20.11.2015 Drucksache 6/1345Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. Dezember 2015 Unterbringungsnotstand in Jena und Thüringen Die Kleine Anfrage 464 vom 21. August 2015 hat folgenden Wortlaut: In Thüringen müssen aufgrund des Erreichens der Kapazitätsgrenzen in den Erstaufnahmestellen des Landes zusätzliche Asylbewerber auf die kreisfreien Städte und Landkreise verteilt werden. Denkbar seien gemäß Ministerpräsident Ramelow Container-Städte für die Unterbringung von Asylbewerbern. Einzelne Städte wie Jena greifen dieser Entwicklung vorweg, indem sie Wohncontainer für die Unterbringung von Asylbewerbern bestellen. Inzwischen campieren Asylbewerber sogar in Zelten vor der Erstaufnahmestelle des Landes in Eisenberg. Ich frage die Landesregierung: 1. Mit wie vielen zusätzlichen Asylbewerbern ist bis Ende des Jahres in Jena zu rechnen? Auf welchen Daten (Prognosen des Landesverwaltungsamtes oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge) fußt die Berechnung? 2. Aus welchen Herkunftsländern kommen die sich derzeit in Jena befindlichen Asylbewerber (bitte nach den einzelnen Herkunftsstaaten aufschlüsseln und die Anzahl der Asylbewerber aus dem jeweiligen Land sowie das Durchschnittsalter und die Geschlechtsverteilung [in Prozent] nennen)? 3. Wie viele Asylbewerber wurden in Jena im Zeitraum von 2010 bis 2015 in Einzelunterkünften untergebracht (bitte den prozentualen Anteil an allen in Jena untergebrachten Asylbewerbern für das jeweilige Jahr angeben)? 4. Wie viele der zusätzlich bis zum Jahresende 2015 aufzunehmenden Asylbewerber in Jena werden voraussichtlich gemäß den Informationen des Landesverwaltungsamtes in Einzelunterkünften untergebracht (bitte den voraussichtlichen prozentualen Anteil an allen in Jena untergebrachten Asylbewerbern angeben)? 5. Welche Kosten entstehen der Stadt Jena voraussichtlich nach Informationen des Landesverwaltungsamtes für die Bestellung von Wohncontainern für die Unterbringung der Asylbewerber in der Winterzeit? 6. Welche anderen kreisfreien Städte und Landkreise werden bis Ende des Jahres außerplanmäßig aufgrund überfüllter Landeserstaufnahmestellen wie viele zusätzliche Asylbewerber aufnehmen müssen (bitte nach den einzelnen kreisfreien Städten und Landkreisen aufschlüsseln, bei Landkreisen auch die Gemeinden mitsamt deren Einwohnerzahl nennen und jeweils die Zahl der bis zum Ende des Jahres zusätzlich aufzunehmenden Asylbewerber aufführen)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Muhsal (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1345 7. Welche Pläne hat die Landesregierung zur Errichtung von Container-Städten für Asylbewerber in Thüringen ? Wann und wo, zu welchen Kosten und für welche Zeiträume sollen diese eingerichtet werden und welche Kapazitäten sollen sie jeweils pro Standort beziehungsweise insgesamt umfassen? 8. An welchen Standorten in Thüringen werden Asylbewerber in Zelten untergebracht beziehungsweise werden derzeit Zelte für die Unterbringung von Asylbewerbern aufgebaut oder sind für die Unterbringung von Asylbewerbern geplant (bitte nach den kreisfreien Städten und Landkreisen aufschlüsseln [bei Landkreisen auch die Gemeinden nennen] beziehungsweise die betroffenen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes nennen)? 9. Welche zusätzlichen finanziellen Aufwendungen (Mehrkosten) entstehen den kreisfreien Städten und Landkreisen durch die zusätzlich aufgrund des Unterbringungsnotstandes in den Landeserstaufnahmestellen zu schaffenden Unterbringungsplätze im Jahr 2015 (bitte nach den jeweiligen kreisfreien Städten und Landkreisen mitsamt den prognostizierten Mehraufwendungen im Jahr 2015 aufschlüsseln)? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 19. November 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ausgehend von 800.000 Asylbewerbern, die nach der letzten Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. August 2015 im Jahr 2015 in die Bundesrepublik Deutschland einreisen werden, muss Thüringen nach dem Königsteiner Schlüssel etwa 22.000 Asylbewerber in diesem Jahr aufnehmen. Davon entfallen nach § 2 Abs. 1 der Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung fünf Prozent auf die Stadt Jena. Zu 2.: Zum Stichtag 15. August 2015 waren in der Stadt Jena 345 männliche und 254 weibliche Asylbewerber untergebracht . Eine Aufschlüsselung nach Anzahl der Personen aus den jeweiligen Herkunftsstaaten ergibt sich aus nachfolgender Tabelle: Herkunftsland Anzahl der Personen Syrien 211 Kosovo 115 Albanien 90 Afghanistan 51 Eritrea 33 Serbien 29 Irak 24 Russische Föderation 18 Mazedonien 10 sonstige 18 Eine statistische Erhebung zum Alter der Asylbewerber liegt nicht vor. Zu 3.: Von den in der Antwort zu Frage 2 genannten Personen waren 232 Personen in Gemeinschaftsunterkünften und 367 Personen (61,27 Prozent) in Einzelunterkünften untergebracht. Für die Jahre 2010 bis 2014 ergeben sich die entsprechenden Angaben aus nachfolgender Tabelle: Jahr Gesamtzahl der untergebrachten Asylbewerber davon in prozentualer Anteil der Einzelunterbringungen in Prozent Gemeinschaftsunterkünften Einzelunterkünften 2010 24 2 22 91,67 2011 23 0 23 100 2012 73 48 25 34,25 2013 101 68 33 32,67 2014 226 105 121 53,54 Stand: 15. August des jeweiligen Jahres 3 Drucksache 6/1345Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Alle neu in der Stadt Jena aufzunehmenden Asylbewerber werden nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes voraussichtlich zunächst in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Sukzessive sollen diese Flüchtlinge dann in Wohnungen untergebracht werden. Zu 5.: Über die durch eine Unterbringung von Asylbewerbern in Wohncontainern entstehenden Kosten können derzeit noch keine konkreten Angaben gemacht werden. Zu 6.: Die Verteilung von Flüchtlingen erfolgt grundsätzlich entsprechend den in § 2 Abs. 1 der Thüringer Flüchtlingsverteilungsverordnung festgelegten Verteilungsquoten. Wie viele Flüchtlinge noch bis zum Jahresende auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden, hängt zum einen von der Anzahl der vom Freistaat aufzunehmenden Asylbewerber und zum anderen von der Verweildauer in den Landesaufnahmeeinrichtungen ab. Zu 7.: Im Hinblick auf die Nutzung von Containern zur Erstaufnahme von Asylbewerbern gibt es seitens der Landesregierung noch keine abschließende Entscheidung. Zu 8.: Bisher wurden nach Kenntnis der Landesregierung ausschließlich in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenberg Asylbewerber vorübergehend in Zelten untergebracht. Aktuell ist dies aber auch dort nicht mehr der Fall. Über entsprechende Planungen der Landkreise und kreisfreien Städte liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 9.: Den Landkreisen und kreisfreien Städten obliegt die Aufnahme von Flüchtlingen als Aufgabe des "übertragenen Wirkungskreises". Die hierbei anfallenden Kosten werden auf der Basis der Thüringer Flüchtlingskostenerstattungsverordnung vom Land erstattet. Die Notwendigkeit, in den Landkreisen und kreisfreien Städten zusätzliche Unterbringungskapazitäten zu schaffen, ist der hohen Anzahl der um Asyl nachsuchenden Menschen geschuldet und nicht auf einen vermeintlichen Unterbringungsnotstand des Landes zurückzuführen. In Vertretung Dr. Albin Staatssekretärin