29.01.2015 Drucksache 6/117Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 4. Februar 2015 Antisemitische Überfälle, Leugnung des Holocaust und andere Straftaten in den Monaten Juli bis September 2014 Die Kleine Anfrage 67 vom 15. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Deutsche Rechtsextremisten verübten auch in den Monaten Juli bis September 2014 antisemitische Straftaten , verschandelten jüdische Friedhöfe, schmierten antisemitische Parolen, bedrohten und überfielen jüdische Bürgerinnen und Bürger sowie jüdische Einrichtungen. Flankiert wird dies durch eine teilweise oder gänzliche Leugnung des Holocaust. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche antisemitischen Aktivitäten (Zusammenrottungen, Überfälle, Schmierereien, Pressedelikte, Leugnung des Holocaust usw.) sind der Landesregierung in den Monaten Juli bis September 2014 in Thüringen bekannt geworden (bitte genaue Auflistung nach Ort, gegebenenfalls Bereich der Landespolizeiinspektion [LPI-Bereich], Datum, gegebenenfalls Kontext der Aktivitäten und Straftaten)? 2. Wie viele Tatverdächtige wurden wegen antisemitischer Delikte in den Monaten Juli bis September 2014 festgenommen (bitte auch vorläufige Festnahmen und genaue Auflistung nach Tatvorwurf, Ort und Datum)? 3. Wie viele Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsverfahren liefen wegen derartiger Delikte in den Monaten Juli bis September 2014 (bitte genaue Auflistung nach Tatvorwurf bzw. Tat, Datum, Ort, gegebenenfalls LPI- Bereich und gegebenenfalls Strafmaß)? 4. In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen aufgrund welcher Vorschrift eingestellt (bitte genaue Auflistung nach Tatvorwurf, Einstellungsvorschrift, Ort, gegebenenfalls LPI-Bereich und Datum)? 5. Wie viele Personen wurden wegen antisemitischer Straftaten in diesem Zeitraum zu welchen Strafen verurteilt (bitte nach Datum, Straftat und Strafmaß aufschlüsseln)? 6. Wie viele Personen wurden im besagten Zeitraum bei Überfällen mit antisemitischer oder zu vermutender antisemitischer Motivation leicht verletzt, schwer verletzt oder getötet (bitte aufschlüsseln nach Schwere, Datum und Ort, gegebenenfalls LPI-Bereich)? 7. Welcher materielle Schaden entstand bei antisemitischen Straftaten? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/117 Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 29. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Zeitraum von Juli bis September 2014 sind der Thüringer Polizei folgende zunächst als antisemitisch bewertete Straftaten bekannt geworden: Delikt Tatzeit LPI-Bereich Verwenden von Kennzeichen § 86a StGB* 24.07.2014 Jena verfassungswidriger 24.07.2014 Jena Organisationen 29.07.2014 Gotha 03.08.2014 Suhl 26.08.2014 Gera Störung des öffentlichen § 126 StGB 06.08.2014 Erfurt Friedens durch Androhung von Straftaten Volksverhetzung § 130 StGB 09.07.2014 Jena 17.07.2014 Gotha 02.08.2014 Erfurt 18.08.2014 Saalfeld 20.09.2014 Erfurt Störung der Totenruhe § 168 StGB 10.08.2014 Nordhausen Gefährliche Körperverletzung § 224 StGB 30.09.2014 Jena (Versuch) Sachbeschädigung § 303 StGB 26.07.2014 Erfurt *Strafgesetzbuch Zu 2.: In den Monaten Juli bis September 2014 wurden keine Personen wegen eines antisemitischen Deliktes festgenommen. Zu 3.: Rechtsextremistische/fremdenfeindliche Straftaten werden bei den Staatsanwaltschaften des Freistaates - quartalsweise - zahlenmäßig erfasst und statistisch ausgewertet. Antisemitische Straftaten werden nur insoweit gesondert erfasst, als die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, auch unterschieden nach Straftatengruppen, mitgeteilt wird. Bei den Staatsanwaltschaften Erfurt, Gera, Meiningen und Mühlhausen wurden im Zeitraum von Juli bis September 2014 elf Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Bestrebungen eingeleitet und zwar: 3 Verfahren nach § 86 oder § 86a StGB 5 Verfahren nach § 130 oder § 131 StGB 3 Verfahren wegen sonstiger Delikte (außer §§ 125, 125a, 211, 212, 223 ff., 306 ff., 340 StGB) Darüber hinausgehendes statistisches Zahlenmaterial im Sinne der Fragestellung steht nicht zur Verfügung. Die Einstufung einer Tat als antisemitisch durch die Staatsanwaltschaft muss wegen unterschiedlicher Erfassungskriterien und/oder des fortgeschrittenen Ermittlungsstandes nicht unbedingt mit der Bewertung durch die Polizei übereinstimmen. 3 Drucksache 6/117Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4. und 5.: Zahlenmaterial im Sinne der Fragestellung steht nicht zur Verfügung, da bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten darüber keine Statistiken geführt werden. Die nachträgliche Feststellung dieser Zahlen würde angesichts des großen Aktenbestandes und der Möglichkeit, dass sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im Hauptverfahren ändert, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tätigkeit der Staatsanwaltschaften führen. Zu 6.: Im Zeitraum von Juli bis September 2014 waren im Zusammenhang mit einer antisemitischen Gewalttat vier Opfer zu verzeichnen. Verletzt wurde allerdings keine Person, da die Tathandlung im Versuchsstadium blieb. Zu 7.: Im Zusammenhang mit den von der Polizei als antisemitisch eingestuften Straftaten wurde im angefragten Zeitraum ein materieller Schaden in Höhe von ca. 200 Euro bekannt. Lauinger Minister