11.03.2016 Drucksache 6/1889Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 29. März 2016 Baulastträgeransprüche der Religionsgemeinschaften Die Kleine Anfrage 755 vom 17. Dezember 2015 hat folgenden Wortlaut: Am 1. Oktober 2015 verwarf das Verwaltungsgericht Weimar die Klage der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gegen die Gemeinde Hochheim (Landkreis Gotha) hinsichtlich vertraglicher Baulastansprüche von Kirchengemeinden gegen Kommunen in den neuen Ländern. Die Verpflichtungen seien mit der deutschen Einheit "untergegangen". Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland vertrat in einer Pressemitteilung vom selben Tag durch einen Sprecher die Auffassung, dass Rechtspflichten auf den Freistaat oder den Bund übergegangen sein könnten. Die Baulastverpflichtungen ergaben sich aus den Regelungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, der den Kirchen im Gegenzug der Auflösung und Mediatisierung der geistlichen Territorien den Ländern Unterhaltspflichten auferlegt hat. Artikel 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung bestätigte diese Ansprüche, Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland erneuerte diese nochmals. In der Vergangenheit haben mehrere Verwaltungsgerichte, darunter auch das Bundesverwaltungsgericht, einen Anspruch der Kirchen auf die Baulastträgerschaft der Kommunen in den neuen Ländern verneint. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auffassung hat die Landesregierung hinsichtlich des weiteren Bestands der Baulastverpflichtungen gegenüber den Religionsgemeinschaften? Wie begründet sie diese? 2. Wer hat diese Baulastverpflichtungen nach Auffassung der Landesregierung zu erfüllen? Wie begründet sie diese Auffassung? 3. Wie bewertet die Landesregierung eine in Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung in Aussicht gestellte abschließende Ablösung der Staatsleistungen durch Gesetz? 4. Wie bewertet die Landesregierung mögliche Alternativmodelle zur Ablösung von Kirchbaulasten gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung? 5. Welche Kosten erwartet die Landesregierung, die im Zuge der Baulastträgeransprüche auf den Freistaat und seine Kommunen zukommen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mühlbauer (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1889 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. März 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Staatliche Baulastverpflichtungen bestehen nach Maßgabe der mit den Kirchen geschlossenen Staatsverträge aufgrund von Landesgesetzen fort (Artikel 13 Abs.1 Satz 1 des Vertrags des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen vom 15. März 1994 - GVBl. S. 509 ff.; Artikel 23 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen vom 11. Juni 1997 - GVBl. S. 266 ff.). Kommunale Baulastverpflichtungen sind nach Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11. Dezember 2008, Az. 7 C 1/08) im Zeitpunkt der Wiedervereinigung erloschen. Überdies wurde in den Staatsverträgen mit den Kirchen ausdrücklich vereinbart, dass die Kirchen den Freistaat Thüringen von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden beziehungsweise Pfarreien, insbesondere aus Baulastpflichten, freistellen (Artikel 13 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen; Artikel 23 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen). Im Übrigen wird verwiesen auf die Antwort der damaligen Landesregierung zu der Frage 4 der Kleinen Anfrage 3151 des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) vom 13. Juni 2013 (Drucksache 5/6429) sowie die Stellungnahme der damaligen Landesregierung in der Aktuellen Stunde auf Antrag der CDU-Fraktion (Drucksache 5/3929) zum Thema "Staatsleistungen an die Kirchen in Thüringen: Kein Anlass für eine Neubewertung" am 25. Januar 2012 (Plenarprotokoll 5/75, S. 705 f.). Zu 2.: Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3.: Die Grundsätze für die verfassungsrechtlich bestimmte gesetzliche Ablösung der Staatsleistungen sind durch den Bund aufzustellen, Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Abs. 1 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung. Hierfür hat die Bundesregierung bislang keinen Handlungsbedarf gesehen , vergleiche die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Ole Schröder vom 16. Dezember 2009 (Drucksache 17/11, Anlage 74) auf die Frage des Abgeordneten Raju Sharma - DIE LINKE - (Drucksache 17/191, Frage 99). Zu 4.: Hierzu wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. Zu 5.: Die Kosten für staatliche Baulasten sind im Landeshaushaltsplan 2016/2017 Kapitel 0204 Titel 68451 und Titel 68452 gemeinsam mit den anstelle aller anderen auf älteren Rechtstiteln beruhenden Zahlungen als pauschale jährliche Staatsleistungen im Sinne der Verträge aufgeführt (Artikel 13 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen; Artikel 23 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen). Sie belaufen sich für das Jahre 2016 auf insgesamt 24.113.000 Euro und für das Jahr 2017 auf insgesamt 24.590.000 Euro und unterliegen einer gleichfalls vertraglich vereinbarten Anpassungsmechanik. Die Ausgangswerte im Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsschlüsse finden sich in Artikel 13 Abs. 2 des Vertrags des Freistaats Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen und in Artikel 23 Abs. 2 des Vertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen. Zu den kommunalen Baulasten wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister