17.11.2015 Drucksache 6/1306Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. November 2015 Veräußerung eines gemeindlichen Grundstücks an einen privaten Investor unter dem Verkehrswert in Tiefenort an der Werra (Wartburgkreis) Die Kleine Anfrage 546 vom 24. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Nach Informationen des Fragestellers plant die Gemeinde Tiefenort an der Werra (Wartburgkreis) ein gemeindliches Grundstück an einen privaten Investor unter dem Verkehrswert zu veräußern. Dieser möchte darauf einen Seniorenwohnpark errichten. Die Veräußerung soll nach meinen Informationen ohne Ausschreibung und unter dem Verkehrswert mit Bezug auf § 67 Thüringer Kommunalordnung erfolgen, der Ausnahmen im besonderen öffentlichen Interesse zulässt, insbesondere für Veräußerungen zur Förderung sozialer Einrichtungen, des sozialen Wohnungsbaus, der Gewerbeansiedlung und ihrer Erweiterung und der Bildung privaten Eigentums unter sozialen Gesichtspunkten. Ein Seniorenwohnpark ist eine marktfähige eigenwirtschaftliche Einrichtung, die zum Betrieb keine öffentlichen Zuschüsse bekommt. Die Gemeinde Tiefenort unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes. Ich frage die Landesregierung: 1. Ist die geplante Veräußerung eines gemeindlichen Grundstücks an einen privaten Investor zum Zwecke der Errichtung eines Seniorenwohnparks unter dem Verkehrswert in Tiefenort an der Werra mit Bezug auf § 67 Thüringer Kommunalordnung zulässig? Wenn ja, wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung ? Wenn nein, welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen werden eingeleitet, um diesen geplanten Verkauf zu stoppen? 2. Berührt die geplante Veräußerung eines gemeindlichen Grundstücks an einen privaten Investor zum Zwecke der Errichtung eines Seniorenwohnparks unter dem Verkehrswert in Tiefenort an der Werra möglicherweise das Beihilferecht der Europäischen Union und wenn ja, in welcher konkreten Form? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. November 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) darf eine Gemeinde Vermögensgegenstände , die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht, veräußern. Diese Veräußerung darf jedoch in der Regel nur zum vollen Wert des Vermögensgegenstandes erfolgen (§ 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im besonderen öffentlichen Interesse möglich (§ 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO). K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1306 Nach Aussage der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde hat die Gemeinde Gründe dargetan, die eine Veräußerung nach § 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO rechtfertigen können. Ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne von § 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO sieht die Gemeinde in der Schaffung einer stationären Pflege für pflegebedürftigen Menschen als soziale Einrichtung und der Umsetzung ihrer dahingehenden bauplanungsrechtlichen Vorstellungen. Deshalb sieht die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde keine Veranlassung, rechtsaufsichtlich einzuschreiten. Zu 2.: Nach Auffassung des Thüringer Landesverwaltungsamtes kann eine Veräußerung unter dem Verkehrswert das Beihilferecht der Europäischen Union berühren. Aufgrund des von der Gemeinde dargelegten Vorliegens der Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO kam es auf den Verkehrswert nicht maßgeblich an. Die Frage, inwieweit die beabsichtigte Veräußerung des gemeindlichen Grundstücks beihilferechtlich relevant ist, entzieht sich daher einer rechtsaufsichtlichen Bewertung. Die beihilferechtliche Relevanz ist durch die Gemeinde eigenständig zu prüfen und gegebenenfalls in einem entsprechenden europarechtlichen Verfahren abklären zu lassen. Dr. Poppenhäger Minister