30.12.2015 Drucksache 6/1568Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. Januar 2016 Rahmenbefehl im Zusammenhang mit Ereignissen in/an Gemeinschaftsunterkünften , Landesaufnahmestellen und sonstigen Unterkünften von Flüchtlingen oder Asylsuchenden Die Kleine Anfrage 620 vom 4. November 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut dem an die Presse gelangten oben genannten Rahmenbefehl ist an den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes "von einem erhöhten Gefahrenpotential auszugehen", das unter anderem in dem Aufeinandertreffen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen begründet liegt. Weiterhin müsse mit "Erscheinungsformen der Schleusungskriminalität" gerechnet werden. Daher könnten auch "temporär angelegte Abweichungen von der bestehenden Aufbau- und Ablauforganisation mit den entsprechenden Konsequenzen für die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben im betroffenen Bereich erforderlich sein." Alle Maßnahmen seien mit dem zur Verfügung stehenden Personal durchzuführen. Ich frage die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen haben Einsätze an Gemeinschaftsunterkünften und Landeserstaufnahmestellen im Jahr 2015 zur Zurückstellung anderer Einsätze und planmäßiger Aufgaben der Polizei geführt? 2. Plant die Polizei aufgrund der Belastung der Polizeibeamten im Vollzugsdienst durch Einsätze an Gemeinschaftsunterkünften und Landesaufnahmeeinrichtungen eine zusätzliche Einstellung von Polizeianwärtern in 2016 und 2017? Wenn ja, wie viele Polizeianwärter sollen jeweils in 2016 und 2017 zusätzlich eingestellt werden? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Entlastung der Polizeibeamten im Vollzugsdienst? 4. Über welche interkulturelle Kompetenz verfügen die Polizeibeamten in Thüringen (bitte nach Fremdsprachkenntnissen beziehungsweise muttersprachlichen Sprachkenntnissen, Teilnahme an Schulungen zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenz, Anteil von Polizeibeamten mit Migrationshintergrund aufschlüsseln)? 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die interkulturelle Kompetenz der Polizeibeamten zu erhöhen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1568 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 29. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Polizeiliche Einsätze sind grundsätzlich in zwei Kategorien einzuordnen. Hierbei handelt es sich um Sofort - bzw. Zeitlagen. Der wesentliche Unterschied dieser Kategorien besteht in der Planbarkeit der Einsätze und Einsatzkräfte. Einsätze an Gemeinschaftsunterkünften und Landeserstaufnahmestellen unterliegen auch dieser grundsätzlichen Unterscheidung hinsichtlich Planbarkeit und Dringlichkeit. Bei mehreren gleichzeitig vorliegenden nicht planbaren Einsatzanlässen erfolgt von der verantwortlichen Führungskraft eine Prioritätenentscheidung unter Maßgabe der Beurteilung der Lage. Eine statistische Erfassung polizeilicher Sofortlagen und der hierzu erforderlichen Prioritätenentscheidungen erfolgt nicht. Zu 2.: Im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorgaben soll in den Jahren 2016 und 2017 die maximale Anzahl an Polizeianwärtern eingestellt werden. Konkrete zahlenmäßige Angaben können erst nach Verabschiedung des Haushaltsplans 2016/2017 gemacht werden. Zu 3.: Auf die Antwort der Landesregierung zu der gleichlautenden Frage 7 der Kleinen Anfrage 608 des Abgeordneten Kießling (AfD) wird verwiesen. Zu 4.: Im Rahmen der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes werden Anwärter in verschiedenen Lernbereichen der Ausbildung mit Themen wie Fremdenfeindlichkeit, Interkulturelle Kompetenz, Rassendiskriminierung und Ausländerfeindlichkeit konfrontiert und sollen dazu und damit in die Lage versetzt werden, sich selbst- und sozialkritisch mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Im Studienverlauf des Bachelorstudienganges (gehobener Polizeivollzugsdienst) sind vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung stetige Anpassungen an die zu vermittelnden Lehrinhalte erfolgt. Verschiedene Module mit Bezug auf die o.g. Thematik vertiefen die Auseinandersetzung der Studierenden mit der Bedeutung der internationalen Polizeiarbeit in einer zunehmend globalisierten Welt und den Handlungsrahmen der Polizeiarbeit, die durch interkulturelle und multiethnische Aspekte geprägt sind. In den Modulen werden themenbezogen verfassungsrechtliche Kenntnisse vertieft und erweitert. Im Rahmen des Reakkreditierungsverfahrens wurden die Studieninhalte überarbeitet und geschärft. Neu aufgegriffen wurden Themen zur Geschichte, Gegenwart, Perspektiven und rechtlichen Grundlagen der nationalen und internationalen kriminalpolizeilichen Zusammenarbeit. Auch künftig erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit den Ursachen und Wirkungsweisen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus . Während der Ausbildung sowie des Studiums werden im Rahmen von Modulen Fremdsprachenkenntnisse in Englisch geschult. Im Rahmen der Fortbildung bestehen Grund- und Aufbauseminare für den Bereich Englisch, zudem wird bedarfsorientiert ein Seminar zum Erwerb von Grundkompetenzen in der russischen Sprache angeboten. Darüber hinaus erhalten Polizeivollzugsbeamte innerhalb der Fortbildung in verschiedenen Seminaren Hintergrundwissen zur Thematik der Interkulturellen Kompetenz. Eine Statistik zur Aufschlüsselung nach bereits vorhandenen Fremdsprachenkenntnissen bzw. Anteil nach Migrationshintergrund erfolgt nicht. Zu 5.: Die Aus- und Fortbildung zum Thema "Interkulturelle Kompetenz" wird aktuell neu konzipiert und ab 2016 verstärkt angeboten. Weiterhin wurde in der polizeilichen Grundlagenausbildung das Thema noch stärker gewichtet und dementsprechend der Stundenansatz erhöht. 3 Drucksache 6/1568Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zudem wurde bereits auf die aktuellen Herausforderungen mit einer Seminarreihe "Flucht und Asyl" reagiert. Dabei wurden in einem Dreitagesseminar zwei Großveranstaltungen bereits durchgeführt. Weitere Veranstaltungen sind für das 1. Quartal 2016 geplant. Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang auf das zu diesem Zweck im Rahmen des Sonderplenums des Thüringer Landtags am 24. August 2015 von Herrn Minister Dr. Holger Poppenhäger vorgestellte 5-Punkte -Programm verwiesen. Hier wird insbesondere unter Punkt 4 auf ein Konzept zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenz der Thüringer Polizeibeamtinnen und -beamten hingewiesen. Dr. Poppenhäger Minister _GoBack