19.11.2015 Drucksache 6/1331Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Dezember 2015 Freiwillige Rückreisen von Asylbewerbern Die Kleine Anfrage 530 vom 11. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Aufgrund der Dauer des Asylverfahrens, aus persönlichen beziehungsweise familiären Gründen oder nach Vorliegen eines Negativbescheids gibt es auch immer wieder einzelne Asylbewerber, die freiwillig in ihre Heimatländer zurückreisen möchten. Nach meinem Kenntnisstand und nach Gesprächen mit Asylbewerbern sieht die derzeitige Praxis eine solche kurzfristige freiwillige Beendigung des Aufenthalts in Deutschland bzw. Thüringen wohl eher nicht vor. Wie mir glaubhaft dargelegt wurde, wurden entsprechend beantragte Reiseunterlagen seitens der Behörden nicht oder nur nach langem Zuwarten ausgegeben und darauf hingewiesen, dass irgendwann die Rückreise aufgrund eines Negativbescheids ohnehin organisiert würde , so dass die betreffenden Personen unter anderem hier verbleiben müssen bis eine Abschiebung seitens der Behörden organisiert würde. Ich frage die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele freiwillige Ausreiseanträge es zum Stichtag 1. September 2015 (oder zu einem anderen zeitnahen Stichtag) in Thüringen bzw. in den einzelnen Landkreisen/ kreisfreien Städten gab? 2. Wie und wo muss die Antragstellung von Asylbewerbern erfolgen, wenn sie freiwillig oder auch vor Abschluss des Asylantragsverfahrens zurückreisen möchten? 3. Wie lange dauert die Bearbeitung von Rückreiseanträgen und in welchem Zeitrahmen werden einzelnen Asylbewerbern ihre Unterlagen auch tatsächlich ausgehändigt? Falls die Unterlagen nicht separat ausgehändigt werden: Weshalb nicht? Welche Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch könnten dann zum Tragen kommen? 4. Welche Unterstützungsleistungen gibt es seitens des Landes oder der Landkreise/kreisfreien Städte hinsichtlich der Organisation beziehungsweise Finanzierung von freiwilligen Rückreisen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Lehmann (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1331 Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. November 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Vorab weise ich darauf hin, dass eine freiwillige Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland jederzeit möglich und ein Antrag hierzu nicht erforderlich ist. Auch die notwendigen Passpapiere und sonstigen Dokumente hat der Ausländer grundsätzlich selbst zu beschaffen, wobei ihn die Ausländerbehörden natürlich unterstützten. Soweit finanzielle Mittel vorhanden sind, muss er auch die Ausreise selbst finanzieren. Nur wenn er keine finanziellen Mittel besitzt, muss er einen Antrag auf finanzielle Förderung der freiwilligen Ausreise stellen. Die nachfolgenden Antworten beziehen sich deshalb nur auf Fälle, in denen ein Antrag auf finanzielle Förderung der freiwilligen Ausreise gestellt wurde. Zu 1.: Im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. September 2015 wurden in Thüringen 633 Anträge auf Förderung der freiwilligen Ausreise nach dem REAG/GARP-Programm (Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany [REAG], Government Assisted Repatriation Programme [GARP]) gestellt. Zu 2.: Anträge für die Förderung von Rückkehrern und Weiterwanderern können bundesweit grundsätzlich nur über die zuständigen kommunalen- bzw. Landesbehörden (z.B. Ausländeramt, Sozialamt), Beratungsstellen der Freien Wohlfahrtsverbände, Zentrale Rückkehrberatungsstellen, Ausländerbeauftragte und über den UN- HCR gestellt werden. In Thüringen werden die Anträge hauptsächlich über die Ausländerbehörden und die Caritas Mittelthüringen gestellt. Die Anträge werden von den Behörden beziehungsweise Beratungsstellen zusammen mit den Antragstellern ausgefüllt und dann über das Thüringer Landesverwaltungsamt an IOM (Internationale Organisation für Migration) in Nürnberg zur weiteren Bearbeitung gesandt. Zu 3.: Die Bearbeitung der Anträge bei IOM dauert erfahrungsgemäß im Durchschnitt eine Woche. Die Bearbeitungsdauer ist abhängig vom Zielland und dem geplanten Reiseweg. Wie die Aushändigung der Reiseunterlagen durch die Ausländerbehörden erfolgt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Teilweise werden die Reiseunterlagen direkt zum Flughafen geschickt. Aufgrund der Kurzfristigkeit einiger Buchungen erfolgt aber auch eine direkte Aushändigung an die Ausreisenden. Auch bei Busreisen werden die Unterlagen den Ausreisenden direkt ausgehändigt. Förderung und Leistungen durch das REAG/GARP-Programm können für eine Person nur einmalig in Anspruch genommen werden. Ein Straftatbestand nach dem Strafgesetzbuch im Sinne der Fragestellung ist nicht ersichtlich. Nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält, vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt oder abgelaufenen ist und dessen Abschiebung nicht ausgesetzt wurde. Zu 4.: Nach dem REAG/GARP-Programm können neben der Organisation der Bus- oder Flugreisen verschiedene finanzielle Unterstützungen gewährt werden. In jedem Fall erfolgt die Übernahme der Beförderungskosten (mit Flugzeug, Bahn oder Bus) oder es wird eine Benzinkostenpauschale in Höhe von 250 Euro pro PKW gewährt. Zudem können unter Umständen auch Reisebeihilfen und Starthilfen gewährt werden. Reisebeihilfen belaufen sich auf 200 Euro pro Erwachsener/Jugendlicher und 100 Euro für Kinder unter zwölf Jahren. Keine Reisebeihilfen erhalten dagegen Staatsangehörige europäischer Nicht-EU-Staaten, die nach dem Beginn der jeweiligen Visafreiheit nach Deutschland eingereist sind. Dies gilt insbesondere für Staatsangehörige der visafreien Länder des Westbalkans sowie der Republik Moldau. Keine Reisebeihilfe erhalten auch kosovarische Staatsangehörige, die nach dem 31. Dezember 2014 in die Bundesrepublik eingereist sind. Wer und in welcher Höhe zusätzliche Starthilfen bekommt, ist in dem REAG/GARP-Programm länderspezifisch gestaffelt. So können Erwachsene und Jugendliche Starthilfen in Höhe von 300 bis 750 Euro erhalten und Kinder unter zwölf Jahren in Höhe von 150 bis 375 Euro. Erkenntnisse über Unterstützungsleistungen seitens der kommunalen Gebietskörperschaften zur Organisation bzw. Finanzierung freiwilliger Ausreisen liegen der Landesregierung nicht vor. Lauinger Minister