07.12.2015 Drucksache 6/1394Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. Dezember 2015 Einführung einer Wasserentnahmeabgabe in Thüringen Die Kleine Anfrage 557 vom 23. September 2015 hat folgenden Wortlaut: In verschiedenen Medien wurde über die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe in Thüringen berichtet . Durch die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe in Thüringen für die Entnahme unter anderem aus dem Grundwasser würde auch das Trinkwasser teurer werden. Durch diese Abgabe würden Unternehmen, Landwirtschaftsbetriebe und Privathaushalte zusätzlich belastet werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Plant die Landesregierung die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe, wie in den Medien angekündigt? 2. Wie wird die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe begründet? 3. Wie schätzt die Landesregierung die zusätzliche Belastung für Unternehmen im Hinblick auf den Wettbewerb ein? 4. Welche wasserintensiv produzierenden Betriebe sind der Landesregierung bekannt und wie hoch wird die Belastung dieser Unternehmen eingeschätzt? 5. Wie schätzt die Landesregierung die zusätzliche Belastung für Privathaushalte unter Berücksichtigung der Wasserpreise im bundesweiten Vergleich ein? 6. Erwartet die Landesregierung durch eine Wasserentnahmeabgabe Wassereinsparungen und wenn ja, in welcher Höhe? 7. Welche Konsequenzen hätte eine solche Wassereinsparung auf den Fernwasserabsatz und -preis sowie die Trinkwassergebühren? 8. Wie hoch wird der Verwaltungsaufwand zur Erhebung der Wasserentnahmeabgabe prognostiziert? 9. Welche Behörde soll die Wasserentnahmeabgabe erheben und wie viele zusätzliche Stellen werden dafür benötigt? 10. Für welche Zwecke soll das Abgabeaufkommen verwendet werden und wie wird dies begründet? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Wirkner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1394 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ja, die Landesregierung beabsichtigt, dem Thüringer Landtag demnächst den Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Erhebung einer Wasserentnahmeabgabe vorzulegen. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der Anhörung. Die Ergebnisse der Anhörung werden in die Abwägung einbezogen. Eine abschließende Meinungsbildung der Landesregierung steht noch aus. Der Entwurf des Wasserentnahmeabgabegesetzes wurde dem Thüringer Landtag bereits mit Schreiben vom 2. Oktober 2015 zugeleitet, um die Fraktionsgeschäftsstellen über den anliegenden Referentenentwurf zu unterrichten. Zu 2.: Zweck dieses Gesetzes ist es, das vorhandene, nutzbare Wasservorkommen zu bewahren und zu schonen . Umweltschäden sollen nicht nur repariert, sondern die Beeinträchtigungen des Wasservorkommens müssen von vornherein und soweit wie möglich vermieden werden. Wasser ist die Grundlage des Lebens und damit unentbehrlich für den Menschen und andere Lebewesen. Es ist eine wertvolle, nicht unbegrenzt vorhandene Ressource. Die verfügbaren Wasserressourcen bedürfen in mengenmäßiger Hinsicht eines besonderen Schutzes. Daher ist ein weiterer Zweck dieses Gesetzes, Anreize dafür zu schaffen, die Entnahmen aus dem natürlichen Wasserhaushalt auf das Notwendige zu beschränken. Der gemeinwohlverträgliche und nachhaltige Umgang mit den existenten Wasservorkommen - als ein Ziel des europäischen und des deutschen Wasserrechts - soll verbessert werden, um das Wasser als nutzbares Gut zu schützen und zur Verbesserung seiner Qualität beizutragen. Dabei soll - auch mit Blick auf die zu erwartenden Veränderungen als Folgen des Klimawandels - das qualitativ hochwertige Grundwasser mehr geschützt und deshalb mit einem höheren Abgabesatz belegt werden. Ferner dient die Abgabe dazu, einen Sondervorteil abzuschöpfen. Dieser Vorteil besteht in der Möglichkeit der Wasserentnahme. Denn knappe, natürliche Ressourcen - zu denen das Wasser gehört - sind Güter der Allgemeinheit. Besteht für einen einzelnen die Möglichkeit der Nutzung dessen, so wird ihm die Teilhabe an diesem Allgemeingut verschafft. Der Nutzer erhält einen Sondervorteil gegenüber denen, die das Gut Wasser nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. Daher ist es sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil abzuschöpfen; siehe dazu auch: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995, Az.: 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93, Rn. 162, zit. nach Juris. Die Wasserentnahmeabgabe ist auch eine wichtige Finanzierungsquelle für bestimmte wasserwirtschaftliche Aufgaben. Die Einnahmen sind nach der momentan vorgesehenen Zweckbindung des Gesetzes zur Unterstützung erforderlicher Maßnahmen - wie Pflege und Entwicklung von oberirdischen Gewässern, der Erfüllung der Anforderungen an die Gewässergüte und die Gewässerstruktur - zu verwenden. Ferner sollen die europarechtlichen Vorgaben, insbesondere zur Erreichung und Erhaltung eines guten Gewässerzustands , erfüllt sowie der Grundwasser- und der Hochwasserschutz gewährleistet werden. Zu 3.: Durch die Einführung einer Wasserentnahmeabgabe, von der ein Großteil der Thüringer Unternehmen, insbesondere wasserintensive Unternehmen, betroffen ist, werden die Thüringer Unternehmen zusätzlich belastet . In welchem Ausmaß die Abgabe negative Auswirkungen auf die Ertrags- und Wettbewerbssituation der Thüringer Unternehmer hat, kann nicht beziffert werden. Die Landesregierung erwartet, als Ergebnis der Verbandsanhörungen genauere Informationen zu erhalten. Zu 4.: Wasserintensiv produzierende Unternehmen, insbesondere aus den Bereichen der Tierhaltung, der Zellstoff -/Papierherstellung, der chemischen Industrie, dem Bergbau und der Ernährungsindustrie, werden voraussichtlich von der Wasserentnahme besonders betroffen sein. 3 Drucksache 6/1394Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Die konkrete Belastung eines jeden Einwohners kann derzeit nicht exakt bestimmt werden, da in weiten Teilen Thüringens Mischwasser aus Grund- und Oberflächenwasser verwendet wird. Die Belastung kann jedoch nur getrennt für Entnahmen aus dem Grundwasser- oder aus dem Oberflächenwasser berechnet werden. Geht man davon aus, dass die Entnahme allein aus dem Grundwasser erfolgt, so wird jeder Einwohner - bei einer täglichen Entnahmemenge von etwa 111 Litern, worin Rohrnetzverluste von 19 Prozent eingerechnet wurden - zusätzlich mit etwa 4,00 Euro pro Jahr belastet. Bei der alleinigen Nutzung von Oberflächenwasser beläuft sich die Belastung auf etwa 1,60 Euro pro Einwohner und Jahr. Die konkrete Belastung für Bürger, die aus Mischwasser versorgt werden, liegt zwischen diesen Werten. Zu 6.: Wie unter Frage 1 ausgeführt, ist ein Zweck dieses Gesetzes, Anreize dafür zu schaffen, die Entnahmen aus dem natürlichen Wasserhaushalt auf das Notwendige zu beschränken. In welcher Höhe mit Wassereinsparungen zu rechnen ist, ist derzeit nicht absehbar. Zu 7.: Die Höhe der Wassereinsparungen ist derzeit nicht absehbar. Aus diesem Grund können keine Angaben zu den Auswirkungen auf den Fernwasserabsatz und -preis sowie die Trinkwassergebühren gemacht werden . Mit schwerwiegenden negativen Auswirkungen wird nicht gerechnet. Zu 8.: Beim Land belaufen sich die Personalkosten auf voraussichtlich ca. 180 000 Euro im Kalenderjahr. Für die anfallenden Sachkosten liegen keine belastbaren Angaben vor. Über den Aufwand bei den Abgabenpflichtigen liegen keine belastbaren Angaben vor. Mit signifikanten Auswirkungen wird nicht gerechnet. Zu 9.: Geplant ist, dass das Landesverwaltungsamt für das Verfahren zuständig ist. Die o. g. Personalkosten entstehen für drei Vollbeschäftigteneinheiten. Zu 10.: Die Einnahmen sollen zweckgebunden für wasserwirtschaftliche und gewässerökologische Belange verwendet werden. Dazu zählen insbesondere Hochwasserschutzmaßnahmen sowie die Unterhaltungsmaßnahmen der Gewässerunterhaltungspflichtigen nach § 39 WHG und die Maßnahmen, die der Erreichung und Erhaltung der Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27, 30 und 47 WHG dienen. Zudem soll der Verwaltungsaufwand aus dem Aufkommen gedeckt werden. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Siegesmund Ministerin