25.02.2016 Drucksache 6/1808Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. März 2016 Blinddarmentfernungen in Thüringen Die Kleine Anfrage 787 vom 14. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Laut Versorgungs-Report 2015 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK gibt es in Deutschland erhebliche regionale Unterschiede bei der Zahl der Blinddarmentfernungen. Laut des Wissenschaftlichen Instituts der AOK wurden bei den unter 17-Jährigen in Thüringen 36,2 Blinddarmentnahmen pro 10.000 Einwohner vorgenommen , fast doppelt so viele wie in Berlin und Hamburg. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die im bundesweiten Vergleich hohe Zahl der Blinddarmentfernungen in Thüringen? 2. Welche Hintergründe haben die regionalen Unterschiede nach Einschätzung der Landesregierung? 3. Sind der Landesregierung noch andere statistische Auffälligkeiten bei Operationen in Thüringer Krankenhäusern bekannt und wenn ja, welche sind das? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung geht davon aus, dass die Maßnahmen jeweils aufgrund einer entsprechenden Indikation erfolgten. Eine Beurteilung ist ihr nicht möglich. Zu 2.: Auch hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Insofern wird auf die Ausführungen im Versorgungsreport 2015 selbst unter Ziffer 10.5.1 verwiesen. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Zippel (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1808 Zu 3.: Die Landesregierung hat hierzu keine eigenen Erkenntnisse; insoweit wird auf den Faktencheck Gesundheit 2015 der Bertelsmann Stiftung verwiesen Werner Ministerin Anlage*) *) Hinweis: Auf den Abdruck der Anlage wurde verzichtet. Ein Exemplar mit Anlage erhielten jeweils die Fraktionen und die Landtagsbibliothek . Des Weiteren können sie im Abgeordneteninformationssystem unter der oben genannten Drucksachennummer sowie im Internet unter der Adresse: www.parldok.thueringen.de eingesehen werden. SU 4u 4(20 Lb c kuto Versorgungstrends, regionale Variation und Qualität der Versorgung bei Appendektomien 231 :ionen für die gis 5-Jährigen ti-41t Ilektiv 0,3 %. Bei )is 17 Jahren mit e höchsten Sterbten über 17 Jahre gisch: 16,6%; laparokopisch: 11,8%) und steigt dann mit zunehmenden Alter wieder an. Im Durchschnitt liegt die Rate der komplizierten akuten Appendizitis bei 28,0% bei offen chirurgisch bzw. 12,9% bei laparoskopisch vorgenommenen Appendektomien . In Hinblick auf die Umstiege ist der Anteil an komplizierter Appendizitis mit 67,4 %-87,5 % für alle Altersgruppen hoch. Iskussion 10.5.1 Allgemeine Behandlungsrate Appenclektomie 10.5 opisch appendekktomie führenden ienten laparoskoxloch häufiger ein a Kinder im Alter ntlich häufiger an /0; bz-w. laparosko-, und Jugendlichen -ück (offen chirurppendektomierter n bis 7 18 Insgesamt 4 75,6 75,2 4 21,5 , 22,1 2 2,9 2,7 Ein erster wesentlicher Aspekt unserer Studie ist die allgemeine Behandlungsrate bei Appendizitis in Deutschland. Dabei ergeben sich für die Altersgruppen und auch für die Raumordnungsregionen deutliche Unterschiede. Insbesondere in den Altersgruppen 13 bis 17 und 18 bis 24 Jahre zeigen sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede. Die Behandlungsraten der Frauen und Mädchen ist mit 66,0 und 44,6/10 000 gegenüber den Männern und Jungen mit 35,0 und 25,3/10 000 deutlich erhöht. Mädchen und Frauen in diesem Lebensalter präsentieren sich übermäßig häufig mit Schmerzen im Unterbauch, die häufig eine gynäkologische Ursache ha-- ben, sich aber differentialdiagnostisch nicht einfach von einer Appendizitis unterscheiden lassen. Deshalb wird in dieser Altersgruppe bei Frauen und Mädchen relativ häufiger die Indikation zur explorativen Laparotomie oder Laparoskopie mit anschließender Gelegenheitsappendektomie gestellt. Zur allgemeinen Behandlungsrate liegen Daten aus vergleichbaren Industriestaaten vor. Lee et al. (2010) können für Südkorea eine Studie auf Grundlage einer nationalen Versicherung vorlegen, die 96 % der Bevölkerung einschließt. Interessanterweise zeigen diese koreanischen Daten eine höhere Inzidenz der Appendektomie bei Jungen in den Altersgruppen 5 bis 9 Jahre, 10 bis 14 Jahre und 15 bis 19 Jahre. In unseren Untersuchungen überwogen die Mädchen bei den 13- bis 17- bzw. 18- bis 24-Jährigen. Der Altersgipfel im Kindes- und Jugendalter war in den koreanischen und den AOK-Daten gleich. Die absolute Inzidenz von Appendektomien lag bei Lee et al. 14,28/10 000 beim männlichen Geschlecht und 12,81/10000 beim weiblichen Geschlecht. Wir fanden 13,5/10000 Männer und 15,8/10000 Frauen. Die gesamte Inzidenz ist vergleichbar, während offensichtlich Unterschiede bei den Geschlechtern vorliegen. Guliani et al. (2012) fanden in einer großen retrospektiven Studie in England (2001 bis 2012) eine deutlich geringere Rate an Appendektomien bei Kindern, mit der größten Anzahl von 15 Appendektomien/10 000 im Alter von 12 bis 17 Jahren. Unsere Untersuchung zeigte eine fast 3-fache Häufigkeit. Als Ursache dafür lässt sich nur über eine unterschiedliche Indikationsstellung spekulieren. Die unterschiedlichen Häufungen der Appendektomien in den Raumordnungsregionen sind nicht einfach zu erklären. Die niedrigsten Häufigkeiten finden sich tendenziell in großen Ballungsräumen und die größten Häufigkeiten am ehesten in ländlichen Gebieten. Es gibt aber keine Korrelation zur Anzahl der Krankenliausbetten in den betrachteten Regionen (Statistisches Bundesamt). Nicht überraschend stimmen die Regionen mit den höchsten Operationszahlen bei der Gesamtbevölke- . 2 723 4 805 36,0 28,0 . 58,6 66,6 5,3 5 21 223 29 295 14,6 12,9 69,7 71,4 1 15,7 15,7 857 1 006 W1d0 Anlage 232 Udo Rolle und Matthias Maneck lung weitgehend mit denen der höchsten Operationszahlen bei den Kindern und Jugendlichen überein. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung (2015) zu regionalen Unterschieden in der Gesundheitsversorgung kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die Autoren beschreiben eine große Heterogenität der Behandlungsraten bei Appendektomie zwischen den Raumordnungsregionen Deutschlands. Auf der Kreisebene werden Behandlungsra_ ten von 14 bis 114 Operatioten je 10000 Kinder und Jugendlichen im Alter 5 bis 19 Jahre im Zeitraum 2009 bis 2012 berichtet. Die beschriebene Verteilung zeigt vergleichbare Muster wie die in Abbildung 10-2 dargestellten Behandlungsraten. Insbesondere die Regionen mit hohen Behandlungsraten sind in beiden Untersuchungen ähnlich lokalisiert. Die Autoren halten Unterschiede in der Indikationsstellung für die zentrale Ursache der uneinheitlichen Behandlungsraten. Dies begründet sich aus der meist eher unspezifischeh Symptomatik der akuten Appendizitis, wodurch je nach Einschätzung eine eher abwartende oder eher eingreifende Haltung eingenommen werden kann. Neue Ansätze zur Vermeidung von unnötigen Operationen sind eine erweiterte bildgebende Diagnostik sowie antibiotische Therapie. Es ist jedoch noch ungeklärt, werche Vorgehensweise das Perforationsrisiko und die Behandlungsrate gleichzeitig minimiert. Um eine Verringerung der regionalen Unterschiede zu erreichen, müssen die Verfahrensweisen bei der Indikationsstellung verglichen und vereinheitlicht werden . Ob die in einigen Regionen beobachteten niedrigen OP-Häufigkeiten das medizinisch angemessene Versorgungsniveau darstellen oder ob diese mit einer gesteigerten Zahl an Blinddarmdurchbrüchen oder anderen Komplikationen einhergehen, bedarf weiterer Untersuchungen. Generell wäre für die Beurteilung der tatsächlich indizierten Appendektomien ein Abgleich mit den Histologien der entfernten Appendizes erforderlich. Angaben zur Histologie sind in den Routinedaten allerdings nicht erfasst. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist das Auftreten komplizierter Appendizitiden . Diese sind ebenfalls altersabhängig. Lee et al. (2011) fanden in einer unizentrischen Studie über zehn Jahre bei der Versorgung einer Appendizitis im Kindesalter eine deutlich höhere Rate an perforierten Appendizitiden mit 51 % bei Kindern unter 5 Jahren, 32 % im Alter 6 bis 9 Jahre und 27 % über 10 Jahre. Dieselbe Studie zeigte einen Anteil von 41 % laparoskopischen Appendektomien in der gesamten Kohorte. Unsere Untersuchung hatte einen mehr als 50 %igen (52,6%) Anteil laparoskopischer Appendektomien. Angaben zur perforierten Appedizitis im jungen Kindesalter variieren. In einer monozentrischen retrospektiven Studie wurden Anteile perforierter Appendizitiden von 86 % bei unter 1-jährigen Kindern, 74% bei 1 bis 1,9 Jahren, 60% bei 2 bis 2,9 Jahren, 64% bei 3 bis 3,9 Jahren und 49 % bei 4 bis 4,9 Jahren angegeben (Bansal et al. 2012). In unserer Untersuchung beträgt der Anteil der komplizierten akuten Appendizitis in den Gruppen < 1 Jahr 12,5 %, 1 bis 5. Jahre 46,9 %, 6 bis 11 Jahre 12,6%, 12 bis 17 Jahre 6,7% und> 17 Jahre 18,2% (Tabelle 10-2: K35.2, K35.31, K35.32). Der Anteil der komplizierten akuten Appendizitis beträgt im Gesamtkollektiv 15,9%. Wie in der Literatur beschrieben wird eine sehr hohe Rate an komplizierten akuten Appendizitiden bei jungen Kindern beobachtet . Diese geht mit steigendem Alter zurück. Einzig für die Altersgruppe der unter 1-Jährigen ist die von uns beobachtete Häufigkeit vergleichsweise gering. In die- KA 787 - Anlage.pdf Page 1 Page 2