22.03.2016 Drucksache 6/1936Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. April 2016 Erstattung von Säumniszuschlägen bei Aufhebung von Abgabebescheiden und vorheriger Anordnung der aufschiebenden Wirkung Die Kleine Anfrage 848 vom 1. Februar 2016 hat folgenden Wortlaut: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Az.: 9 C 1/15) hat mit Urteil vom 20. Januar 2016 entschieden, dass Säumniszuschläge und Nebenkosten (Mahnkosten, Pfändungsgebühren, Auslagen) für einen Abgabenbescheid rückwirkend entfallen, wenn das Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz gegen den Abgabenbescheid gewährt. Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens hatten gegen Straßenausbaubeitragsbescheide der beklagten Stadt Erfurt Widerspruch eingelegt. Nachdem die Beklagte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, zahlten die Kläger den geforderten Ausbaubeitrag in Höhe von 4.472,65 Euro ebenso wie die inzwischen angefallenen Säumniszuschläge und Nebenkosten in Höhe von zusammen etwa 700 Euro. Danach ordnete das Verwaltungsgericht Weimar die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Kläger gegen die Beitragsbescheide an. Die Beitragsbescheide wurden später im Widerspruchsverfahren endgültig aufgehoben. Die beklagte Stadt erstattete den Klägern zwar die Beitragsforderung zurück, nicht aber die Säumniszuschläge und Nebenkosten. Die darauf gerichtete Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht wies die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurück und bestätigte damit die stattgebenden Urteile. Die Beklagte ist zur Erstattung der Säumniszuschläge verpflichtet. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auswirkungen hat das Urteil nach Auffassung der Landesregierung auf die kommunale Verwaltungspraxis in Thüringen und wie wird diese Auffassung begründet? 2. In wie vielen Fällen haben nach dem Kenntnisstand der Landesregierung Gemeinden und kommunale Aufgabenträger der Wasserver- und Abwasserentsorgung seit dem Jahr 2009 Säumniszuschläge für Abgabenbescheide erhoben, bei denen die Verwaltungsgerichte die aufschiebende Wirkung angeordnet hatten (bitte Einzelaufstellung nach Gemeinden und Aufgabenträgern)? 3. Inwieweit haben Abgabepflichtige, die Säumniszuschläge für Abgabenbescheide gezahlt haben, obwohl die aufschiebende Wirkung angeordnet war, einen Erstattungsanspruch in Anwendung des zitierten Urteils ? Wie ist dieser Erstattungsanspruch geltend zu machen? Welche Gründe sprechen dagegen, diese Ansprüche von Amts wegen zu befriedigen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/1936 4. Welche gesetzlichen Neuregelungen ergeben sich möglicherweise aus dem Urteil und wie wird dies begründet ? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. März 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das vom Abgeordneten angesprochene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2016, Aktenzeichen 9 C 1.15, liegt der Landesregierung noch nicht in schriftlicher Form vor. Aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 2/2016 vom 20. Januar 2016 lässt sich als wesentliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, "… dass Säumniszuschläge und Nebenkosten (Mahnkosten, Pfändungsgebühren, Auslagen) für einen Abgabenbescheid rückwirkend entfallen, wenn das Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz gegen den Abgabenbescheid gewährt." Dabei stützt das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung auf Folgendes: Rechtsbehelfe gegen öffentliche Abgabenbescheide haben nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Verwaltungsgerichtsordnung keine aufschiebende Wirkung, das heißt, Abgabenbescheide sind grundsätzlich sofort vollziehbar. Bei nicht fristgerechter Zahlung der Abgabe fallen gemäß § 240 Absatz 1 Abgabenordnung kraft Gesetzes Säumniszuschläge an. Wird die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Abgabenbescheid durch ein Verwaltungsgericht nach Maßgabe von § 80 Absatz 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung in einem Eilantragsverfahren des Betroffenen uneingeschränkt angeordnet, entfällt rückwirkend die Vollziehbarkeit des Abgabenbescheides. Damit entfallen auch die Säumniszuschläge. Zu 1.: Die Gemeinden, Landkreise und kommunalen Aufgabenträger sind bei der Wahrnehmung der ihnen obliegenden bzw. übertragenen Aufgaben an Gesetz und Recht gebunden. Sie haben die Rechtsauffassung aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen. Zu 2.: Den zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden liegen hierzu keine Informationen vor. Zu 3.: Für eine abschließende Beantwortung der Frage bleibt die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts abzuwarten. Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. Dr. Poppenhäger Minister Erstattung von Säumniszuschlägen bei Aufhebung von Abgabebescheiden und vor-heriger Anordnung der aufschiebenden Wirkung Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: