24.11.2015 Drucksache 6/1355Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 4. Dezember 2015 Schulische Betreuung von Flüchtlingskindern im Landkreis Greiz Die Kleine Anfrage 577 vom 7. Oktober 2015 hat folgenden Wortlaut: Die gegenwärtige Flüchtlingswelle stellt alle Lebensbereiche vor eine harte Bewährungsprobe. Neben den Deutsch-Kursen für alle Flüchtlinge und Asylbewerber ist die schulische Betreuung von Kindern und Jugendlichen eine Herausforderung, die angesichts des Lehrermangels an einigen Schulen im Landkreis Greiz besonderer Maßnahmen bedarf. Ich frage die Landesregierung: 1. An welchen Schulen im Landkreis Greiz erhalten Flüchtlingskinder Unterricht? 2. Wie viele Kinder und Jugendliche aus den Reihen der Flüchtlinge und Asylbewerber müssen im Landkreis beschult werden? 3. Wurden den betreffenden Schulen zusätzliches Personal und zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt? 4. Welche Qualifizierung haben die Betreuungskräfte? 5. Wie schätzt die Landesregierung den weiteren Bedarf an Schulplätzen für Flüchtlingskinder ein? Inwieweit kann die Kapazität erweitert werden? 6. Welcher inhaltlichen Konzeption folgt die Beschulung der Flüchtlinge im Freistaat Thüringen? Sind entsprechende Richtlinien erarbeitet worden, die von den Lehrern vor Ort genutzt werden können? 7. Welche Qualifizierungsangebote gibt es für Lehrer, die mit Flüchtlingskindern und Jugendlichen arbeiten? 8. Gibt es Lehrmaterialien für die Beschulung von Flüchtlingskindern? 9. Wie kann die Qualität des Unterrichts gesichert werden, wenn in der Klasse Kinder lernen, die kein oder nur sehr wenig Deutsch verstehen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1355 Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 20. November 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In der Schuljahresstatistik des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) wird unterschieden zwischen Aussiedlern einerseits und Ausländern, Asylberechtigten und -bewerbern sowie Kriegsflüchtlingen andererseits. Eine getrennte Darstellung der letztgenannten Gruppe ist nicht möglich. Eine Übersicht der allgemein bildenden Schulen mit Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache im Schuljahr 2015/2016 ist in Anlage 1 dargestellt.. Zu 2.: Gemäß der Schuljahresstatistik des TMBJS befanden sich im Schuljahr 2015/2016 zum Stichtag 9. September 2015 (vorläufige Daten) sieben Aussiedler und 96 Ausländer, Asylberechtigte und -bewerber, Kriegsflüchtlinge an allgemein bildenden Schulen im Landkreis Greiz. Eine getrennte Darstellung der letztgenannten Gruppe ist nicht möglich. Zu 3.: Im Landkreis Greiz wird der Unterricht bzw. die Förderung in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) überwiegend durch das Schulpersonal der jeweiligen Schule abgesichert. Es wurde bisher eine Lehrkraft zur Förderung in DaZ eingestellt. Die Schulen können über das zuständige Staatliche Schulamt beim TMBJS Materialien für die Förderung in DaZ bestellen. Zu 4.: Über die Qualifikationen von Betreuungskräften liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen erfolgt durch die jeweiligen Kommunen. Zu 5.: Ein weiterer Bedarf an Schulplätzen kann derzeit nicht erhoben werden. Hierfür liegen keine belastbaren Zahlen über die Schülerentwicklung vor. Grundsätzlich ist allen schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern ein adäquates Bildungsangebot zu ermöglichen. Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache unterliegen gemäß § 17 bis 24 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG) drei Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland der Schulpflicht. Die Kinder und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache werden in der Regel in die ihrem Alter und ihrem bisherigen Schulbesuch entsprechende Schulart beziehungsweise Schulform aufgenommen. Die Aufnahme ist in allen Schularten umzusetzen. Hinsichtlich kapazitativer Erwägungen wird klargestellt, dass es im Freistaat Thüringen keine gesetzlich geregelten Kapazitätsobergrenzen für Schulen gibt. Das TMBJS ist derzeit mit den Staatlichen Schulämtern und den Schulen über ein Maßnahmepaket zur Verwendung vorhandener personeller und schulorganisatorischer Ressourcen im Gespräch. Zu 6.: Zur Förderung von Schülerinnen und Schülern, die ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen nach Thüringen kommen, richten die Staatlichen Schulämter in Abstimmung mit den Schulträgern bei Bedarf Sprachklassen im allgemein bildenden Bereich mit dem Schwerpunkt auf den Sekundarbereich ein. Hierbei handelt es sich um einen schrittweisen Prozess, der in Abhängigkeit von den durch Zuzug entstehenden regionalen Bedarfen im Laufe eines Schuljahres entsteht. Ergänzend zum Regelunterricht gibt es zudem eine Förderung in DaZ in Gruppen oder Einzelförderung. Zur Orientierung dient die Fachliche Empfehlung zum Schulbesuch und zur Förderung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in Thüringen, die auch auf den Internetseiten des TMBJS veröffentlicht ist. Zu 7.: Der Fortbildungsbedarf ergibt sich aus der Anzahl der Kinder und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache vor Ort und deren sprachlichen und kulturellen Vorkenntnissen. Eine Übersicht der Fort- und Weiterbildungsangebote im Bereich Deutsch als Zweitsprache kann Anlage 2 entnommen werden. Hierzu haben Lehrkräfte und Schulen im Landkreis Greiz im Rahmen der gegebenen Kapazitäten Zugang. 3 Drucksache 6/1355Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 8.: Ja - das TMBJS stellt über die Staatlichen Schulämter spezifische Lehrmaterialien für den DaZ-Unterricht zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um sprachspezifische Wörterbücher, Lehrbücher für die Vermittlung der deutschen Sprache als Zweitsprache, Materialpakete und Sammlungen. Zu 9.: Die Qualität des Unterrichts kann auf verschiedenen Wegen gesichert werden; gleichwohl handelt es sich hierbei ohne Zweifel um eine große pädagogische Herausforderung. So besteht z. B. die Möglichkeit der inneren Differenzierung im Unterricht, d. h., die Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache erhalten spezifische Materialien und Aufgaben. Diese Vorgehensweise entspricht dem Grundsatz der individuellen Förderung gemäß § 2 ThürSchulG. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der äußeren Differenzierung, d. h., die Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache werden im Bedarfsfall separat beschult, um insbesondere intensiv die deutsche Sprache zu erlernen. Dies erfolgt in der Regel in Gruppen mit in etwa gleichem Sprachbildungsbedarf. Ferner besteht die Möglichkeit der Öffnung des Unterrichts und der Einbindung dieser Schülerinnen und Schüler in Arbeitsphasen, die nicht alleinig sprach- bzw. textdominant sind. Auch kann der Ansatz "Lernen durch Lehren" genutzt werden, d. h., die Schülerinnen und Schüler mit guten Deutschkenntnissen versuchen den Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache Dinge zu erklären und zu zeigen. Dies unterstützt die Kompetenzentwicklung dieser (Lehr)Schülerinnen und -Schüler. Wichtig ist, die Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache in das Sozialgefüge der Klassen , Lerngruppen und der Schule insgesamt einzubinden. Dr. Klaubert Ministerin Anlagen*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlage wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlage erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek . Des Weiteren kann sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. Anlage 1 Ausländer/Aussiedler an Schulen im Landkreis Greiz im Schuljahr 2014/15 Schuljahr: 15/16 Geografie: Greiz Ausländerart: Aussiedler Schulnummer Schulname Schüler 12344 Staatliche Grundschule "Osterburg" Weida 1 12837 Staatliche Grundschule "Gotthold Ephraim Lessing" Greiz 1 18396 Staatliche Grundschule Triebes 1 50270 Osterlandgymnasium Staatliches Gymnasium Gera 2 50381 Ulf-Merbold-Gymnasium Staatliches Gymnasium Greiz 2 Schuljahr: 15/16 Geografie: Greiz Ausländerart: Ausländer, Asylberechtigte und -bewerber, Kriegsflüchtlinge Schulnummer Schulname Schüler 12237 Staatliche Grundschule Münchenbernsdorf 1 12284 Staatliche Grundschule Ronneburg 3 12824 Staatliche Grundschule "Johann Wolfgang Goethe" Greiz 4 12827 Staatliche Grundschule Brahmenau 1 12837 Staatliche Grundschule "Gotthold Ephraim Lessing" Greiz 6 12870 Staatliche Grundschule Greiz-Irchwitz 2 12927 Staatliche Grundschule Greiz-Pohlitz 7 13125 Staatliche Grundschule Teichwolframsdorf 1 18397 Friedrich-Reimann-Grundschule Zeulenroda Staatliche Grundschule 4 18443 Rötlein-Grundschule Zeulenroda Staatliche Grundschule 6 21698 Staatliche Regelschule Münchenbernsdorf 1 21865 Staatliche Regelschule "Max Greil" Weida 4 21968 Staatliche Regelschule "Hans Settegast" Bad Köstritz 1 23293 Staatliche Regelschule "Gotthold Ephraim Lessing" Greiz 5 23580 Staatliche Regelschule Greiz-Pohlitz 8 26420 Rötlein-Regelschule Zeulenroda Staatliche Regelschule 6 50270 Osterlandgymnasium Staatliches Gymnasium Gera 1 50381 Ulf-Merbold-Gymnasium Staatliches Gymnasium Greiz 13 51081 Staatliches Gymnasium "Friedrich Schiller" Zeulenroda 10 70261 Schule an der Weida, Förderschule zur individuellen Lebensbewältigung der Lebenshilfe Greiz/Zeulenroda gGmbH 1 70275 Privates Förderschulzentrum Wendepunkt Bad Köstritz 9 70288 Diakonieverein Carolinenfeld e.V. Regionales Förderzentrum Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung 1 75940 Freie Gemeinschaftsschule Elstertal Greiz 1 Schuljahresstatistik Schulen-Klassen-Schüler ABS ST+FT, Schuljahr: 15/16, Stichtag: 09.09.2015, vorläufige Daten, Stand: 23.10.2015 Anlage 2 Übersicht der Fort- und Weiterbildungsangebote im Bereich Deutsch als Zweitsprache 1. Fortbildungsmaßnahmen 2015/2016 Deutsch als Zweitsprache im berufsbildenden Bereich Fortbildungsreihe für DaZ-Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen 2 Nachmittagsveranstaltungen pro Schulhalbjahr ca. 20 Teilnehmer Einzelveranstaltungen zu speziellen von Lehrkräften benötigten Themen Schwerpunkt 2015/16: Alphabetisierung zwischen 20 und 60 Teilnehmer Netzwerk der DaZ-Lehrkräfte Lehrkräfte mit abgeschlossener DaZ-Qualifizierung Fortbildungsveranstaltungen zur Erweiterung der erworbenen Qualifikation 15 Lehrkräfte Veranstaltungen im Rahmen der Berufseingangsphase 3 Ganztagsveranstaltungen im Schuljahr: Interkulturelles Lernen, Förderung von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache, Sprachsensibler Fachunterricht zwischen 25 und 50 Teilnehmer Fortbildung für spezielle Zielgruppen Durchführung von Veranstaltungen für Beratungslehrer, Fachberater, Schulentwicklungsberater … 5 - 10 Veranstaltungen pro Schuljahr Ganztags- oder Nachmittagsveranstaltungen zwischen 15 und 40 Teilnehmern Fachliche Begleitung der Lehrkräfte in den Sprachklassen Fortbildung und Begleitung des für die Sprachklassen und das BVJ(S) eingestellten Personals 2 Ganztagsveranstaltungen pro Halbjahr (Teilnehmerzahl laut eingestellten Lehrkräften) 2014/2015 Deutsch als Zweitsprache im berufsbildenden Bereich Fortbildungsreihe für DaZ-Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen 2 Nachmittagsveranstaltungen pro Schulhalbjahr ca. 20 Teilnehmer z.B. 18.11.2014 - Förderung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern in Deutsch als Zweitsprache an der berufsbildenden Schule- ein Erfahrungsaustausch 04.03.2015 - Berufsbezogener DaZ-Unterricht Einzelveranstaltungen zu speziellen von Lehrkräften benötigten Themen Schwerpunkt 2014/15: Diagnose und gezielte Förderung zwischen 20 und 60 Teilnehmer z.B. 15./16.09.2014 - Schule in der Migrationsgesellschaft 23.10.2014 - Feststellung des Standes der sprachlichen Entwicklung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprach 12.11.2014 - Materialien und Lehrwerke im Unterricht Deutsch als Zweitsprache 24.02.2015 - KIKUS: ein ganzheitliches Programm zur Anregung und Förderung der Mehrsprachigkeit von Kindern 19.03.2015 - Förderung von zugewanderten Schülerinnen und Schülern in Deutsch als Zweitsprache in Sprachlernklassen- ein Erfahrungsaustausch 2. Weiterbildungsmaßnahme Deutsch als Zweitsprache 2015/2016 200-Stunden-Programm zur Qualifizierung Thüringer Lehrkräfte Aufbau der notwendigen interkulturellen und didaktischen Kompetenzen Träger: Thüringer Volkshochschulverband ca. 75 Teilnehmer 2014/2015 200-Stunden-Programm zur Qualifizierung Thüringer Lehrkräfte Aufbau der notwendigen interkulturellen und didaktischen Kompetenzen Träger: Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft 15 Teilnehmer