verordnung über Mindestbedingungen für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und die soziale Betreuung und Beratung von Flüchtlingen und Asylsuchenden (ThürGUSVO). Vereinzelt kommt es jedoch infolge von temporärer Überbelegung dazu, dass nicht durchgehend die in der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts- und Sozialbetreuungsverordnung vorgegebenen Mindestanforderungen, wie etwa die Mindestwohnfläche, eingehalten werden können. Zu 2.: Hinsichtlich der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer jeweiligen Qualifikation wird auf die Anlage verwiesen . Das vorhandene Betreuungsangebot entspricht grundsätzlich den Vorgaben der Thüringer Gemeinschaftsunterkunfts - und Sozialbetreuungsverordnung. Zu 3.: Ein sogenannter Heimbeirat ist in der Gemeinschaftsunterkunft der Stadt Jena eingerichtet. Weitere Formen der Partizipation sind grundsätzlich nicht gegeben. In der Vergangenheit fanden jedoch bei Bedarf Versammlungen mit den Bewohnern vor Ort statt. Zu 4.: In Thüringen werden der Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften, die soziale Betreuung und Beratung sowie die Bewachung von Gemeinschaftsunterkünften getrennt voneinander vergeben. Mit Blick auf die Bewachung kommunaler Gemeinschaftsunterkünfte ist stets die Vorlage eines Führungszeugnisses notwendig. Zudem wurde im Anschluss an die Ereignisse in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern das Thüringer Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 gebeten, die für die Unterbringung in Thüringen zuständigen Landkreise und kreisfreien Städte aufzufordern, ihre bisherige Verfahrensweise im Hinblick auf Sicherstellung der Integrität und Zuverlässigkeit sowohl der beauftragten Unternehmen als auch des von diesen eingesetzten Personals zu überprüfen. In diesem Zusammenhang wurden die kommunalen Gebietskörperschaften auf die einschlägigen Vorschriften der Bewachungsverordnung und die Möglichkeit einer entsprechenden Anfrage beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hingewiesen. Zu 5.: Die European Homecare GmbH ist weder in der Landesaufnahmestelle in Eisenberg noch in der Außenstelle der Landesaufnahmestelle in Suhl mit der Betreibung der Einrichtung beauftragt. Sie nimmt in beiden Einrichtungen lediglich Aufgaben der medizinischen und sozialen Betreuung wahr. Die European Homecare GmbH war hier das einzige Unternehmen, das im Rahmen der Vergabe dieser Leistungen für die Außenstelle der Landesaufnahmestelle in Suhl ein Angebot abgegeben hat. Im Rahmen der für die Landesaufnahmestelle Eisenberg durchgeführten Ausschreibung war es ebenfalls einziger Anbieter. 3 Drucksache 6/109Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6.: Bei der Einstellung von Wachpersonal ist § 34a der Gewerbeordnung zu beachten, wonach das eingesetzte Bewachungspersonal über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen muss. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Zu 7.: Auf die Antworten zu den Fragen 4 und 6 wird verwiesen. Lauinger Minister Anlage*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlage wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlage erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren kann sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Anlage zur Antwort auf die Kleinen Anfrage Nr. 2 (Gemeinschaftsunterkünfte in Thüringen – Teil 2) Landkreis/kreisfreie Stadt Einsatz von Personal in der Flüchtlingssozialarbeit Eisenach* --- Erfurt - je Gemeinschaftsunterkunft ein Sozialbetreuer in Vollzeit, davon 1,0 VbE mit Abschluss als Jugenderzieherin, vier Personen ohne einschlägige Qualifikation Gera - eine Dipl.-Sozialpädagogin mit 0,875 VbE - ein Soziologe mit 0,875 VbE - eine Dipl.-Sozialarbeiterin mit 0,25 VbE Jena - 5,0 VbE, davon zwei Personen mit einer Qualifikation als Sozialarbeiter, drei Personen ohne einschlägige Qualifikation Suhl* --- Weimar - zwei Dipl.-Sozialarbeiterinnen mit je 0,625 VbE - eine Fachkraft für soziale Arbeit mit 0,5 VbE Altenburger Land - eine Sozialpädagogin mit 0,95 VbE Eichsfeldkreis - eine Dipl.-Sozialpädagogin mit 1,0 VbE Gotha - eine Dipl.-Sozialpädagogin mit 0,5 VbE - eine Sozialarbeiterin ohne Qualifikation mit 1,0 VbE Greiz - eine ohne qualifizierten Abschluss als Sozialbetreuerin mit 1,0 VbE in Ausbildung/Studium - eine zusätzliche Stelle mit qualifiziertem Abschluss soll geschaffen werden Hildburghausen - eine Dipl.-Sozialarbeiterin mit 1,0 VbE Ilm-Kreis - zwei Sozialarbeiter mit 1,0 VbE Kyffhäuserkreis - ein Dipl.-Pädagoge mit 1,0 VbE, - zwei Sozialpädagogen mit je 1,0 VbE - eine Person ohne einschlägige Qualifikation mit 0,75 VbE Nordhausen - zwei Dipl.-Sozialarbeiter mit je 1,0 VbE Saale-HolzlandKreis * --- Saale-Orla-Kreis - eine Sozialarbeiterin ohne Qualifikation mit 0,75 VbE - Einstellung einer Dipl.-Sprachmittlerin mit psychologischem und pädagogischem Teilabschluss wird vorbereitet Saalfeld-Rudolstadt - eine Sozialpädagogin mit 1,0 VbE SchmalkaldenMeiningen * --- Sömmerda* --- Sonneberg* --- Unstrut-HainichKreis - eine Dipl.-Sozialpädagogin mit 0,925 VbE - eine Hilfskraft ohne einschlägige Qualifikation mit 1,0 VbE Wartburgkreis - eine Sozialpädagogin mit 0,875 VbE Weimarer Land - eine Erzieherin mit 0,75 VbE, ein Sozialpädagoge mit VbE, zwei Pädagogen mit 0,25 beziehungsweise 0,5 VbE - zudem soziale Betreuung durch zwei Mitarbeiter des Sozialamtes mit 0,125 beziehungsweise 0,3 VbE * Der Landkreis/Die kreisfreie Stadt unterhält derzeit keine Gemeinschaftsunterkunft für ausländische Flüchtlinge. Quelle: Landesverwaltungsamt