29.10.2015 Drucksache 6/1244Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. November 2015 Zertifizierung von Schweinemastanlagen Die Kleine Anfrage 507 vom 7. September 2015 hat folgenden Wortlaut: In der jüngeren Vergangenheit haben sich bei mehreren Tierschutzkontrollen in Thüringer Landwirtschaftsbetrieben Auffälligkeiten gezeigt, die auch in der Presse Niederschlag gefunden haben. Von Seiten der zuständigen Ministerien und Abgeordneten wurden Vor-Ort-Termine wahrgenommen und Lösungsansätze bearbeitet. Die Landwirte und ihre Standesvertretung, der Thüringer Bauernverband, monierten in diesem Zusammenhang wiederholt, dass mit der Berichterstattung alle Betriebe über einen Kamm geschoren würden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Tierschutzkontrollen wurden seit 2005 bei wie vielen Betrieben durchgeführt (bitte nach Jahresscheiben ), wie hoch ist dabei der Anteil der unauffälligen und der regelmäßig auffälligen Betriebe (bitte jeweils nach Jahresscheiben) und wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung über die vergangenen Jahre? 2. Wie stellt sich die Personalsituation bei den Tierschutzbehörden dar (bitte nach einzelnen Behörden aufschlüsseln)? 3. Nach welchen Maßstäben werden die Kontrollen und gegebenenfalls eine feste Kontrollfrequenz nach Betrieb festgelegt? 4. Welche Fristen zur Beseitigung gelten im Regelfall bei festgestellten Mängeln? 5. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Zusammenarbeit der Tierschutzbehörden auf der einen Seite mit a) den zu kontrollierenden Betrieben, b) der Staatsanwaltschaft und c) dem Landesverwaltungsamt auf der jeweils anderen Seite und sieht die Landesregierung dabei jeweils einen Verbesserungsbedarf? 6. Wie werden die Tierschutzkontrollen dokumentiert und wem sind die Dokumente auf welchem Weg zugänglich? 7. Besteht für die Betriebe die Möglichkeit, die Dokumentation der Tierschutzkontrollen zu erhalten bzw. zu veröffentlichen und wenn nein, warum nicht? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mühlbauer (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1244 8. Wie bewertet die Landesregierung die Einführung eines Siegels oder Zertifikats nach erfolgter Prüfung, gegebenenfalls mit einer Zusammenfassung der maßgeblichen zur Prüfung festgestellten Sachverhalte? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Tierschutzkontrollen Jahr Anzahl der Kontrollen Anzahl der Betriebe Anzahl der Betriebe mit Maßnahmen Anzahl der Betriebe mit Maßnahmen in Prozent 2005 257 184 27 14,67 2006 2634 1547 208 13,45 2007 3715 2096 375 17,89 2008 4055 2280 498 21,84 2009 4211 2243 537 23,94 2010 4825 2552 678 26,57 2011 4761 2635 609 23,11 2012 4936 2630 647 24,60 2013 5158 2769 622 22,46 2014 5095 2921 572 19,58 2015 1.Halbjahr 2412 1497 312 20,84 2005 = Jahr der Umstellung des EDV-Erfassungsprogramms (von David zu Balvi iP), somit sind die Zahlen kaum belastbar! Die Entwicklung der Zahlen verdeutlicht die Notwendigkeit, weiterhin den Kontrolldruck der zuständigen Behörden gegenüber den verantwortlichen Tierhaltern aufrecht zu halten. Die vorliegenden Daten zeigen auch, dass der im Rahmen der öffentlichen Diskussionen dem Thema Tierschutz zugewiesenen Bedeutung durch die Vielzahl der durchgeführten Kontrollen in Thüringen Rechnung getragen wird. Zu 2.: Die personelle und technische Ausstattung der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter liegt in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte. Nach Auffassung der Landesregierung sind die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter der Landkreise und kreisfreien Städte sowohl von der personellen als auch von der materiellen Ausstattung her grundsätzlich in der Lage, die ihnen übertragenen Aufgaben auf den Gebieten Tiergesundheit, Tierschutz, Tierarzneimittelanwendung und Lebensmittelsicherheit ordnungsgemäß wahrzunehmen. Aus der Erfahrung der letzten Monate im Rahmen der Arbeit der Task Force "Schweinehaltungskontrollen in Thüringen" muss jedoch festgestellt werden, dass Betriebe mit bestimmten Dimensionen nicht vollumfänglich allein durch ein Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt zu kontrollieren sind. Im Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) ist der Bereich Tierschutz/Tierarzneimittelüberwachung (Fachaufsicht/Widerspruchs- und Vollzugsbehörde in eigener Zuständigkeit) mit zwei Tierarzt- und 1,5 Sachbearbeiterstellen, davon eine Tierarztstelle erst seit dem 1. Juli 2015, besetzt. Zur weiteren Stärkung des TLV als Kontroll- und Fachaufsichtsbehörde wird derzeit die Errichtung einer "Zentralen Kontrolleinheit Veterinärüberwachung" vorbereitet, die auf den Gebieten Tiergesundheit, Tierschutz und Tierarzneimittelanwendung tätig werden soll. Zu 3.: Da die Anfrage auf den Tierschutz in der Landwirtschaft ausgerichtet ist, wird an dieser Stelle lediglich auf die Kontrollen in Nutztierhaltungen Bezug genommen. Bundesweit wurde in der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz das "Handbuch Tierschutzüberwachung in Nutztierhaltungen" entwickelt, welches den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern als anzuwendendes Hilfsmittel per Erlass übersandt wurde. Mit Hilfe der dar- 3 Drucksache 6/1244Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode in enthaltenen dynamischen Risikobewertung von Nutztierhaltungen unter Tierschutzaspekten ergibt sich eine jährliche risikoorientierte Inspektionsauswahl der Nutztierhaltungen. Zu 4.: Werden Verstöße gegen tierschutzrechtliche Normen festgestellt, müssen diese bewertet und geeignete sowie angemessene Maßnahmen seitens der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter ergriffen werden . Verwaltungsrechtlich sind Fristen im Rahmen der Ermessensausübung und unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles festzulegen. Somit kann hierzu keine pauschale Antwort gegeben werden. Fristen zur Beseitigung reichen in Abhängigkeit der Schwere der Verstöße von sofort bis zu mehreren Monaten . Soweit die Voraussetzungen gegeben sind, kann die Behörde zudem die sofortige Vollziehung anordnen , um die aufschiebende Wirkung bei Rechtsmittelnutzung zu vermeiden. Zu 5.: Die tierschutzrechtlich zuständigen Veterinärbehörden sind als Vollzugbehörden grundsätzlich an einer sachund rechtskonformen Zusammenarbeit mit den von ihnen zu kontrollierenden landwirtschaftlichen Betrieben interessiert. Aufgrund ihrer Funktion als Kontroll- und Vollzugsbehörde können die Auffassungen zwischen den beiden Seiten differieren, so dass daraus wie unter Frage 4 ausgeführt unterschiedliche Maßnahmen und Fristen zur Abstellung eventuell bestehender Mängel resultieren. Grundsätzliche Probleme bei der Zusammenarbeit der Tierschutzbehörden mit den Staatsanwaltschaften und dem Landesverwaltungsamt bestehen nicht. Verbesserungsbedarf ist nicht ersichtlich. Zu 6.: Jede Kontrolle eines Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes oder des Thüringer Landesamtes für Verbraucherschutz wird entsprechend dokumentiert. Die Dokumentationsmöglichkeiten reichen von Betriebsprotokollen bis hin zu standardisierten Kontrollbögen, beispielsweise im Rahmen von Cross Compliance . Es gehört zur transparenten Arbeitsweise der Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter, dass Protokolle grundsätzlich den betroffenen Tierhaltern bzw. Betrieben bekanntgegeben werden. Die Ergebnisse der Kontrollen werden in eine elektronische Datenbank eingepflegt, aus der die rechtlich vorgeschriebenen Statistikmeldungen zusammengestellt werden können. Zu 7.: Inwieweit der kontrollierte Betrieb die ihm - wie in Frage 6 dargelegt - zur Verfügung gestellten Protokolle zu Tierschutzkontrollen seinerseits veröffentlicht, obliegt seiner Entscheidung. Zu 8.: Die Einführung eines Siegels oder Zertifikates nach erfolgter Prüfung wird seitens der Landesregierung nicht befürwortet. Jede Kontrolle gibt nur eine Momentaufnahme der Situation in einem Betrieb wieder. Die Kontrolle der baulichen Begebenheiten sowie der Umgang mit den Tieren sind immer auf der Grundlage des § 2 des Tierschutzgesetzes vom Tierhalter/Tierbetreuer tagtäglich umzusetzen. Auf aktuelle Veränderungen , die Einfluss auf das Wohlergehen der Tiere haben können (z. B. Krankheit, Witterung etc.), hat der verantwortliche Tierhalter kurzfristig angemessen zu reagieren. Ein behördliches Prüfsiegel würde hier eine falsche Sicherheit suggerieren. Werner Ministerin