23.02.2015 Drucksache 6/172Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. März 2015 Eingeschränkte Verwendung von unbeschränkt gesetzlichen Zahlungsmitteln Die Kleine Anfrage 83 vom 7. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: In zahlreichen Geschäften weisen Beschilderungen darauf hin, dass große Euro-Geldscheine als Zahlungsmittel , unabhängig von der Höhe der von Käufern zu entrichtenden Beträge, nicht akzeptiert werden. Dies kann gegebenenfalls zu unangenehmen Begleiterscheinungen führen, etwa wenn an einer Tankstelle nach dem Betanken des Fahrzeugs eine Kartenzahlung nicht erfolgen kann, der Kunde jedoch nur große Geldscheine mit sich führt. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen regeln die Verwendung unbeschränkt gesetzlicher Zahlungsmittel , insbesondere in Bezug auf den möglichen Ausschluss solcher Zahlungsmittel durch Geschäftsinhaber? 2. Ist es gegebenenfalls zulässig, als Geschäftsinhaber die Zahlung mit unbeschränkt gesetzlichen Zahlungsmitteln über die in der Beantwortung der Frage 1 genannten Rahmenbedingungen hinaus einzuschränken? 3. Wenn die Frage 2 mit Ja beantwortet wird, auf welcher konkreten Rechtsgrundlage erfolgt die Einschränkung ? 4. Sofern eine eingeschränkte Verwendung unbeschränkt gesetzlicher Zahlungsmittel zulässig ist, wie könnte in einem Fall wie eingangs beschrieben, eine rechtlich korrekte Lösung des aufgetretenen Problems erfolgen (etwa Rechnungsstellung mit anschließender Überweisung etc.)? 5. Haben Bürgerinnen und Bürger, die trotz des Hinweises auf Einschränkung der Zahlungsmittel durch den Geschäftsinhaber ausschließlich diese Zahlungsmittel verwenden wollen oder können, bei Nichtakzeptanz des Geschäftsinhabers mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen? Wenn ja, welche? 6. Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit auf die dargestellte Situation der Annahme unbeschränkt gesetzlicher Zahlungsmittel zu reagieren? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Korschewsky (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/172 Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. Februar 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Deutsche Bundesbank gibt dazu auf ihrer Internetpräsenz unter dem Link: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/FAQ_Listen/Aufgaben/bargeld_euro_banknoten.html?docId=18674#18674 folgende Hinweise: "Nach Art. 128 Abs. 1 Satz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), Art. 16 Abs. 1 Satz 3 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank , Art. 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 über die Einführung des Euro sind Euro-Banknoten in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Insoweit ist grundsätzlich jedermann kraft öffentlichen Rechts gehalten, Zahlung mit Euro-Banknoten als ordnungsgemäße Erfüllung einer Verbindlichkeit zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu akzeptieren. Allerdings gilt nach deutschem Recht das Prinzip der Vertragsfreiheit. Dieses Prinzip ermöglicht es, den an einem Rechtsgeschäft Beteiligten bei Abschluss eines Vertrags dessen Inhalt frei zu bestimmen. Insoweit ist es den Vertragspartnern auch möglich, eine bestimmte Art der Erfüllung für die erbrachte Leistung zu vereinbaren oder auch auszuschließen. Das Prinzip der Vertragsfreiheit überlagert insoweit die o.a. Vorschriften des öffentlichen Rechts, wonach an sich jedermann gehalten ist, Zahlungen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln als ordnungsgemäße Erfüllung einer Verbindlichkeit zu akzeptieren. Auch im öffentlichen Recht sind Einschränkungen bei der Barzahlung bekannt. So ist eine Begleichung der Steuerschuld durch Barzahlung bei den Finanzkassen in der Regel nicht mehr möglich." Von dieser Rechtslage geht auch die Europäische Kommission aus. In der "Empfehlung der Kommission vom 22.03.2010 über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel" (ABl. L 83 vom 30.3.2010, S. 70-71) führt sie unter anderem aus, dass, sofern sich die Parteien nicht auf andere Zahlungsmittel geeinigt haben, der Empfänger einer Zahlungsverpflichtung nicht befugt ist, eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen abzulehnen. Bezogen auf den eingangs der Kleinen Anfrage angesprochenen Beispielsfall zum Betanken eines Kraftfahrzeugs dürfte der Ausschluss der Entgegennahme eines bestimmten größeren Geldscheins (z. B. eines 500-Euro-Scheins) im Hinblick auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit rechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn der Tankstellenbetreiber im Voraus, etwa durch Aushang seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen an den Zapfsäulen, die Einschränkung deutlich macht. Falls der Kunde dann trotz beziehungsweise in Ansehung dieses Aushangs tankt, akzeptiert er konkludent die Beschränkung des gesetzlichen Zahlungsmittels ; die Beschränkung wird mithin Vertragsbestandteil. Versäumt der Tankstellenbetreiber vor dem Tankvorgang hingegen, den Kunden durch Aushang oder auch individuell auf die von ihm erstrebte Einschränkung hinzuweisen, gerät er - der Tankstellenbetreiber - im Falle der Weigerung der Entgegennahme des Geldscheins (im Kassenbereich) in Annahmeverzug. Losgelöst von dem Fall einer vertraglich vereinbarten Einschränkung des gesetzlichen Zahlungsmittels dürfte sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) ergeben, dass bei geschuldeten Kleinstbeträgen der Gläubiger nicht ohne weiteres verpflichtet ist, (besonders) große Scheine (z. B. 500-Euro-Scheine) zu akzeptieren. Darauf weist auch die Kommission in ihrer oben zitierten Mitteilung hin. Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. 3 Drucksache 6/172Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten können individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Der Geschäftsinhaber kann daher z.B. auf sofortige (Bar-)Zahlung verzichten, die Möglichkeit zur Kartenzahlung einrichten oder eine verlängerte Zahlungsfrist akzeptieren. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Soweit hiernach wirksam eine Beschränkung des gesetzlichen Zahlungsmittels vereinbart wurde, kann der Geschäftsinhaber auf die vereinbarungsgemäße Vertragserfüllung bestehen. Zu 6.: Die Landesregierung sieht hierfür keinen Anlass. Lauinger Minister