03.02.2015 Drucksache 6/197Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. Februar 2015 Abfallverbringung nach Thüringen - Teil 2 Die Kleine Anfrage 73 vom 15. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Die Abfallentsorgung und -verwertung ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Nicht jeder Abfall wird vor Ort entsorgt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren jeweils die Auslastung der in Thüringen bestehenden Verbrennungs- und Verwertungsanlagen? 2. Wie hoch wäre die o. g. Auslastung jeweils ohne die Verbringung von Abfall gewesen? 3. Inwieweit decken die jeweils ausgewiesenen Einzugsgebiete den Bedarf ab? 4. In welchen Größenordnungen und warum gibt es Abweichungen bezüglich des Abfallaufkommens in den jeweils ausgewiesenen Einzugsgebieten im Vergleich zu den ursprünglich geplanten Größenordnungen? 5. Gibt es einen Zusammenhang bzw. einen ursächlichen Grund für die einerseits gestiegene Abfallverbringung nach Thüringen und die andererseits zurückgehenden Mengen, die auf Deponien landen? 6. Inwieweit finden bzw. fanden die demografische Entwicklung und das Sinken des Abfallaufkommens Eingang in die Planungen zur Abfallbeseitigung? 7. Wie wird der nach Thüringen verbrachte Abfall kontrolliert? 8. Inwieweit wurden in den vergangenen fünf Jahren Lieferungen beanstandet? 9. Welche Kontrollmöglichkeiten hat die Landesregierung? 10. Welche Maßnahmen wurden bisher ergriffen, um illegale Abfallverbringungen zu vermeiden? 11. Welche Möglichkeiten hat die Landesregierung, illegale Abfallverbringung zu verhindern? 12. Inwieweit sieht die Landesregierung Handlungsbedarf hinsichtlich der Bekämpfung des Anstiegs der Abfallverbringungen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Mühlbauer (SPD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/197 13. Welche gesetzlichen Möglichkeiten stehen für die Bekämpfung des Anstiegs der Abfallverbringung zur Verfügung? 14. Wie hoch ist der Abfallverbringungsanteil nach Kenntnis der Landesregierung in den anderen Bundesländern ? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 2. Februar 2015 wie folgt beantwortet: Auf die Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 72 - Abfallverbringung nach Thüringen - Teil 1 - wird verwiesen. Es wird aufgrund der Fragestellungen in Teil 1 davon ausgegangen, dass im Folgenden mit Abfallverbringung die grenzüberschreitende Entsorgung von Abfällen gemeint ist. Im Unterschied dazu geht es in den Fragen 1, 3, 4 und 6 um die Entsorgung von Abfällen innerhalb Deutschlands bzw. in Thüringen. Zu 1.: Angaben zur Auslastung aller Entsorgungseinrichtungen in Thüringen liegen der Landesregierung nicht vor. Die drei von Thüringer Kommunen betriebenen thermischen Abfallbehandlungsanlagen (RABA Zella-Mehlis , RABA Erfurt-Ost, TVS Rudolstadt-Schwarza) haben dazu auf Anfrage folgende Angaben gemacht: Jahr/Anlage Zella-Mehlis in Tonnen Erfurt-Ost in Tonnen Rudolstadt-Schwarza in Tonnen 2010 147.845 88.369 74.826,48 2011 153.126 92.991 78.907,64 2012 151.044 89.445 79.486,81 2013 156.796 89.849 80.090,20 2014 ca. 152.000 92.232 77.435,21 Nach Angaben der Betreiber waren die Anlagen in Zella-Mehlis, Erfurt und Rudolstadt-Schwarza jeweils voll ausgelastet. Zu 2.: In die drei von Thüringer Kommunen betriebenen thermischen Abfallbehandlungsanlagen wurden keine Abfälle aus dem Ausland verbracht. Siehe auch Antwort zu Frage 3. Zu 3.: Für Abfallentsorgungsanlagen in Thüringen gibt es keine verbindlich ausgewiesenen Einzugsgebiete. Für die thermische Abfallbehandlungsanlage TVS in Rudolstadt-Schwarza gilt aufgrund der Förderung durch das damalige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie laut Förderbescheid vom 17. September 2002 die Einschränkung, dass "die Anlage vorrangig für die am Standort angesiedelten Unternehmen zu nutzen" ist. In der Anlage werden heizwertreiche Gewerbeabfälle vom Standort sowie heizwertreiche Abfälle des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Saale-Orla (ZASO) verwertet. Nach Fertigstellung der Anlagen haben sich bei einem Abfallerzeuger durch technologische Umstellungen die prognostizierten Abfallmengen stark reduziert. Deshalb akquiriert die TVS ihren Angaben zufolge Abfälle zur Verwertung. Diese Abfälle in einer Größenordnung von 10 bis 20 Prozent der Gesamtmenge kamen aus Hessen sowie Thüringen. In der RABA Erfurt-Ost werden derzeit Siedlungsabfälle aus den Städten Erfurt und Weimar sowie dem Landkreis Weimarer Land behandelt. Die anfallenden Abfallmengen lasten die vorhandene Kapazität aus. In der RABA Zella-Mehlis werden momentan die überlassungspflichtigen Siedlungsabfälle aus dem Bereich des Zweckverbandes für Abfallwirtschaft Südwestthüringen (Stadt Suhl, Landkreis Sonneberg, Landkreis Hildburghausen, Landkreis Schmalkalden-Meiningen, Abfallwirtschaftszweckverband WartburgkreisStadt Eisenach) und gewerbliche Abfälle zur Beseitigung/Verwertung behandelt. Die gewerblichen Abfälle zur Verwertung stammen zum Teil aus anderen Bundesländern. Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 3 Drucksache 6/197Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Nein, die Menge an notifizierungspflichtigen Abfällen, die nach Thüringen verbracht wurde, hat von 2010 bis 2013 abgenommen. Grund für die Verbringung von Abfällen nach Thüringen sind die wirtschaftlichen Entscheidungen der ausländischen Abfallbesitzer und der Thüringer Anlagenbetreiber. Die nach 2005 stark zurückgegangenen Mengen an deponierten Abfällen infolge des Verbots der Ablagerung von vorbehandeltem Hausmüll (entsprechend der Umsetzung der Ablagerungsverordnung) sind in den Folgejahren wieder leicht angestiegen und unterliegen je nach Abfallanfall bestimmten Schwankungen. Zu 6.: Die demografische Entwicklung hat insbesondere Einfluss auf das Abfallaufkommen aus privaten Haushaltungen , das rückläufig ist. Das Abfallaufkommen aus Gewerbe und Industrie hängt vorrangig von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) haben ihre Entscheidungen zur Restabfallbehandlung im Wesentlichen in den Jahren 2001 bis 2003 getroffen. Das damalige Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) hatte die örE bereits im Jahr 2000 durch die Aufstellung und Veröffentlichung des Landesabfallwirtschaftsplans Thüringen Teilplan: Siedlungsabfälle (LAWP TP SiA, ThürStAnz Nr. 50/2000, S. 2614) über die Auswirkungen der schon damals abzusehenden demografischen Entwicklung (Ergebnisse der 9. Koordinierten Bevölkerungsvorausrechnung) informiert und dazu aufgefordert, diese Entwicklung bei ihren abfallwirtschaftlichen Planungen unter Kapazitäts-, Technik- und Kostenaspekten zu berücksichtigen. Insbesondere wurde den örE auf Grundlage der damaligen Bevölkerungsprognosen ein demografischer Korrekturfaktor für ihre Kapazitätsplanung ausdrücklich empfohlen. In diesem Zusammenhang wird außerdem auf die Ausführungen im Demografiebericht Thüringen von 2006, Kapitel 3.8.1.1 (letzter Absatz), hingewiesen (http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmbv/landesplanung/demographiebericht _2006.pdf). Im Landesabfallwirtschaftsplan 2011 (ThürStAnz Nr. 28/2012, S. 859) erfolgte in Kapitel 2.2 unter der Überschrift "Ziele für die kommunale Restabfallbehandlung" in den Nummern 2 bis 5 die Fortschreibung dieser Empfehlungen. Die Landesregierung geht davon aus, dass die örE diese bei ihrer Planung berücksichtigen. Zu 7.: Kontrollmöglichkeiten bestehen für notifizierungspflichtige Abfälle durch die im Notifizierungsverfahren geregelten Pflichten und Prüfungen vorab und während der Verbringung. Für die Verbringung nicht notifizierungspflichtiger Abfälle hat der Gesetzgeber die Beteiligung der betroffenen Behörden nicht vorgesehen, beim Transport ist ein Begleitpapier mitzuführen. Für alle Abfälle gibt es die Möglichkeit der Abfalltransportkontrollen und der Überwachung der Abfallerzeuger und Abfallentsorger. Zuständige Behörde für den Vollzug des Abfallverbringungsrechts in Thüringen und damit für die Kontrolle der Abfallverbringungen ist das Thüringer Landesverwaltungsamt. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und der Zoll wirken im Rahmen ihrer bestehenden Aufgaben bei der Überwachung und Kontrolle mit. Das Thüringer Landesverwaltungsamt nutzt die Kontrollmöglichkeiten, die das Abfallverbringungsrecht mit den Regelungen zum Notifizierungsverfahren im Vorfeld und während einer Verbringung bietet. Notifizierte Verbringungen sind bekannt, die Daten werden bundesweit ausgetauscht und gezielt zur Überwachung genutzt. Das Thüringer Landesverwaltungsamt arbeitet bezüglich der Abfalltransportkontrollen eng mit dem BAG und dem Zoll zusammen. Auffälligkeiten aus der Kontrolltätigkeit werden durch das BAG und den Zoll an die zuständigen Länderbehörden zur weiteren Bearbeitung und Prüfung übermittelt. Das Thüringer Landesverwaltungsamt gibt dem BAG und dem Zoll Informationen über angezeigte notifizierte Verbringungen. Neben den Abfalltransportkontrollen führt das Thüringer Landesverwaltungsamt gezielt Anlagenkontrollen gemeinsam mit den Anlagenüberwachungsbehörden durch. Zu 8.: In den vergangenen fünf Jahren gab es eine Reihe von Beanstandungen bei einzelnen Abfalllieferungen aus dem Ausland. So wurden bei der Annahmekontrolle in Versatzbergwerken, in der Untertagedeponie und in anderen Entsorgungsanlagen bei einzelnen Abfalllieferungen Abweichungen von den zulässigen Abfalleigenschaften festgestellt. Die Abfälle der jeweiligen Lieferungen wurden entweder in anderen Anlagen entsorgt oder zurückgewiesen. In Einzelfällen wurde die Zustimmung zur Notifizierung widerrufen. 2014 wurde der Transport nicht sachgemäß verpackter und gesicherter Asbestabfälle festgestellt, die Weiterfahrt wurde erst nach Abstellen der Mängel gestattet. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/197 Zu 9.: Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 8 wird verwiesen. Zu 10.: Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 8 wird verwiesen. Zu 11.: Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 8 wird verwiesen. Zu 12.: Die Menge an notifizierungspflichtigen Abfällen, die nach Thüringen verbracht wurde, hat von 2010 bis 2013 abgenommen. Hinsichtlich zulässiger Abfallverbringungen sieht die Landesregierung keinen Handlungsbedarf . Verwiesen wird auch auf die Antwort zu Frage 13. Zu 13.: Abfälle zur Verwertung unterliegen innerhalb der EU dem freien Warenverkehr. Soweit entsprechende Abfallverbringungen zulässig sind, besteht keine Handhabe zu deren Unterbindung. Gegen die Verbringung von Abfällen zur Beseitigung und von gemischten Siedlungsabfällen zur Verwertung können die zuständigen Behörden besondere Einwände erheben, die dazu führen, dass die Verbringung unzulässig ist. Hier ist die Einhaltung der Grundsätze der Nähe, des Vorrangs der Verwertung und der Entsorgungsautarkie auf nationaler Ebene zu prüfen. Werden diese Grundsätze eingehalten, gibt es keine Versagensgründe und damit ebenfalls keine Handhabe zur Unterbindung der Verbringung. Zu 14.: Der Landesregierung liegen keine Daten zum Abfallverbringungsanteil in anderen Bundesländern vor. In Vertretung Möller Staatssekretär _GoBack