21.12.2015 Drucksache 6/1545Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 14. Januar 2016 Einnahmeverlust für die Gemeinde Tiefenort durch Grundstücksverkauf Die Kleine Anfrage 642 vom 6. November 2015 hat folgenden Wortlaut: Dem Fragesteller liegen Informationen vor, wonach die Gemeinde Tiefenort ein Grundstück (Grundstücksgröße : circa 3.000 Quadratmeter) für rund 46 Euro pro Quadratmeter erworben hat (Aufkaufsumme: rund 138.000 Euro). Zwischenzeitlich hat die Gemeinde das Grundstück für 140.000 Euro an einen privaten Investor veräußert. Dieser Kaufpreis beinhaltet gemeindliche Aufwendungen für die Erschließung in Höhe von 77.000 Euro und Ablösebeträge für zehn PKW-Stellplätze in Höhe von 24.000 Euro. Der tatsächliche Grundstücksverkaufspreis beträgt somit nur rund 39.000 Euro und liegt damit um rund 100.000 Euro unterhalb des Aufkaufpreises für den gemeindlichen Grundstückserwerb. Nach § 67 Thüringer Kommunalordnung darf die Gemeinde Vermögenswerte in der Regel nur zum vollen Wert veräußern. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Kommune Vermö genswerte auch unter Wert veräußern. Nach meiner Kenntnis soll die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde (Landratsamt Wartburgkreis) dem nachgefragten Verkauf unter Wert zugestimmt haben. Die Gemeinde Tiefenort unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie und mit welchem Ergebnis wurde durch die Gemeinde der volle Wert des nachgefragten Grundstücks vor der Veräußerung an den privaten Investor ermittelt und dabei der Aufkaufpreis, der anschließende gemeindliche Erschließungsaufwand und die Ablösebeträge für zehn PKW-Stellplätze berücksichtigt? 2. Inwieweit liegen im nachgefragten Fall die Voraussetzungen für die Veräußerung von Vermögenswerten unter Wert vor? 3. Welche Stellungnahme hat im nachgefragten Fall die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde gegenüber der Gemeinde abgegeben? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Bei der Veräußerung kommunaler Vermögensgenstände ist die Gemeinde an die Vorschriften des § 67 Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) gebunden. Diese sehen grundsätzlich eine Verpflichtung zur Ver- K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1545 äußerung zum vollen Wert vor (§ 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO). Der volle Wert kann dabei insbesondere im Wege einer Ausschreibung im Sinne des § 67 Abs. 3 ThürKO oder auch durch ein entsprechendes Wertgutachten nachgewiesen werden. Investitionen in die Werterhaltung oder Wertsteigerung eines Vermögensgegenstandes können dabei einen wertbildenden Faktor darstellen, werden bei der Wertermittlung aber nicht unmittelbar an- bzw. abgesetzt. Für die angesprochenen Grundstücke wurde eine Ausschreibung mit einem Mindestgebot von 140.000 Euro durchgeführt, für das die Gemeinde die Erschließungskosten, die Stellplatzkosten und den Bodenrichtwert berücksichtigt hat. Aus Sicht der Gemeinde besteht ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO, das es rechtfertigt, ausnahmsweise von der grundsätzlichen Verpflichtung zu einer Veräußerung zum vollen Wert abzuweichen. Die Entscheidung über die Veräußerung eines Grundstückes einschließlich der Wertermittlung sowie die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Unterwertveräußerung obliegt der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts. Gemäß Mitteilung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde hat die Gemeinde hinreichend dargetan, dass die Errichtung einer stationären Pflegestätte als soziale Einrichtung eine Ausnahme im Sinne des § 67 Abs. 1 Satz 3 ThürKO rechtfertigt. Auf die konkrete Wertermittlung kommt es für die rechtsaufsichtliche Bewertung daher vorliegend nicht an. Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 3.: Die Veräußerung von kommunalen Grundstücken bedarf keiner rechtsaufsichtlichen Genehmigung bzw. Stellungnahme. Die Durchführung einer Ausschreibung wurde in einer gemeinsamen Beratung zwischen der Gemeinde und der Rechtsaufsichtsbehörde abgestimmt. Dr. Poppenhäger Minister