22.10.2015 Drucksache 6/1201Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 4. November 2015 Schulische Betreuung von Flüchtlingen im Ilm-Kreis Die Kleine Anfrage 506 vom 8. September 2015 hat folgenden Wortlaut: In den letzten Wochen hat die Zahl von Flüchtlingen deutlich zugenommen. Unter den ankommenden Menschen sind auch sehr viele Kinder und Jugendliche. Insbesondere für die Thüringer Schulen stellt die hohe Zahl an Flüchtlingskindern eine große Herausforderung dar. Nicht wenige Schulen, auch im Ilm-Kreis, klagen bereits jetzt überlastet zu sein. Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Schulen im Schulamtsbereich Westthüringen und im Ilm-Kreis sind Kinder und Jugendliche mit Flüchtlingshintergrund eingeschult worden und um wie viele Schüler handelt es sich (sortiert nach Schulart und Klassenstufe)? 2. Wie viel zusätzliches Personal wurde den betreffenden Schulen zur Verfügung gestellt und wie muss dieses Personal befähigt sein? 3. Wie unterstützt die Landesregierung Schulen im Auswahlverfahren für neues Lehrpersonal zur Beschulung von Schülern mit Flüchtlingshintergrund? 4. Ist das zur Verfügung stehende Lehrpersonal im Schulamtsbereich Westthüringen und insbesondere im Ilm-Kreis zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Flüchtlingshintergrund in Schulen bereits nachqualifiziert worden? Wenn ja, wie sieht diese Qualifizierung aus? Wenn nein, weshalb nicht? 5. Haben Schulen im Schulamtsbereich Westthüringen und insbesondere im Ilm-Kreis bereits spezielle Lehrmaterialien für die Beschulung von Schülern mit Flüchtlingshintergrund oder zusätzliche Finanzmittel bekommen? Wenn ja, welche Materialien? Wenn nein, weshalb nicht? 6. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass durch die zusätzliche Beschulung nicht deutschsprechender Kinder und Jugendlicher die Lehrqualität für die restlichen Schüler gleichbleibend ist? Sieht die Landesregierung diesbezüglich zum aktuellen Zeitpunkt Einschränkungen in der Qualität der Beschulung? 7. Gab oder gibt es diesbezüglich eine Sprachregelung von Schulämtern oder dem Bildungsministerium wie Schulleiter auf diesbezügliche Anfragen reagieren sollen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Bühl (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1201 8. Hat die Landesregierung den Schulen bereits inhaltliche Konzeptionen zur Verfügung gestellt, die den Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Flüchtlingshintergrund regeln sollen? Wenn ja, wie sieht diese aus? Wenn nein, weshalb nicht und ist eine solche Konzeption geplant? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Statistische Angaben über Einschulungen, im Sinne einer erstmaligen Aufnahme einer Schülerin bzw. eines Schülers an einer Thüringer Schule, liegen der Landesregierung nicht vor. Gemäß der Schuljahresstatistik befanden sich im Schuljahr 2014/2015 819 Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache an Schulen im Schulamtsbereich Westthüringen; 161 davon befanden sich in Schulen des Ilm-Kreises. Das Merkmal "Flüchtling" ist kein Erfassungskriterium der Schulstatistik. Eine Gesamtübersicht der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache im Ilm-Kreis und dem Schulamtsbereich Westthüringen ist in der Anlage 1 dargestellt. Für das aktuelle Schuljahr liegen noch keine belastbaren Daten vor. Zu 2.: Für die Absicherung der Sprachangebote stehen für das Schuljahr 2015/2016 zunächst landesweit 50 Vollzeitbeschäftigungsäquivalente zur Verfügung, die über den Stellenplan hinaus für befristete Einstellungen genutzt werden können. Von diesen wurden dem Staatlichen Schulamt Westthüringen 8,7 zugewiesen und zehn Einstellungen damit realisiert. Den Staatlichen Schulämtern wurden für die Einstellung der zusätzlichen Lehrkräfte Hinweise über die zu erwartenden Qualifikationen gegeben. Danach sollen die Bewerber über eine Lehrerausbildung mit einer Qualifikation in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) oder im Fach Deutsch bzw. einer modernen Fremdsprache verfügen oder Erfahrungen in DaZ/DaF aufweisen. Ebenso möglich ist die Einstellung von ausländischen Lehrern mit anerkannter Qualifikation in Deutsch/Deutsch als Fremdsprache (DaF) sowie von Masterabsolventen in DaF/DaZ mit Erfahrung als Integrationskursleiter oder im DaZ-Unterricht von Kindern und Jugendlichen. Zu 3.: Es finden regelmäßige Beratungen mit den Leitern, den Koordinatoren sowie den Abteilungsleitern für Personal -, Rechts- und Haushaltsangelegenheiten der Staatlichen Schulämter statt. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 4.: Der Fortbildungsbedarf ergibt sich aus der Anzahl der Kinder und Jugendlichen aus Flüchtlingsfamilien vor Ort und deren sprachlichen und kulturellen Vorkenntnissen. Eine Übersicht über die Fort- und Weiterbildungsangebote im Bereich Deutsch als Zweitsprache ist in der Anlage 2 dargestellt. Hierzu hatten und haben auch Lehrkräfte und Schulen im Ilm-Kreis sowie dem Schulamtsbereich Westthüringen im Rahmen der gegebenen Kapazitäten Zugang. Zu 5.: Von dem für das Schulwesen zuständigen Ministerium erfolgt über die Staatlichen Schulämter eine Bereitstellung von spezifischen Lehrmaterialien für den DaZ-Unterricht. Hierbei handelt es sich um sprachspezifische Wörterbücher, Lehrbücher für die Vermittlung der deutschen Sprache als Zweitsprache, Materialpakete und Sammlungen. Eine Zuweisung an Schulen des Schulamtsbereichs Westthüringen erfolgte im September 2015 im Umfang von 17.414,05 Euro. Zu 6.: Im Schulamtsbereich Westthüringen wurden in der Summe bis zum jetzigen Zeitpunkt zehn Lehrkräfte im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel zur Absicherung des Sprachunterrichts für die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache eingestellt. Im Ilm-Kreis wurden drei Lehrkräfte eingestellt. Davon sind zwei Lehrkräfte mit insgesamt 38 Lehrerwochenstunden für den Sprachunterricht im Regelschulbereich der Stadt Arnstadt geplant. Weitere Einstellungen sind vorgesehen. Der reguläre Unterricht nach Rahmenstundentafel findet an den Schulen wie geplant statt. Es gibt keine Reduzierung der planmäßigen Unterrichtsstunden aufgrund des erforderlichen Sprachunterrichtes für Flüchtlingskinder . 3 Drucksache 6/1201Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 7.: Nein; die Schulleiter wurden jedoch in Dienstberatungen für die Aufgaben der Schulen bei der Aufnahme und Beschulung der Flüchtlingskinder sensibilisiert. Zu 8.: Als eine Möglichkeit der Orientierung dient die Fachliche Empfehlung zum Schulbesuch und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in Thüringen (https://www.thueringen.de/ imperia/md/content/tmbwk/bildung/schulwesen/empfehlungen/fachliche_empfehlung_schueler_auslaendischer _herkunft.pdf). Darüber hinaus werden weitere Materialien erarbeitet. Dr. Klaubert Ministerin Anlagen*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlagen wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlagen erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek. Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Anlage 1 Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache im Schulamtsbereich Westthüringen und im Ilm-Kreis im Schuljahr 2014/2015 (Stichtag: 17. September 2014 (abS) und 12. November 2014 (bbS)) Westthüringen Klassenstufe SE 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 USTWST bbS Gesamt SE 1 SE 2 SE 3 Gesamt 1. Jhrgst. 2. Jhrgst. 3. Jhrgst. Gesamt Schulart Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Grundschule 60 94 13 167 58 80 305 Regelschule 31 44 42 44 55 31 247 Gemeinschaftsschule 4 2 4 1 1 1 13 Gymnasium 4 3 6 13 14 19 16 13 88 Gesamtschule/ Sonstige 2 2 3 2 1 10 Förderschule 1 1 2 2 1 7 13 berufsbildende Schule 111 30 2 143 143 Gesamt 60 94 14 168 58 80 41 51 54 61 74 52 17 13 7 111 30 2 143 819 Ilm-Kreis Klassenstufe SE 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 bbS Gesamt SE 1 SE 2 SE 3 Gesamt 1. Jhrgst. 2. Jhrgst. Gesamt Schulart Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Schüler Grundschule 12 26 3 41 15 23 79 Regelschule 3 6 4 5 7 7 32 Gemeinschaftsschule 1 1 2 Gymnasium 1 2 1 2 7 5 1 19 berufsbildende Schule 25 4 29 29 Gesamt 12 26 3 41 15 23 3 7 7 6 10 14 5 1 25 4 29 161 Anlage 2 Übersicht der Fort- und Weiterbildungsangebote im Bereich Deutsch als Zweitsprache 1. Fortbildungsmaßnahmen 2015/2016 2014/2015 Deutsch als Zweitsprache im berufsbildenden Bereich Fortbildungsreihe für DaZ-Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen 2 Nachmittagsveranstaltungen pro Schulhalbjahr ca. 20 Teilnehmer Deutsch als Zweisprache im berufsbildenden Bereich (Fortbildungsreihe für DaZ-Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen, zwei Nachmittagsveranstaltungen pro Schulhalbjahr, ca. 20 Teilnehmer z. B. − 18.11.2014 - Förderung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern in Deutsch als Zweitsprache an der berufsbildenden Schule- ein Erfahrungsaustausch − 04.03.2015 - Berufsbezogener DaZ-Unterricht) Einzelveranstaltungen zu speziellen von Lehrkräften benötigten Themen (Schwerpunkt 2015/2016: Alphabetisierung, zwischen 20 und 60 Teilnehmer) Einzelveranstaltungen zu speziellen von Lehrkräften benötigten Themen (Schwerpunkt 2014/15: Diagnose und gezielte Förderung, zwischen 20 und 60 Teilnehmer z. B. − 15./16.09.2014 - Schule in der Migrationsgesellschaft − 23.10.2014 - Feststellung des Standes der sprachlichen Entwicklung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache − 12.11.2014 - Materialien und Lehrwerke im Unterricht Deutsch als Zweitsprache − 24.02.2015 - KIKUS: ein ganzheitliches Programm zur Anregung und Förderung der Mehrsprachigkeit von Kindern − 19.03.2015 - Förderung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern in Deutsch als Zweitsprache in Sprachlernklassen- ein Erfahrungsaustausch Netzwerk der DaZ-Lehrkräfte Lehrkräfte mit abgeschlossener DaZ-Qualifizierung (Fortbildungsveranstaltungen zur Erweiterung der erworbenen Qualifikation, 15 Lehrkräfte) Veranstaltungen im Rahmen der Berufseingangsphase (drei Ganztagsveranstaltungen im Schuljahr: Interkulturelles Lernen, Förderung von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache, Sprachsensibler Fachunterricht, zwischen 25 und 50 Teilnehmern) Fortbildung für spezielle Zielgruppen, Durchführung von Veranstaltungen für Beratungslehrer, Fachberater, Schulentwicklungsberater … (fünf bis zehn Veranstaltungen pro Schuljahr, Ganztags- oder Nachmittagsveranstaltungen, zwischen 15 und 40 Teilnehmern) Fachliche Begleitung der Lehrkräfte in den Sprachklassen (Fortbildung und Begleitung des für die Sprachklassen und das BVJ(S) eingestellten Personals, zwei Ganztagsveranstaltungen pro Halbjahr (Teilnehmerzahl laut eingestellten Lehrkräften)) 2. Weiterbildungsmaßnahme Deutsch als Zweitsprache 2015/2016: 2014/2015: 200-Stunden-Programm zur Qualifizierung Thüringer Lehrkräfte (Aufbau der notwendigen interkulturellen und didaktischen Kompetenzen, Träger: Thüringer Volkshochschulverband, ca. 75 Teilnehmer) 200-Stunden-Programm zur Qualifizierung Thüringer Lehrkräfte (Aufbau der notwendigen interkulturellen und didaktischen Kompetenzen, Träger: Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft, 15 Teilnehmer)