16.11.2015 Drucksache 6/1299Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. November 2015 Wirtschaftsförderung in Thüringen Die Kleine Anfrage 570 vom 5. Oktober 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Wirtschaftsförderung ist ein wichtiges Instrument, um eine vielfältige Investitionspolitik, die Modernisierung von Unternehmen, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie die Gewinnung beziehungsweise Förderung von Fachkräften zu gewährleisten und nachhaltig voranzutreiben. Für den Wirtschaftsstandort Thüringen ist dieses Instrument ein wesentlicher Standortfaktor, um optimale wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Ansiedlungen sowie für die Entwicklung von Unternehmen sicherzustellen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch prognostiziert die Landesregierung den Verwaltungsaufwand zur Wirtschaftsförderung in diesem und in den kommenden vier Jahren (bitte getrennt für die Landesebene und soweit bekannt für die kommunale Ebene auflisten)? 2. Wie viele Förderanträge sind im Bereich der Wirtschaftsförderung im laufenden Jahr 2015 gestellt worden ? Wie viele Anträge sind davon positiv beschieden worden? 3. Wie viele Begünstigte gab es in den Jahren 2009 bis 2014? Wie hoch war die gesamte Fördersumme und wie hoch war der Landesanteil an der Gesamtfördersumme (bitte nach Jahren getrennt auflisten)? 4. Welche Investitionen durch Unternehmen, innerhalb des Freistaats, werden durch staatliche Fördermittel im laufenden Jahr 2015 unterstützt? 5. Wie wird sich die Vergabe beziehungsweise Nicht-Vergabe von Fördermitteln im laufenden Jahr 2015 auf die Thüringer Wirtschaft auswirken (bitte besonders die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen sowie die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts herausstellen)? 6. Hat die Landesregierung bei der Wirtschaftsförderung eine Schwerpunktsetzung vorgenommen? In welchen Wirtschaftszweigen will die Landesregierung die thüringische Wirtschaft besonders fördern? 7. Wie hoch ist der Landesanteil an der Wirtschaftsförderung in den Jahren 2015 bis 2017? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wirkner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1299 Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. November 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Der interne Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsförderung innerhalb der Landesregierung wird nicht gesondert erfasst. Daher kann nur der Verwaltungsaufwand bei den mit der Umsetzung der Wirtschaftsförderung beauftragten Institutionen konkret beziffert werden. Der wesentliche Teil der Wirtschaftsförderprogramme der Thüringer Landesregierung wird durch die Thüringer Aufbaubank vollzogen. Die prognostizierten Verwaltungskosten der von der Thüringer Aufbaubank im Bereich der Wirtschaftsförderung betreuten Zuschuss- und Darlehensprogramme sowie der von deren Tochtergesellschaft - Beteiligungsmanagement Thüringen GmbH (bm-t) - gemanagten Beteiligungsfonds für die kommenden vier Jahre sind aus nachstehender Tabelle zu entnehmen: Verwaltungsaufwand der Thüringer Aufbaubank und der bm-t in Millionen Euro: 2015 2016 2017 2018 2019 Gesamt 14,7 15,7 16,1 16,5 16,8 79,8 Den Bürgschaftsmandataren werden für die Antragsbearbeitung und Bürgschaftsverwaltung für den Freistaat Thüringen keine Verwaltungskosten erstattet. Die Kosten werden aus den Bürgschafts- und Bearbeitungsentgelten gedeckt. Die Kostenerstattung für die Industrie- und Handelskammern für die Umsetzung der Richtlinie zur einzelbetrieblichen Außenwirtschaftsförderung beträgt für das Jahr 2015 insgesamt 85.100 Euro Aufwendungsersatz für Personal- und Sachkosten. Mit Wirkung vom 15. September 2015 wurde der Programmvollzug der Thüringer Aufbaubank übertragen. Die dafür erforderlichen Aufwendungen sind in der oben genannten Kostenkalkulation der Thüringer Aufbaubank enthalten. Zu dem kommunalen Verwaltungsaufwand für die Wirtschaftsförderung liegen der Landesregierung keine belastbaren Daten vor. Es wird darauf hingewiesen, dass die Agrarförderung nicht als Bestandteil der klassischen Wirtschaftsförderung angesehen wird. Zu 2.: Bei der Thüringer Aufbaubank sind im Bereich der Wirtschaftsförderung 644 Anträge im laufenden Jahr 2015 (Stand: 43. Kalenderwoche) gestellt worden. Davon sind bislang 410 Anträge positiv beschieden worden. Die bm-t erreichten 56 Beteiligungsanfragen, die in elf Zusagen mündeten. Außerdem wurden im laufenden Jahr 2015 (Januar bis September) im Bereich der gewerblichen Wirtschaft insgesamt 184 Anträge auf Gewährung von Bürgschaften und Garantien gestellt, von denen in diesem Zeitraum 156 positiv beschieden wurden. Im Rahmen der einzelbetrieblichen Außenwirtschaftsförderung wurden im Jahr 2015 157 Anträge gestellt, davon bislang 72 bewilligt. Zu 3.: Bei der Thüringer Aufbaubank und ihrer Tochtergesellschaft bm-t gab es in den Jahren 2009 bis 2014 insgesamt 5.327 Begünstigte im Bereich der Wirtschaftsförderung. Die gesamte Summe der Förderungen bzw. zugesagten Beteiligungen belief sich im Zeitraum von 2009 bis 2014 auf 1.678 Millionen Euro. Der Landesanteil betrug 570 Millionen Euro. 2009 2010 2011 2012 2013 2014 gesamt Gesamtförderung in Millionen Euro 265 263 351 279 289 231 1.678 Landesanteil in Millionen Euro 87 58 140 91 89 105 570 3 Drucksache 6/1299Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Bürgschaften bzw. Garantien zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft in den Jahren 2009 bis 2014 (ohne Absicherung von Förderprogrammen) wurden an 1.568 Begünstigte wie folgt vergeben: Jahr Volumen in Millionen Euro Landesanteil in Millionen Euro 2009 1.688,5 114,9 2010 117,6 46,5 2011 121,0 70,1 2012 99,5 56,0 2013 50,9 20,2 2014 96,3 40,3 gesamt 2.173,8 348,0 Im Rahmen der einzelbetrieblichen Außenwirtschaftsförderung wurden an 1.291 Begünstigte folgende Mittel ausgereicht: Jahr Gesamtförderung in Millionen Euro Landesanteil in Millionen Euro 2009 1,99 0,32 2010 2,03 0,22 2011 0,51 0,04 2012 0,7 0 2013 0,42 0,16 2014 0,27 0,11 gesamt 5,92 0,85 Zu 4.: Durch staatliche Fördermittel werden innerhalb des Freistaats u.a. erstmalige Ansiedlungen, Errichtungsinvestitionen bereits in Thüringen tätiger Unternehmen, der Ausbau von Kapazitäten, die Diversifizierung der Produktion sowie die Anschaffung von Sachanlagevermögen unterstützt. Bei den Darlehensprogrammen wird nicht zwischen den einzelnen Kategorien der Investitionsfinanzierung differenziert. Gleiches gilt für die Bürgschaften und Beteiligungsengagements. Zu 5.: Eine fundierte Aussage der Auswirkungen der Vergabe bzw. Nicht-Vergabe von Fördermitteln im laufenden Jahr 2015 auf die Thüringer Wirtschaft ist mangels belastbarer statistischer Daten nicht möglich. Explizit unterstützt wird die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze in den Zuschussprogrammen der einzelbetrieblichen GRW und Thüringen-Invest. Bis zum 30. September 2015 verpflichteten sich die Unternehmen zur Sicherung von 5.785 Dauerarbeitsplätzen und zur Schaffung von 519 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Wie aus Evaluierungen zur Wirtschaftsförderung, insbesondere der Regionalförderung, deutlich wird, führen die Fördermaßnahmen regelmäßig zu Produktivitätssteigerungen und zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geförderter Unternehmen. Damit verbunden ist eine Erhöhung der Beschäftigung und Absenkung der Arbeitslosigkeit. Vorhandene Gutachten belegen die positiven Effekte der Investitionsförderung in den strukturschwachen Regionen. Demzufolge hilft die Förderung dabei, wettbewerbsfähige Strukturen aufzubauen , ist Auslöser zusätzlicher Wachstumsimpulse und trägt somit zum Abbau regionaler Disparitäten in Deutschland bei. Die stärkste Dynamik zeigten dabei Betriebe in den neuen Ländern, so auch in Thüringen.1 Die Auswirkungen der Vergabe bzw. Nicht-Vergabe von Fördermitteln auf das Bruttoinlandsprodukt werden statistisch nicht explizit erfasst. Allerdings kann unterstellt werden, dass die Förderung von Investitionen im Freistaat Thüringen einen erheblichen Beitrag zur Steigerung des Bruttoinlandsproduktes leistet. Zu 6.: Neben dem weiterhin wichtigen Ziel, wettbewerbsfähige und gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen, sollen auch weiterhin die Ansiedlungs- und Investitionsbereitschaft von Unternehmen gefördert werden. Allerdings 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1299 haben die Evaluierungen im Rahmen der Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung für die neue Förderperiode (2014 bis 2020) gezeigt, dass nach dem rapiden Aufholprozess der 1990er Jahren sich die Angleichung spürbar verlangsamt hat. Kapitalintensität, Produktivität und Löhne haben sich in Thüringen bei etwa 70 bis 80 Prozent des Bundesdurchschnitts eingependelt. Daher wird in der neuen Förderperiode verstärkt auf die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze bei gleichzeitiger Orientierung an der Produktivität geachtet. In der Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen (RIS 3) wurden im diskursiven Beteiligungsprozess die vier Spezialisierungsfelder Industrielle Produktion und Systeme , Nachhaltige und intelligente Mobilität & Logistik, Gesundes Leben und Gesundheitswirtschaft, Nachhaltige Energie und Ressourcenverwendung sowie das Querschnittsfeld IKT, innovative und produktionsnahe Dienstleistungen für Thüringen identifiziert, zu deren themenbezogener Weiterentwicklung die Instrumente der Wirtschaftsförderung ihren Beitrag leisten werden. Zu 7.: Für Wirtschaftsförderprogramme im Rahmen der GRW beträgt der Landesanteil grundsätzlich 50 Prozent (die weiteren 50 Prozent werden durch den Bund bereitgestellt). Bei EFRE-kofinanzierten Programmen werden Landesmittel eingesetzt, um den 20-prozentigen nationalen Kofinanzierungsanteil sicherzustellen. Der Landesanteil bei der Risikoübernahme im Rahmen der Bürgschaftsförderung in den Jahren 2015 bis 2017 gestaltet sich wie folgt: Programm 2015 in Prozent 2016 in Prozent 2017 in Prozent Landesbürgschaften2 100 100 100 Parallele Bundes- und Landesbürgschaften 40 40 40 Bürgschaften der TAB2 97 97 97 Bürgschaften der BBT 30 30 30 Garantien für Beteiligungen der MBG 33,76 33,76 33,76 Garantien für Mitarbeiterbeteiligungen 100 100 100 Tiefensee Minister Endnote 1 Vergleiche dazu u.a. GRW - Evaluierung durch GEFRA und MR Bremen von Sept. 2011: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmwta/wirtschaft/foerderung/grw-th__ringen_eb_2011-09_final.pdf Studien der TU Dortmund aus den Jahren 2010 und 2013: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/ evaluierung-gemeinschaftsaufgabe,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf; http://www.bmwi.de/ BMWi/Redaktion/PDF/G/grw-folgestudie,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf 2 Bei Investitionsvorhaben, die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur " förderfähig sind, reduziert sich das Haftungsrisiko des Landes um 50 Prozent.