27.01.2016 Drucksache 6/1698Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. Februar 2016 Rückläufige Studierendenanzahl an Thüringer Hochschulen? Die Kleine Anfrage 719 vom 11. Dezember 2015 hat folgenden Wortlaut: In dem am 26. November 2015 veröffentlichten Artikel "Studenten-Boom geht an Thüringen vorbei" (Freies Wort Suhl) steht geschrieben, dass sich im Wintersemester 2015/2016 im Vergleich zum Wintersemester 2014/2015 insgesamt 1,5 Prozent we niger Personen an den Thüringer Universitäten und Hochschulen eingeschrieben haben. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden konnte für das gesamte Bundes gebiet im Wintersemester 2015/2016 ein deutliches Plus von 2,2 Prozent an Studie renden im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Die positive gesamtdeutsche Ent wicklung steht folglich im Gegensatz zu dem Rückgang von Studierenden von 1,5 Prozent in Thüringen. Ich frage die Landesregierung: 1. Seit wann sind der Landesregierung die rückläufigen Studentenzahlen bekannt? 2. Wird die Landesregierung dem Rückgang der Studierendenanzahl mit Maßnahmen begegnen? Wenn ja, welche? 3. Welche Studiengänge verzeichnen einen Rückgang von Studierenden und welche Studiengänge verzeichnen eine höhere Studierendenanzahl (bitte separat nach Fachhochschulen und Universitäten auflisten)? 4. Welche finanziellen Konsequenzen ergeben sich für Thüringen bezüglich der Zuweisung von Bundesmitteln aus dem Rückgang der Studierendenanzahl um 1,5 Prozent für das Jahr 2016? 5. Gibt es geplante Maßnahmen gegen den Abwanderungstrend aus Thürin gen von ausgebildeten Akademikern ? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 26. Januar 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Zahl der an Thüringer Hochschulen eingeschriebenen Personen hat sich von 50.915 im Wintersemester 2014/2015 auf 50.167 im Wintersemester 2015/2016 und damit um 1,5 Prozent verringert. Ein Vergleich dieser Zahlen mit den Vorjahren, in denen der Rückgang 2,1 Prozent bzw. 2,3 Prozent betrug, ergibt jedoch eine vergleichsweise positive Entwicklung. Der Rückgang folgt daraus, dass die studienanfängerstarken K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Voigt (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1698 Jahrgänge 2009, 2010 und 2011 mit jeweils über 11.000 Studienanfängern inzwischen ihr Bachelor- und Masterstudium überwiegend beendet haben. Ein positiver Trend ist auch bei der Zahl der Studienanfänger im 1. Hochschulsemester zu beobachten. Sie ist zum Wintersemester 2015/2016 das erste Mal seit drei Jahren wieder um 0,2 Prozent gestiegen, nachdem sie in den Vorjahren jeweils um über vier Prozent zurückging. Zu 1.: Das Thüringer Landesamt für Statistik ermittelt jährlich mit einer Abfrage die zum Stichtag 31. Oktober eingeschriebenen Studierenden der Hochschulen. Diese Ergebnisse werden dem Statistischen Bundesamt für die Schnellmeldung übergeben und parallel dem für Wissenschaft zuständigen Ministerium zur Verfügung gestellt. Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft erhielt die Ergebnisse am 12. November 2015. Zu 2.: Mit den Inhalten, Zusagen und Zielstellungen der Rahmenvereinbarung IV sowie der hochschulindividuellen Ziel- und Leistungsvereinbarungen von 2016 bis 2019 stärkt die Landesregierung die Thüringer Hochschulen als Wachstumskerne, die Studierende und Wissenschaftler an den Freistaat Thüringen binden und damit Fachkräfte für die Wirtschaft sichern. Die Hochschulen erhalten finanzielle Planungssicherheit, auf deren Basis sie attraktive Studienangebote mit guten Studienbedingungen bieten können. Zwischen Landesregierung und Hochschulen ist dabei vereinbart worden, dass die Zahl der Studienanfänger durch eine stabile Übergangsquote von der Schule zur Hochschule und durch die weitere Gewinnung von Studienanfängern aus anderen Ländern sowie dem Ausland bei etwa 10.000 - Zielmarke des Hochschulpakts 2020 - liegen und damit die Zahl der Studierenden auf dem derzeitigen Niveau von ca. 50.000 (48.000 bis 52.000) verstetigt werden soll. Entsprechend werden in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen Verabredungen sowohl zur Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit, als auch zur Bildungsausländerquote getroffen und finanziell honoriert. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Verpflichtung Thüringens im Rahmen des Hochschulpakts 2020 hat sich an den Thüringer Hochschulen in den letzten Jahren ein umfassendes Hochschulmarketing etabliert. Durch gezielte Marketingmaßnahmen und Informationen über die gute Ausstattung sowie die attraktiven Angebote der Thüringer Hochschulen wurde und wird der Bekanntheitsgrad der Hochschulen und ihrer Studienangebote erhöht und bundesweit um Studienanfänger geworben. Zur Unterstützung des Marketings der Thüringer Hochschulen startete das Thüringer Ministerium für Wirtschaft , Wissenschaft und Digitale Gesellschaft im Mai 2015 zudem die Kampagne "Läuft bei uns. Läuft bei dir". Diese Kampagne verstärkte die Aktivitäten der Hochschulen, indem sie pointiert Aufmerksamkeit erzeugte und die Sichtbarkeit des Hochschulstandortes Thüringen nochmals erhöhte. Die eingeführten Marketingmaßnahmen sollen in den nächsten Jahren verstetigt werden. Zu den Details des Hochschulmarketings wird auf die Antwort zu Frage 115 der Großen Anfrage der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/1377 verwiesen. Zu attraktiven Studienbedingungen gehören auch gute Wohnmöglichkeiten. Mit einem eigens aufgelegten Sanierungsprogramm für die Studentenwohnheime in Thüringen wird der bestehende Sanierungsstau aufgelöst . Bis 2019 stellt das Land hierfür rund 15 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel zur Verfügung. Zu 3.: Die Studierenden- und Studienanfängerzahlen - letztere sind ein weiteres Indiz für die aktuelle Nachfrage eines Studiengangs und werden deshalb hier mitberücksichtigt - entwickeln sich an den einzelnen Hochschulen unterschiedlich. Während die Studienanfängerzahlen im 1. Hochschulsemester im Wintersemester 2015/2016 an der Technischen Universität Ilmenau, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Hochschule Nordhausen gestiegen sind, ist an der Bauhaus-Universität Weimar, der Fachhochschule Erfurt und der Hochschule Schmalkalden im letzten Jahr ein Rückgang zu beobachten. Bei den meisten der über 300 Studiengänge ist kein eindeutiger Trend zu beobachten. Die Studierendenund Studienanfängerzahlen unterliegen Schwankungen von unter zwei Prozent. Die Anlage weist deshalb beispielhaft Studiengänge mit einem deutlicheren Anstieg und solche mit einem deutlicheren Rückgang der Studierenden- und Studienanfängerzahlen im vergangenen Jahr aus. 3 Drucksache 6/1698Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Höhe der Zuweisung der Bundesmittel aus dem Hochschulpakt 2020 ist an die Zahl der Studienanfänger im 1. Hochschulsemester eines Studienjahres gemäß der KMK-Prognose 2014 geknüpft. Für Thüringen liegt diese Zielzahl für das Jahr 2015 bei 10.255. Nach dem letzten Stand haben die Thüringer Hochschulen im Jahr 2015 mit 9.669 Studienanfängern im 1. Hochschulsemester den Prognosewert nicht erreicht. Gegenüber dem Jahr 2014 wurde allerdings die Zahl der Studienanfänger im 1. Hochschulsemester um 42 gesteigert. Da es gemäß den Festlegungen im Hochschulpakt 2020 erst im Jahr 2020 eine Spitzabrechnung mit allen Ländern auf der Grundlage der Gesamtsummen der Studienanfängerzahlen in den Jahren 2014 bis 2020 im Vergleich zu den jeweiligen Prognosezahlen für diesen Zeitraum geben wird, hat die Unterschreitung der Prognosezahl im Jahr 2015 keine direkten und sofortigen Auswirkungen auf die Höhe der Bundeszuweisungen . Sollte das Minus in Höhe von 586 Studienanfängern im Zeitpunkt der Abrechnung jedoch noch bestehen, ergäben sich für Thüringen daraus Rückzahlungsverpflichtungen in Höhe von rund 7,6 Millionen Euro (13.000 Euro pro Studienanfänger), die dann mit den Zahlungsansprüchen der Jahre 2021 bis 2023 verrechnet würden. Zu 5.: Um einer Abwanderung von Akademikern entgegenzuwirken, arbeitet die Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF), die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes als Projekt bei der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) gefördert wird, eng mit den Thüringer Hochschulen zusammen. An den Thüringer Hochschulen finden regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen von Hochschulen und ThAFF statt, die die Möglichkeiten für Studierende und Absolventinnen und Absolventen auf dem Arbeitsmarkt aufzeigen . Veranstaltungsformate sind beispielsweise Job-Speed-Datings, Arbeitgeberforen und Vorträge. In Abstimmungen mit den Verantwortlichen der Hochschulen wird auch an neuen Formaten gearbeitet. Ein wichtiger Beitrag der ThAFF ist die Durchführung der jährlichen Absolventenmesse "academix Thüringen ". Sie ist bundesweit einmalig, da sie eine Gesamtmesse für alle Thüringer Hochschulen gemeinsam ist und ausschließlich Thüringer Unternehmen und Institutionen zugegen sind. Diese bieten Einstiegsmöglichkeiten (Praktika, Themen für Abschlussarbeiten, Stellen für Absolventen etc.) und damit auch eine Bleibeperspektive für junge Thüringerinnen und Thüringer an. Bei erfolgreichem Ergebnis wird so eine erste berufliche Bindung an Thüringen erzielt. Darüber hinaus ist die ThAFF bei allen Firmenkontaktmessen der Thüringer Hochschulen als Aussteller präsent und berät vor Ort zum Thüringer Arbeitsmarkt und den vielfältigen Einstiegsmöglichkeiten. Gleichzeitig arbeitet die ThAFF im Rahmen von Beratungsgesprächen und Veranstaltungen stetig daran, Unternehmen für akademischen Nachwuchs zu sensibilisieren. Auch die Förderung von Existenzgründungen und insbesondere die Förderung von Gründungen aus Hochschulen eröffnet Chancen für Akademiker wie für die Entwicklung von jungen Unternehmen. Erfolgreiche innovative Unternehmen zeichnen sich durch überdurchschnittliche Umsatz- und Wachstumsimpulse aus und sind insbesondere mit der Schaffung anspruchsvoller Arbeitsplätze verbunden. Im Ergebnis tragen die Maßnahmen zur Förderung von Unternehmensgründungen deshalb dazu bei, dass gerade Akademiker in Thüringen arbeiten und die jungen Unternehmen durch ihre Tätigkeit voranbringen. Tiefensee Minister Anlage*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlage wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlage erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek . Des Weiteren kann sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden.