17.02.2016 Drucksache 6/1772Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 2. März 2016 Weimar befürchtet erhebliche Finanznachteile durch eine Aufgabe der Kreisfreiheit Die Kleine Anfrage 692 vom 27. November 2015 hat folgenden Wortlaut: In einer Drucksache an den Stadtrat Weimar (Drucksache 143/2012) vom 3. Juli 2013 hat der Oberbürgermeister die These aufgestellt, dass durch eine mögliche Aufgabe der Kreisfreiheit die Stadt 15.561.977 Euro an Finanzmitteln jährlich weniger zur Verfügung hätte. Diese These basiert auf der Annahme, dass infolge der Aufgabe der Kreisfreiheit Landkreisaufgaben abgegeben werden. Die Wahrnehmung dieser Landkreisaufgaben erzeugt Fehlbeträge. Diese Fehlbeträge wären aber nach der These des Oberbürgermeisters geringer als die wegfallenden Zuschüsse des Landes für die Wahrnehmung der Landkreisaufgaben (anteilige Schlüsselzuweisungen, anteiliger Mehrbelastungsausgleich) und der prognostizierten künftig zu zahlenden Kreisumlage. Nach dem gegenwärtig in Diskussion stehenden Leitbild "Zukunftsfähiges Thüringen" würde Weimar die Kreisfreiheit verlieren. Die Stadt Weimar unterliegt der Rechts- und Fachaufsicht des Landes. Hierzu zählt auch die Würdigung beziehungsweise Genehmigung der Haushaltssatzungen und Haushaltspläne. Insofern kann die Landesregierung die Einnahmen und Ausgaben der Stadt Weimar nachvollziehen und die vorgenannte These des Oberbürgermeisters auf Plausibilität überprüfen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Landkreisaufgaben nimmt die Stadt Weimar gegenwärtig wahr (bitte Einzelaufstellung)? 2. Welche Einnahmen (ohne Schlüsselzuweisungen und Mehrbelastungsausgleich für Landkreisaufgaben) und Ausgaben hatte die Stadt Weimar im Jahr 2014 bei der Wahrnehmung der nachgefragten Landkreisaufgaben (bitte Einzelaufstellung)? 3. In welcher Höhe hat die Stadt Weimar 2014 Schlüsselzuweisungen und Mehrbelastungsausgleichszahlungen für die Landkreisaufgaben erhalten? 4. Welche Landkreisaufgaben würde die Stadt Weimar im Zusammenhang mit der Aufgabe der Kreisfreiheit "verlieren"? Welche Auswirkungen hätte dies auf die städtischen Finanzen? 5. Wie bewertet die Landesregierung die im Eingangstext zitierte These, wonach die Stadt Weimar durch den Wegfall der Kreisfreiheit rund 15 Millionen Euro im Jahr Mindereinnahmen hätte? Welche Rückschlüsse ergäben sich dadurch für die Landesregierung auf das Leitbild "Zukunftsfähiges Thüringen"? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1772 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 16. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Stadt Weimar nimmt als kreisfreie Stadt neben den Gemeindeaufgaben (§ 6 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung [ThürKO] in Verbindung mit § 1 Abs. 3 ThürKO) auch alle Aufgaben wahr, die den Landkreisen im eigenen und im übertragenen Wirkungskreis obliegen (§ 6 Abs. 3 ThürKO). Die Landkreise haben nach § 86 Abs. 1 Satz 1 ThürKO das Recht, die überörtlichen Angelegenheiten, deren Bedeutung über das Kreisgebiet nicht hinausgeht, in eigener Verantwortung im Rahmen der Gesetze zu verwalten. Ihnen steht gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 ThürKO die Erfüllung der auf das Kreisgebiet beschränkten öffentlichen Aufgaben zu, soweit nicht die Gemeinden zuständig sind oder Gesetze etwas anderes bestimmen. Aufgaben der Landkreise in diesem Sinne sind gemäß § 86 Abs. 2 Satz 2 ThürKO eigene oder übertragene Aufgaben. Eigene Aufgaben der Landkreise sind gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 ThürKO die überörtlichen Angelegenheiten , deren Bedeutung nicht über das Kreisgebiet hinausgeht, und gemäß § 87 Abs. 2 ThürKO die den Landkreisen durch Gesetz aus Gründen des öffentlichen Wohls auferlegten Aufgaben (Pflichtaufgaben). Übertragene Aufgaben sind gemäß § 88 Abs. 1 ThürKO durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes übertragene öffentliche Aufgaben. Konkret ergibt sich der Aufgabenbestand der Stadt Weimar aus den Gesetzen und untergesetzlichen Rechtsvorschriften . Eine diesbezügliche Einzelaufstellung wird bei der Landesregierung nicht geführt. Zu 2.: Die Jahresrechnungsstatistik für das Jahr 2014 für die Stadt Weimar liegt bislang nicht vor. Zudem lassen die in diesen Statistiken ausgewiesenen Gliederungsnummern nicht in jedem Fall eine konkrete Einteilung in Kreis- und Gemeindeaufgaben zu. Zu 3.: Die Stadt Weimar erhält Schlüsselzuweisungen getrennt für Kreis- und Gemeindeaufgaben. Für Landkreisaufgaben erhielt die Stadt im Jahr 2014 rund 24,3 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen aus der Schlüsselmasse . Allerdings sind diese Schlüsselzuweisungen keine Kompensation für konkrete Kreisaufgaben, sondern sie folgen im Sinne einer pauschalen Abgeltung aus der auf statistischer Basis ermittelten Finanzausgleichsmasse und deren Aufteilung und werden aus der Gesamtschlüsselmasse für Kreisaufgaben anhand der Parameter Steuer-/Umlagekraft und Bedarf auf die Stadt Weimar heruntergebrochen. Die Zahlungen des Mehrbelastungsausgleichs an die Stadt Weimar werden nicht in eine Pauschale für Kreisaufgaben und eine Pauschale für Gemeindeaufgaben unterteilt. Sie werden nur in einer Summe für die kreisfreien Städte errechnet und in einem Betrag ausgezahlt. Dieser betrug für Weimar im Jahr 2014 rund 5,4 Millionen Euro. Zu 4.: Die Thüringer Landesregierung hat am 22. Dezember 2015 das Leitbild "Zukunftsfähiges Thüringen" beschlossen , welches den Rahmen, die Grundzüge und Ziele der vorgesehenen Verwaltungs-, Funktionalund Gebietsreform aus Sicht der Landesregierung beschreibt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind weder konkrete Strukturen noch Aufgaben künftiger Landkreise festgelegt , so dass die im Vorspann der Kleinen Anfrage in Bezug genommenen Berechnungen der Stadt Weimar hypothetisch sind. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister