17.11.2015 Drucksache 6/1348Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. Dezember 2015 Militärische, wehrtechnische, rüstungs- und sicherheitsrelevante Forschung und Lehre an den öffentlichen Hochschulen des Freistaats Thüringen sowie an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen Die Kleine Anfrage 482 vom 26. August 2015 hat folgenden Wortlaut: Mangelnde Informationen über militärische bzw. sicherheitstechnische Forschungsprojekte ist ein in der Öffentlichkeit mehr und mehr diskutiertes Thema. Staatliche Auftraggeber wie das Bundesministerium der Verteidigung sowie private Auftraggeber lassen an zivilen öffentlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen forschen. Die Öffentlichkeit ist über diese Vorgänge kaum informiert, genauso wenig gibt es Transparenz innerhalb der Wissenschaftseinrichtungen. So werden Antworten der Bundesregierung auf entsprechende Kleine Anfragen regelmäßig unter Geheimschutz gestellt, über Hochschulen wird unter Bezugnahme auf die Zuständigkeit der Länder keine Auskunft erteilt (vgl. Bundestagsdrucksachen 18/851 und 17/3337). Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge bestehen nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2010 zwischen den Thüringer Hochschulen, hochschulnahen Forschungsinstituten (An-Instituten) und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist (insbesondere Max-Planck-Institute, Leibniz-Institute, Helmholtz-Institute und Fraunhofer-Institute) und a) dem Bundesministerium der Verteidigung, b) der Bundeswehr, c) wehrwissenschaftlichen Instituten (Ressortforschungseinrichtungen) oder wehrtechnischen Dienststellen des Bundesministeriums für Verteidigung und d) der Europäischen Rüstungsagentur (bitte jeweils genauen Projektnamen, Projektnummer bzw. Identifizierungsnummer, Auftraggeber, finanziellen Umfang, Forschungseinrichtung, Fakultät bzw. Fachbereich und Laufzeit angeben)? 2. Wie viele Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge, die als vertraulich eingestuft sind und daher nicht einzeln genannt werden dürfen, gibt es über die in Frage 1 erbetene Auskunft hinaus (bitte jeweils Forschungseinrichtung , Auftraggeber, Jahr und Finanzrahmen angeben)? 3. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge bestehen nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2010 zwischen den Thüringer Hochschulen, hochschulnahen Forschungsinstituten (An-Instituten) und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist, und a) privaten Rüstungsfirmen, b) privaten Unternehmen, die Tochterunternehmen von Konzernen mit Rüstungssparte sind, K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Schaft (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1348 c) Konzernen, die im Bereich der Sicherheits- bzw. Rüstungsforschung, Rüstungsherstellung oder -proliferation tätig sind, d) Unternehmen zum Zweck der Rüstungsforschung, der Erforschung von Wehrtechnik oder Sicherheitstechnik , der verteidigungsbezogenen oder militärrelevanten Forschung (bitte jeweils genauen Projektnamen, Projektnummer bzw. Identifizierungsnummer, Auftraggeber, finanziellen Umfang, Forschungseinrichtung und Fakultät bzw. Fachbereich angeben)? 4. Wie viele Drittmittel- und Forschungsaufträge, die als vertraulich eingestuft sind und daher nicht einzeln genannt werden dürfen, gibt es über die in Frage 3 erbetene Auskunft hinaus (bitte jeweils Forschungseinrichtung , Auftraggeber, Jahr und Finanzrahmen angeben)? 5. Welche Thüringer Hochschulen, hochschulnahen Forschungsinstitute (An-Instituten) und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist, forschen im Rahmen des Forschungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung "Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2017"? 6. An welchen Programmlinien und Forschungsprojekten des Forschungsprogramms "Forschung für die zivile Sicherheit 2012 bis 2016" sind welche Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen jeweils beteiligt (bitte aufschlüsseln nach Forschungseinrichtung, Fakultät, Programmlinie , Forschungsprojekt, Projektlaufzeit und finanziellem Projektvolumen) und mit welchen Partnern, beispielsweise anderen Hochschulen und Unternehmen, kooperieren die Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen jeweils? 7. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über militärische, wehrtechnisch relevante oder "Dual-Use"- Forschungsaufträge von privaten Firmen an öffentliche Hochschulen und Forschungseinrichtungen des Freistaats Thüringen, die nicht Einrichtungen der Bundeswehr sind? 8. Wie viele Forschungsaufträge, die als vertraulich eingestuft sind und daher nicht einzeln genannt werden dürfen, gibt es über die in Frage 7 erbetene Auskunft hinaus (bitte jeweils Forschungseinrichtung, Auftraggeber, Jahr und Finanzrahmen angeben)? 9. Welche Kooperationen, beispielsweise Veranstaltungen, Lehre, Stiftungsprofessur, oder andere Arten des Zusammenwirkens bestehen seit dem Jahr 2010 zwischen den Thüringer Hochschulen, hochschulnahen Forschungsinstituten (An-Instituten) und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, an deren Finanzierung das Land maßgeblich beteiligt ist, und der Bundeswehr sowie anderen rüstungsnahen Institutionen und Organisationen im militärischen oder sicherheitspolitischen Bereich (bitte unter Angabe des Fachbereichs, Studiengangs, der Form der Kooperation, der Projektbezeichnung, des Finanzvolumens und dem Jahr des Bestehens)? 10. Wie viele Kooperationen, die als vertraulich eingestuft sind und daher nicht einzeln genannt werden dürfen, gibt es über die in Frage 9 erbetene Auskunft hinaus (bitte jeweils Forschungseinrichtung, Auftraggeber, Jahr und Finanzrahmen angeben)? 11. Welche Thüringer Hochschulen verfügen derzeit über Zivilklauseln, Friedensklauseln, auch auf den Bereich Rüstungsforschung anwendbare Ethikrichtlinien oder vergleichbare Regelungen und wie sind diese ausgestaltet? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 13. November 2015 wie folgt beantwortet: Ich beantworte die o. g. Kleine Anfrage für die Thüringer Landesregierung wie folgt und weise darauf hin, dass die von Frage 2 und 4 betroffene Einrichtung darum gebeten hat, mit den Anlagen 1 und 2 sensibel umzugehen. Wir halten es für erforderlich, die Anlagen 1 und 2 nicht zu veröffentlichen* und nur den Mitgliedern des Thüringer Landtags zur Einsicht zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht der Landesregierung ist klarzustellen, dass verteidigungsbezogene Forschung in Thüringen nicht Bestandteil der allgemeinen öffentlichen Forschungsförderung ist. Eine Beteiligung von Hochschulen und 3 Drucksache 6/1348Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode außeruniversitären Forschungseinrichtungen an wehrtechnischer Forschung ist dennoch aus Sicht der Thüringer Landesregierung nicht zu beanstanden. Drittmittel spielen in der Forschung eine zentrale Rolle. Sie sind längst nicht mehr nur Mittel zum Zweck, um Forschungsprojekte, Erfindungen oder Publikationen zu ermöglichen, sondern gelten auch als Ausweis für gute Forschungsleistungen. Neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bund, der EU und weiteren Einrichtungen der Forschungsförderung unterstützen u. a. auch Unternehmen Projekte an Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Auch sicherheitstechnische und militärische Forschungsprojekte werden - überwiegend im Rahmen der Auftragsforschung - durch Drittmittelgeber gefördert. Diese lassen sich begrifflich allerdings nur schwer eingrenzen, und hinsichtlich ihrer militärischen Relevanz gibt es häufig große Interpretationsspielräume. So können große Teile der zivilen Forschung einen doppelten Nutzen im zivilen und im militärischen Bereich haben. Zu den im Rahmen der Kleinen Anfrage aufgeworfenen Fragen ist eine Umfrage bei allen Thüringer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen durchgeführt worden. Unbeantwortet blieben die Fragen vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie, vom Institutsteil Angewandte Systemtechnik des FhG-IOSB und von der Projektgruppe Drahtlose Verteilersysteme/Digitaler Rundfunk des FhG-IIS. Gerade bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen liegt der Fragegegenstand außerhalb des Verantwortungsbereiches der Landesregierung. Hier ist die Landesregierung auf freiwillige Zuarbeiten der Institute angewiesen. Dies vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet: Zu 1.: Zu den Buchstaben a), b) und d) wurde von allen befragten Einrichtungen Fehlanzeige gemeldet. Zu Teilfrage 1c hat das Leibniz-Institut für Photonische Technologien e.V. folgende Projekte gemeldet: Projektname Nummer Auftraggeber Finanzieller Umfang in Euro Fachbereich Laufzeit Dominus II E/E715/9T187/ 4F 111 WTD 71, Eckernförde 392.523 01/2009- 12/2011 Dominus III E/E71S/ B0006/4F 111 WTD 71, Eckernförde 504.673 01/2011- 11/2012 Tauchkörper 4504018796/ B1609 WTD 71, Eckernförde 50.467 11/2011- 12/2011 Detektion und Ortung von MANPADS E/E810/CC019/ CF105 WTD 71, Greding 187.000 05/2012- 12/2013 Dominus IV E/E71S/ C2019/4F111 WTD 71, Eckernförde 373.832 01/2013- 11/2015 UV-Spektrometer E/E590/ DZ014/8F129 Wehrwissenschaftl . Institut für Schutztechnologien -ABC- Schutz, Münster 231.342 05/2013- 11/2013 Zu 2.: Hierzu hat von allen befragten Einrichtungen lediglich das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik zwei Projekte angegeben. Die Angaben sind beigefügter Anlage 1 zu entnehmen, da die Frage ihrem Wesen nach als vertraulich einzustufen ist* (vgl. erster Absatz der Antwort der Landesregierung und Hinweis in der Endnote dazu). Zu 3.: Hierüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Alle befragten Einrichtungen haben Fehlanzeige gemeldet. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1348 Zu 4.: Hierzu hat von allen befragten Einrichtungen lediglich das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik zwei Projekte angegeben. Die Angaben sind beigefügter Anlage 2 zu entnehmen, da die Frage ihrem Wesen nach als vertraulich einzustufen ist* (vgl. erster Absatz der Antwort der Landesregierung und Hinweis in der Endnote dazu). Zu 5. bis 8.: Die Fragen 5 bis 8 werden im Zusammenhang beantwortet. Hierüber liegen keine Erkenntnisse vor. Alle befragten Einrichtungen haben Fehlanzeige gemeldet. Zu 9.: Hierauf hat lediglich die Hochschule Nordhausen wie folgt geantwortet. Die übrigen Thüringer Hochschulen haben Fehlanzeige übermittelt. Dokument Kommentar Grundordnung § 1 Abs. 11 Die Hochschule lässt sich bei ihrer Tätigkeit von der Verantwortung für Demokratie , Rechtsstaatlichkeiten, soziale Gerechtigkeit, Bewahrung und Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen leiten. Sie bekennt sich zu Frieden und Freiheit und lehnt jede Beteiligung an Wissenschaft und Forschung ab, die dem entgegensteht. Tiefensee Minister Endnote * Hinweis: Von einem Abdruck der in Beantwortung der Fragen 2 und 4 der Antwort der Landesregierung beigefügten Anlagen 1 und 2 in der Drucksache wird abgesehen. Der Fragesteller sowie die Fraktionen und fraktionslosen Abgeordneten haben jeweils ein Exemplar der Antwort der Landesregierung ohne die Anlagen 1 und 2 erhalten.