29.02.2016 Drucksache 6/1819Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. März 2016 Gesetzesfolgenabschätzung als Voraussetzung einer Verwaltungs-, Gebiets- und Funktionalreform in Thüringen Die Kleine Anfrage 786 vom 13. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Gesetzesfolgenabschätzung erleichtert nicht nur das sprachlich klare und formell konsistente Abfassen von Gesetzen, sondern beinhaltet ebenfalls die Möglichkeit, etwa im Rahmen einer Aufgabenkritik, beispielsweise mit Blick auf die angestrengte Haushaltslage öffentlicher Kassen Einsparpotenziale zu aktivieren. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchen ministerienübergreifenden Verfahren und Methoden erfolgt die Gesetzesfolgenabschätzung in Thüringen? 2. Findet das Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften Anwendung, wenn ja, für welche der oben genannten Methoden? 3. Für den Fall, dass Frage 1 und/oder Frage 2 mit Nein beantwortet wird: Vertritt die Landesregierung eine einheitliche Herangehensweise nach DIN EN ISO 9001:2000 zu zertifizieren? 4. Nach welchen standardisierten Kriterien werden die Kosten eines Gesetzes ermittelt? 5. Werden neben den Bürokratiekosten auch die Erfüllungskosten eines Gesetzes ermittelt, wenn nein, warum nicht? 6. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass ein transparentes Verfahren zur Ermittlung der Gesetzesfolgenkosten und ihre dezidierte Aufschlüsselung für Bürger, Unternehmen und Verwaltung für ein besseres Verständnis und zur Stärkung der Akzeptanz einer Gebiets-, Verwaltungs- und Funktionalreform notwendig sind und wie begründet sie dies? 7. Ist die Landesregierung im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet, neben den Bürokratiekosten auch die Erfüllungskosten zu ermitteln, die etwa der kommunalen Verwaltung bei der Umsetzung und Anwendung eines Gesetzes entstehen (bitte für die Normadressaten Bürger, Wirtschaft und Verwaltung beantworten)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1819 8. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Einsetzung eines Landesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit unter anderem bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen stärken könnte? 9. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine effiziente Gesetzesfolgenabschätzung in Thüringen eine Ergänzung der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen nach Vorbild des § 44 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien voraussetzt? Wenn nein, warum nicht? 10. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass vor dem Hintergrund der Vorgaben der Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 und der angekündigten Funktionalreform ein unabhängiger Normenkontrollrat ein geeignetes Institut sei, um Bürokratieabbau, Kostentransparenz und bessere Rechtsetzung zu unterstützen ? Wenn nein, warum nicht? Der Thüringer Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 27. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Ministerien wählen ihr Instrumentarium im Rahmen fachlicher Erfordernisse nach eigenem Ermessen aus. Grundsätzlich richtet sich die Methodik der Gesetzesfolgenabschätzung nach den Zeitphasen der Gesetzgebung . Bei der prospektiven Folgenabschätzung werden im Vorfeld der Gesetzgebung Regelungsalternativen erwogen und die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer rechtsförmlichen Regelung geprüft. Bei der Verwaltungs-, Gebiets- und Funktionalreform haben diese Überlegungen unter Einbeziehung der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung Thüringens und anderer Bundesländer zum gewählten Ablauf, einer Bürgerbeteiligung durch die Regionalkonferenzen im Vorfeld, der öffentlichen Vorstellung eines vom Kabinett beschlossenen Leitbilds und auf dieser Grundlage zur beabsichtigten Schaffung eines Vorschaltgesetzes zur Reform geführt. Bei der laufenden Diskussion zum Vorschaltgesetz erfolgt nun eine begleitende Gesetzesfolgenabschätzung , in der u.a. Praktikabilität und Kostenfolgen von Regelungsvarianten verglichen werden. Dabei spielen sowohl ein hoher Wirkungsgrad der Reform im Hinblick auf die prognostizierte demografische Entwicklung als auch die Akzeptanz auf kommunaler Ebene und bei den von der Reform betroffenen Bürgern eine wesentliche Rolle. In einer späteren, dritten Phase kann dann retrospektiv die durchgeführte Reform auf ihre Folgen hin betrachtet und der Zielerreichungsgrad einschließlich der beabsichtigten oder auch unbeabsichtigten Nebenfolgen der Reform analysiert werden. Unabhängig von der Methodik zu den drei Zeitphasen der Gesetzgebung wird im Einzelfall, insbesondere bei wirtschaftsrelevanten Gesetzen, auch das sog. Standard-Kosten-Modell (SKM) zur pauschalierten Schätzung der Bürokratielasten von Gesetzen angewandt. Anders als in der Bundesverwaltung, die die prospektive Bürokratiekostenschätzung für Ihre Gesetzentwürfe verbindlich vorgeschrieben hat, liegt in Thüringen auch diese Methodik im Ermessen des Fachressorts. Dabei ist inhaltlich zu berücksichtigen, dass es sich beim SKM trotz landläufiger Benennung weder um ein Modell handelt, noch es Standards für Kosten setzt. Die in den Niederlanden der 90er Jahre entwickelte Pauschalierung ist vielmehr eine einfache Kalkulationsmethode mit einem schmalen Betrachtungsfenster ausschließlich zu bestimmten Belastungen einer Norm durch Informationserhebung (Zeit x Personalkosten x Anzahl Unternehmen), die die Komplexwirkungen einer Regelung ebenso wenig messen kann, wie den Nutzen. Zu 2.: Das Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften ist eine Veröffentlichung des Bundesministeriums des Innern (BMI), das die Vorschriften der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundes für die Normgebung auf Bundesebene darstellt und für die Länder nicht verbindlich ist. Die Methodik der Normvorbereitung in den Thüringer Ministerien richtet sich dementsprechend nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Thüringer Landesregierung (ThürGGO) und verschiedenen Arbeitshilfen zur Rechtsförmlichkeit , wie insbesondere dem Handbuch zur Rechtsförmlichkeit, der Richtlinie zur Gesetzesfolgenabschätzung aus dem Jahr 2002, der Arbeitsanleitung zur Ermittlung der Kostenfolgen von Rechtsvorschriften aus dem Jahr 2003 und auch dem benannten Handbuch des BMI. Den verschiedenen Geschäftsordnungen und Arbeitshilfen von Bund und Ländern inhaltlich zugrunde liegen allerdings vergleichbare theoretische Ansätze, u.a. aus der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, die namentlich von Prof. Böhret und Prof. Konzendorf in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelt wurden und die Eingang sowohl in 3 Drucksache 6/1819Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode die Vorschriften der Bundesverwaltung als auch in die Praxis der meisten Landesverwaltungen gefunden haben, vgl. § 44 GGO Bund und §§ 23, 26 ThürGGO. Dazu gehört auch eine Abschätzung der Gesetzes-, insbesondere der Kostenfolgen einer Regelung, im Ermessen des Fachressorts. Diese Ansätze erfassen grundsätzlich alle drei Phasen der Gesetzesfolgenabschätzung , mit einem Schwerpunkt bei der prospektiven und begleitenden Bewertung. Zu 3.: Die DIN EN ISO 9001: 2000 wurde zwischenzeitlich mehrfach überarbeitet und in den Standard 2005 des Internationalen Instituts für Normung, danach in die Fassung 2015 überführt, die derzeit aktuell ist. Dabei handelt es sich um Vorgaben zur Qualitätssicherung im Wirtschafts- und Industriebereich, die nur in geringem Umfang auf den öffentlichen Bereich übertragbar sind. So könnte man den abstrakten Kern des sog. PDCA-Zykluses (Plan: Konzeption; Do: Durchführung; Control : Analyse und Act: Verbesserung) wohl auch auf Tätigkeiten der Verwaltung im Gesetzesvollzug übertragen . Die eigentliche Analyse über weitere Qualitätsaspekte, wie Marktstrategische Bedeutung des Unternehmens , Zukunftssicherung der Produkte und Kundenzufriedenheit aufgrund Alleinstellungsmerkmalen der Produkte implizieren jedoch die Nachfrageorientierung aus dem Wirtschaftsbereich, die der Ordnungsund Steuerungsfunktion der Öffentlichen Hand nicht entspricht und die daher im Rahmen einer Qualitätssicherung nicht übertragbar wären. Grundsätzlich verhindern die unterschiedlichen Wirkkomponenten von Rahmen-, Ordnungs- und Leistungsgesetzen der Verwaltung in einer großen Zahl von Themenfeldern und in den Komplexbeziehungen von EU-, Bundes-, Landes- und Kommunalrecht bereits dem Grunde nach eine einheitliche Qualitätssicherungsstrategie bei Normentwürfen. Vielmehr ist verschiedenen Wirkkomponenten im Einzelfall aufgrund der jeweils fachlich vorrangigen Aspekte bei der konkreten Normgebung Vorrang zu geben. Eine (befristete) Zertifizierung von Vorgehensweisen zur Qualitätssicherung ist daher im öffentlichen Bereich , anders als in der Wirtschaft, inhaltlich nicht zielführend und zudem (periodisch) kostenintensiv, ohne dass ein weiterer Nutzen, wie z.B. ein Wettbewerbs- oder Marketingvorteil, erkennbar wäre. Zu 4.: Bei jedem Regelungsvorhaben wird eine Kostenbetrachtung vorgenommen. Darlegungen zu den Kosten erfolgen beispielsweise im Vorblatt des Gesetzentwurfs gemäß § 23 ThürGGO und in Abschnitt 6 der Prüffragen für Thüringer Rechtsvorschriften. Neben den materiellen Kosten der Regelungen, z.B. im Leistungsbereich, entstehen regelmäßig Kosten für den Entwurf einer Rechtsvorschrift (z.B. Gutachten, Einladung zu Anhörungen), Kosten für den Vollzug (Personalaufwandsschätzungen, Sachkosten, gegebenenfalls Öffentlichkeitsarbeit), weiterhin Kosten für die Betroffenen (Behördengänge, Anzeige- und Meldepflichten, gegebenenfalls Gerichts- und Anwaltskosten ) und schließlich Kosten für eine retrospektive Evaluation (Wirkprüfung, gegebenenfalls Anpassungen der Vorschrift). Methodisch werden eine Reihe, im Einzelfall geeigneter Verfahren aus folgenden Beispielen herangezogen: Nutzwertanalysen, Delphi-Befragungen (mehrstufige Beteiligung von Experten und Betroffenen), Effektivitäts -Kosten-Abschätzungen, Planspiele/Praxistests und ex post Wirkungs- bzw. Nachhaltigkeitsevaluationen . Das Standard-Kosten-Modell setzt im Gegensatz zu seinem Namen keine Standards, sondern dient zur Abschätzung von Informationskosten ("Bürokratiekosten") und findet in Einzelfällen bei wirtschaftsnahen Gesetzen Anwendung, vgl. dazu unten 5. Eine Standardisierung für alle Regelungsvorhaben ist nicht opportun, die Kriterienauswahl liegt sachgerecht im Ermessen des die Regelung vorbereitenden Fachressorts. Zu 5.: Zur Ermittlung der Bürokratiekosten wird vorab auf die Antwort des Thüringer Justizministeriums auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, Fragen 1 und 2 (Drucksache 5/5657 zu 5/4947), verwiesen. Der Bund definiert in § 2 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrats (vom 18. August 2006, BGBl. I S. 1866, in der Fassung vom 16. März 2011, BGBl. I S. 420) Bürokratiekosten als solche, die natürlichen oder juristischen Personen durch Informationspflichten entstehen. Es wird versucht, diese pauschaliert über das sog. Standard-Kosten-Modell zu ermitteln, bei dem die Informationsund Meldepflichten in mehrere abstrakte Verfahrensschritte mit normiertem Zeitaufwand, Personen- und Kostenfaktoren zerlegt werden. Eine Nutzenbetrachtung findet dabei nicht statt. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1819 Die Erfüllungskosten hingegen umfassen nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes idealtypisch den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten des Normvollzugs für Bürger, Unternehmen und Verwaltung. Die sog. Bürokratiekosten, d.h. die Normkosten aufgrund von Informationspflichten, sind also ein Teil davon . Neben diesen fallen Erfüllungskosten aber z.B. auch an durch eine Änderung von Zuständigkeiten der Verwaltung oder eine Verlegung von Dienststellen. In geeigneten Fällen werden Erfüllungskosten bei der Normkonzeption berücksichtigt, nicht jedoch pauschal in allen Fällen. Denn die Wirkkomponente von Regelungen enthält oftmals ordinale oder sogar nominale Vorgaben, die sich einem Vergleich mit kardinalen (Zahlen-) Werten entziehen und damit auch einem Kostenvergleich . Daher ist der Einsatz von Standard-Kosten-Modellen oder der Schätzung eines Erfüllungsaufwands normabhängig, im Einzelfall durchaus sinnvoll, jedoch nicht umgekehrt das Konzept jeder Regelung generell von (pauschalierten) Kostenschätzungen abhängig zu machen. Gesetzentwürfe haben gemäß § 23 Abs. 3 ThürGGO den Grundsätzen der Deregulierung, der Verfahrensbeschleunigung , der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit zu genügen. Bürokratie- und Erfüllungskosten werden in der Verwaltungspraxis dementsprechend nicht in jedem Einzelfall konkret quantifiziert, jedoch deren Entwicklung bei der Kostenbetrachtung im Blick behalten. Zu 6.: Nein, die Folgen einer Gebiets-, Verwaltungs- und Funktionalreform sind vielfältig und berühren Bürger, Unternehmen und die Landes- und Kommunalverwaltungen weit mehr als nur in Kostenfolgen. Den rein sachlichen Veränderungen folgen in der Regel personelle Umsetzungen und eine Neustrukturierung von Aufgaben in den betroffenen Verwaltungsbereichen. Bürger und Unternehmen müssen sich mit diesen veränderten Strukturen vertraut machen und gegebenenfalls anpassen. Eine monetäre Kostenbetrachtung verengt das Blickfeld ohne Not und lässt veränderte Wirkzusammenhänge, z.B. in der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen, außer Acht. Zwar schafft eine Kostenbetrachtung immer durch eine Normierung der Maßstäbe auf Währungseinheiten in sich eine gewisse Transparenz, worauf z.B. Unternehmensvergleiche beruhen . Bei einer umfassenden Reform der öffentlichen Hand bleiben dabei jedoch zu viele ordinale Aspekte unberücksichtigt. Eine umfassende Aufschlüsselung der Gesetzesfolgekosten würde außerdem einen erheblichen Verwaltungsaufwand auf Landes- und kommunaler Ebene zur Datenerhebung erfordern, dem kein ausreichender Nutzen gegenüber stünde. Zu 7.: Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit aus § 7 ThürLHO ist ein Haushaltsgrundsatz, der vorrangig bei der Haushaltsaufstellung und Haushaltsdurchführung Bedeutung erlangt. § 7 Abs. 2 bis 5 ThürL- HO verpflichten Haushaltsgesetzgeber und Verwaltung weiterhin, bei jeder Aufgabe zu prüfen, ob eine Übertragung auf Private wirtschaftlicher sein könnte. In geeigneten Fällen soll dazu eine Kosten- und Leistungsrechnung und eine Zielerreichungskontrolle durchgeführt werden. Die entsprechende Methoden- und Zielauswahl liegt im Ermessen der Verwaltung, für den Thüringer Kommunalbereich wird in diesem Zusammenhang auf die seit 2009 geltenden Optionsregelungen zur Doppik verwiesen. Eine Verpflichtung der Landesregierung, aufgrund § 7 ThürLHO Erfüllungskosten von Normen zu ermitteln, besteht demnach bereits dem Grunde nach nicht. Dies gilt für alle drei angesprochenen Normadressaten, Bürger, Wirtschaft und Verwaltung, in gleicher Weise. Eine Ausnahme besteht in Thüringen lediglich beim Kommunalen Finanzausgleich, d.h. in einem speziellen Verwaltungsbereich. Dort ist das Land bei der Übertragung von Aufgaben in den übertragenen Wirkungskreis der Kommunen gemäß § 23 ThürFAG verpflichtet, unter anderem die den Kommunen entstehenden angemessenen Vollzugs- bzw. Erfüllungskosten jeder Regelung zu schätzen und für einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Zu 8.: Nein, die Einhaltung der Grundsätze aus § 7 ThürLHO wird von den Haushaltsbeauftragten der Ressorts und der nachgeordneten Dienststellen kontrolliert und letztlich vom Thüringer Finanzministerium im Rahmen der Ressortbeteiligung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 ThürGGO bzw. dem Thüringer Rechnungshof gemäß § 90 Nr. 3 ThürLHO auch bereits in der Entwurfsphase der Normen überprüft. Eine Einrichtung weiterer Beauftragter oder Gremien mit dieser Aufgabe ist nicht erforderlich. Zu 9.: § 44 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ist weitestgehend mit § 23 ThürGGO vergleichbar . § 23 ThürGGO verweist darüber hinaus auf den Prüffragenkatalog des für Justiz und Verbraucherschutz zuständigen Ministeriums, der inhaltliche Vertiefungen und Schwerpunkte für die Normprüfung vorgibt. 5 Drucksache 6/1819Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Im Wesentlichen unterscheidet sich § 44 GGO des Bundes von der Thüringer Regelung nur durch § 44 Abs. 4, der auf § 2 des Gesetzes zur Einsetzung des Nationalen Normenkontrollrats verweist und in diesem Zusammenhang von den Bundesbehörden bei jeder Regelung eine Schätzung des Erfüllungsaufwands verlangt. Aus Sicht der Landesregierung wird dazu auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Gegenwärtig wird in der Landesverwaltung geprüft, ob durch eine Ergänzung der ThürGGO eine effizientere Normprüfung erreicht werden kann. Die Errichtung eines "Thüringer Normenkontrollrats" ist zumindest derzeit nicht beabsichtigt. Zu 10.: Nein, um zu gegebener Zeit der sog. Schuldenbremse 2020 Rechnung zu tragen, stehen eine Reihe bewährter haushaltstechnischer Instrumente zur Verfügung. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Instrumente zur Erhöhung der Einnahmen bzw. Verringerung der Ausgaben des Landeshaushalts. Eine konkrete Auswahl ist derzeit noch nicht geboten. Die Einsetzung eines unabhängigen Normenkontrollrats auch auf Landesebene führt dagegen erst einmal zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, wie sich auf Bundesebene gezeigt hat. Die Schaffung zusätzlicher Gremien oder auch Beauftragter, wie bereits in Frage 8 angesprochen, erscheint vor dem Hintergrund der erstrebten Verwaltungsvereinfachung geradezu gegenläufig paradox. Ob in einem späteren Entwicklungsstadium Kostenreduzierungen zu erzielen sind, ist offen. Bei der Gesetzgebung sollte stattdessen die qualitative Normprüfung des Fachressorts im Vordergrund stehen , wie es bislang in Thüringen der Fall ist. Eine pauschaliert quantitative Bewertung von Normen setzt falsche Maßstäbe und führt leicht zu Fehlentwicklungen. Auf die "One in – one out"- Regel des Normenkontrollrats auf Bundesebene wird beispielhaft verwiesen, die von den Bundesministerien den Wegfall mindestens einer Norm bei Erlass einer neuen fordert. Die Idee einer quantitativen Betrachtung ist zwar populär verständlich, steht jedoch regelmäßig in deutlichem Widerspruch zu den Regelungsinhalten und ist vor dem Hintergrund von EU- bzw. für das Land auch noch von Bundesvorgaben oftmals unerfüllbar. Der Nutzen eines, vor allem formalen Aspekten von Regelungen verpflichteten , zusätzlichen Prüfgremiums ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Prof. Dr. Hoff Minister